Was bedeutet die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft?
Passend zur Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft von deutscher Seite, gibt es hier einen kleinen Einblick, in die Bedeutung und Aufgaben dieser Position in der Europäischen Union.
Deutschland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft. Das hört sich nach einer verantwortungsvollen Aufgabe an. Eine Aufgabe von der ich vorher noch nie etwas gehört hatte. Auch während meines ESK in Lettland wird mir deutlich, dass es ein wichtiger Posten in der Europäischen Union ist. Zumindest bekomme ich den Eindruck, wenn mein französischer Mitbewohner mich beim Frühstück darauf anspricht und gewisse Erwartungen in der Luft liegen. Schließlich übernimmt die Regierung meines Landes eine Aufgabe die ganz Europa und somit mein Umfeld betrifft.
Es ist also Zeit sich zu fragen, was es denn eigentlich bedeutet, die EU-Ratspräsidentschaft zu übernehmen? Welche Aufgaben aber auch Möglichkeiten dieser Posten mit sich bringt.
Zuallererst die Antwort auf die Frage, warum ich möglicherweise noch nie etwas von diesem Vorsitz im Rat der Europäischen Union gehört habe. Alle 6 Monate wechselt die EU-Ratspräsidentschaft zwischen den mittlerweile 27 Mitgliedstaaten. Das heißt, grob alle 13 Jahre wiederholt sich die EU-Ratspräsidentschaft für die einzelnen Länder. Deutschlands letzte Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft war 2007. Da war ich 6 Jahre alt und meine Themen drehten sich mehr um meine neue Ritterburg und anderweitiges Spielzeug.
Doch was bedeutet es nun, die EU-Ratspräsidentschaft zu übernehmen? Als „ehrlicher und neutraler Vermittler” der für „die Zusammenarbeit aller Mitgliedsstaaten” sorgt. So lautet die Beschreibung der Bundesregierung, auf der offiziellen Homepage zur Ratspräsidentschaft „eu2020.de”. In der Praxis sieht das so aus: Die Bundesregierung ist in den kommenden 6 Monaten zuständig für die einzelnen Ministerräte der Europäischen Union. Leitet diese und setzt zeitgleich politische Schwerpunkte. Also durchaus eine Möglichkeit den politischen Fokus nach den eigenen Vorstellungen zu richten. Deutschland könne nun „die wirtschaftliche, nachhaltige und digitale Neuausrichtung Europas einleiten”, so äußert sich die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Katja Leikert.
Da 6 Monate ein verhältnismäßig kurzer Zeitraum ist, um entscheidenden Einfluss auszuüben, gibt es ein „Zusatzprogramm” für den jeweiligen Amtsinhaber. Das sogenannte „Achtzehnmonatsprogramm" (Trioprogramm) sieht vor, dass der aktuelle Amtsinhaber der EU-Ratspräsidentschaft, gemeinsam mit den zwei folgenden Ratspräsidentschaften, langfristige Politikaufgaben kontinuierlich betreut. Im Falle Deutschlands wird das Trioprogramm durch Portugal und Slowenien ergänzt. Gemeinsam hat man bereits ein Programm herausgearbeitet, welches nun langfristig verfolgt werden soll. Man werde alles notwendige unternehmen, „um die Resilienz Europas zu stärken, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen und die Krise zu überwinden und zugleich unsere europäischen Werte und unsere Lebensweise zu wahren.” So lautet die Einleitung, zur Vorstellung des Programms der drei Staaten. Sie zeigt einmal mehr in welcher Rolle die Staaten sich sehen.
Jede Amtszeit bringt eins mit sich: Der jeweilige Amtsinhaber wird als Führungskraft zur Lösung von Problemen angesehen. „Die Rolle des Krisenmanagers”, so bezeichnet der „BR” die Position der deutschen Bundesregierung für die diesjährige Amtszeit. „Ein bisschen Glück muss man auch haben, sonst kriegt man Probleme auf den Tisch, die man schlichtweg nicht lösen kann." So äußerte sich der damalige EU-Botschafter Deutschlands Wilhelm Schönfelder. Wenn man sich den praktischen Fall Deutschlands für die nächsten 6 Monate anschaut wird deutlich, es gibt eine Menge zu tun. Angefangen bei der Corona-Krise, die mehr als nur einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden mit sich bringt. Und an zweiter Stelle steht – nicht zu vergessen – das Thema „Klimawandel“ und Digitalisierung. Man gerät schnell in Versuchung, den Worten Wilhelm Schönfelders Glauben zu schenken. Deutschland braucht sicherlich auch ein bisschen Glück, um seiner Herausforderung gerecht zu werden.
Die EU-Ratspräsidentschaft: Ein Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Eine Aufgabe mit vielen Möglichkeiten, meist überschattet von Problemen mit Lösungsbedarf.
Quellen:
https://www.dw.com/de/eu-ratspr%C3%A4sidentschaft-wussten-sie-es/a-53959231
https://www.nzz.ch/international/deutsche-eu-rats-praesidentschaft-amt-mit-begrenztem-einfluss-ld.1564088?reduced=true
https://www.eu2020.de/blob/2354328/2c2c22db16d6bc2b6336867455b56bbb/pdf-trioprogramme-de-data.pdf
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/eu-ratspraesidentschaft-ab-heute-krisenmanager,S3QSx8q
https://www.eu2020.de/eu2020-de/praesidentschaft/was-ist-der-eu-ratsvorsitz/2335390
https://www.tagesspiegel.de/politik/eu-ratspraesidentschaft-aus-dem-homeoffice-deutsche-mission-impossible/25974140.html