Wanderlust und Nomadenleben - die Generation der Reisenden
Wie ist das Reiseverhalten der Generation Y?
Beware of Destination Addiction - a preoccupation with the idea that happiness is in the next place, the next job and with the next partner. Until you give up the idea that happiness is somewhere else, it will never be where you are.
(Vorsicht vor ‘Zielabhängigkeit/Zielsucht’ - die Beschäftigung mit der Idee, dass Glücklichkeit am nächsten Ort, im nächsten Job oder im nächsten Partner liegt. Solange du glaubst, dass Glücklichkeit woanders ist, wird es nie da sein, wo du bist.)
Dieses Zitat ist von Robert Holden, Psychologe und Internetpräsenz, also sei mal der Begriff ‘Destination addiction’ ihm zugeschrieben.
Wie viele von uns können sich mit diesem Gefühl identifizieren? Jene, die unzufrieden im Büro sitzen und sich auf der Arbeit langweilen und auf die temporäre Erlösung im Wochenurlaub am Strand und All-inclusive-Hotel warten? Oder jene, die in weit entfernte, exotische Ziele einfliegen und mehrere Monate von Stadt zu Stadt ziehen? Jene, die ungern single sind, und immer einen Partner haben? Und erwarten, dass ein Partner für das eigene Wohlbefinden und Glücklichkeit zuständig ist? Es ist nicht in allen Fällen unbedingt von einer Sucht bzw. Abhängigkeit zu sprechen, es sind eher die beständigen Gedanken, dass woanders das eigene Glück zu finden ist, und nicht bei sich selbst, im Jetzt, im Hier und Da.
Doch weil der Begriff ‘Destination’ auf ein Ziel und Bestimmungsort weist und nicht ‘Zukunft’, möchte ich mich auf das Reisen konzentrieren. Während Migration schon geschieht, seit der Mensch auf zwei Füßen laufen kann, fokussiere ich mich auf das Reiseverhalten der Generation Y, ebenfalls ‘Millennials’ und ‘Digital Natives’ genannt, und ihre Auswirkungen.
Die Millennials sind die Generation der Technologie-affinen, mobilen Jugendlichen und jungen Erwachsenen vom Jahrgang 1985 und später. Generell sind sie ärmer als die vorangehende Generation, reisen aber viel mehr. Reiseagenten und Reisekataloge werden von ihnen kaum genutzt. Flüge werden auf dem Computer oder Handy selbständig gebucht, Tickets werden online versendet und abgerufen, Websites werden recherchiert um Flugpreise zu vergleichen, Tipps und Empfehlungen auf Reiseforen von anderen Usern geholt, und AirBnb und Hostels dem normalen Hotel bevorzugt. Auf Halbpension, Vollpension oder Frühstück wird kaum noch gerechnet, jedoch W-Lan und ein sauberes Bett.
Mit Billigfliegern ist ein Flugticket oft viel günstiger als ein lokales Zugticket in die nächste, große Stadt. Und zu einer Zeit, wo die sofortige Befriedigung der Bedürfnisse mit einem Klick erfüllt werden kann, wie einfach ist es, die Reiselust bei 195 (evtl. auch mehr) Ländern zu befriedigen?
Die Generation X hat auch andere Ansprüche, was die Erlebnisse angeht: Abenteuer und individuelle, einzigartige Erlebnisse stehen im Vorrang, und das Mitteilungsbedürfnis. ‘Touristen’ sehen den Eiffelturm oder die Mona Lisa und kaufen Souvenirs ein, ‘Travellers’ machen Selfies mit lokalen Leuten, gehen in einheimische Restaurants und Bars abseits der Touristenattraktionen. Für einige ist auch das freiwillige Engagement im Ausland wichtig: In einigen Fällen werden Bilder mit ‘exotisch aussehenden’ Kinder gepost, Kirchen in Afrika gebaut, an Spenden für Marathon-Laufen in Australien oder Bergsteigen auf Kilimanjaro auf Fundraising-Webseiten appelliert. Viele junge Reisende wollen nicht mehr eine Woche lang faul am Strand liegen, sondern verbinden das Reisen mit einem Ziel oder Vorsatz: Sei es um zu studieren, ein Praktikum zu absolvieren, zu arbeiten, eine neue Sprache zu lernen oder freiwillig zu arbeiten.
Es wird mehr Wert auf die eigene Bereicherung, Weiterentwicklung und Spaß gelegt. Für viele ist das Reisen wichtiger als z.B. ein Haus, festen Job zu haben und eine Familie zu planen. Immer mehr sehen sich als ‘Nomaden’. Dank der globalen, digitalen Vernetzung und Informationsaustausch ist es so einfach wie noch nie zuvor, in eine neue Stadt oder in ein neues Land zu ziehen. Sprachkenntnisse in mehreren Sprachen, wie Englisch, Spanisch und Französisch sind ebenfalls von großem Vorteil. Auch ist es einfacher, mit wenig Geld zu reisen, dank verschiedene Webseiten, wo man gegen Kost und Logis freiwillig arbeiten kann.
Bei diesen endlos vielen Möglichkeiten, ist es einfach zu sehen, wie schnell man in eine ‘Destination Addiction’ fallen kann. Das Sprichwort ‘Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite’ ist bei niedrigen Preisen und Instagram-Reisefotos verführend: Ist einem langweilig oder unzufrieden, kann man sich seinen Kick im Reisen holen und dem Alltag entfliehen. Natürlich hat Reisen viele positive Auswirkungen, meist für die individuelle Person und die persönliche Weiterentwicklung und den lokalen Leuten, die vom Tourismus leben, doch ich wende mich mal dem Kleingedruckten zu:
Was sind die Konsequenzen des Massentourismus auf die Umwelt? Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen wie Wasser, lokalen Ressourcen wie Energie, Essen und andere Rohstoffe ist in einigen Ländern schon knapp vorhanden, aber Touristen, die einen höheren Lebensstandard gewohnt sind, erwarten diesen trotzdem im Urlaub, wie z.B. viel Wasser für Duschen, Bäder und Toilette, Heizung, Klimaanlage, Heißwasser etc. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Umweltverschmutzung, vor allem durch Flüge, die sich in den nächsten 20 Jahren wahrscheinlich verdoppeln wird. Während in 1974 421 Millionen Passagiere geflogen sind, waren es in 2014 3,21 Billionen. Die Verschmutzung durch die CO2-Emissionen und Lärmbelastung von Flugzeugen ist noch immer ein Tabu und wird bei vielen nicht als ernstes Problem gesehen. Ebenfalls wirkt sich der Tourismus auch auf die Landschaft und Ökosystem aus.
Reisefotos auf Instagram und Webseiten zeigen uns, dass das Reisen glücklich macht und bereichert. Doch wie ist es, wenn man wieder daheim ist? Einst meinte Marx, Religion sei das Opium der Menschen. Vielleicht ist es heutzutage auch das Reisen?
Abenteuerreisen und Millennials:
https://www.adventuretravelnews.com/the-millennial-generation-is-changing-the-way-we-travel
HVS: Hospitality Industry:
https://www.hvs.com/article/6297-Top-10-Trends-of-the-Next-Generation-of-Travel-The-Millennials
Tourismus und Umweltbelastung:
http://www.gdrc.org/uem/eco-tour/envi/one.html