Von Alltag und Urlaub, der kein Urlaub ist
Coucou! Wie schnell die Zeit vergeht… Nach schon über zwei Monaten meines Dienstes hat sich natürlich Routine eingestellt, aber ich hatte nun auch schon eine Menge Abwechslung!
Endlich melde ich mich wieder! Offen gesagt war ich in der letzten Zeit oftmals zu faul um an meinem Blog zu schreiben, und je weiter ich es vor mir hergeschoben hab, desto komplizierter wurde es zu schreiben, da mittlerweile so viel passiert ist, und ich nicht mehr alles im Kopf hab.
Ich arbeite immer noch hauptsächlich als Verkäufer auf dem Hof, beziehungsweise sortiere ich an Tagen, an denen kein Verkauf stattfindet. Das heißt eventuell beim LKW abladen helfen, dann den leeren Platz in den Möbelreihen durch neu angekommene Möbel auffüllen und das Zeug, was sich nicht mehr verkaufen lässt, zu unseren Müllcontainern bringen. Manchmal arbeite ich jetzt in unserer Möbelabteilung oder auf dem LkW.
Um mobiler zu sein durfte ich mir ein Fahrrad aus unserem Geschäft aussuchen, und als ich ein wunderschönes altes Rennrad bei uns im „salle de tri“ (großer Raum, wo die frisch eingetroffenen Sachen sortiert werden) erspäht hatte, hab ich mir das natürlich gleich reserviert. Ab sofort kann ich also das Umland erkunden oder mal schnell zum Supermarkt im benachbarten Sélestat fahren, und die Möglichkeit hab ich selbstverständlich schon genutzt um durch die Regalreihen des hiesigen E.Leclerc zu streifen und meine Visakarte bei der Bankfiliale abzuholen. An einem ruhigen Vormittag bin ich auf der elsässischen Weinstraße bis nach Dambach-la-Ville gefahren, das ist die nächste Gemeinde in nördlicher Richtung. Die elsässischen Gemeinden inmitten der Weinfelder und am Fuße der Vogesen haben wirklich Charme! Auf jeden Fall gibt es hier in der Region für mich noch so einiges zu erkunden, falls ich an einem freien Tag mal Langeweile bekommen sollte. (Aber es findet sich immer was zu tun…)
Ich hab mich jedoch nach meiner dritten Arbeitswoche ganz wo anders wiedergefunden! Denn für mich ging es am Montag (21.9.) zum SVE on-arrival-training nach Sommières (das ist in der Nähe von Nîmes – ja richtig, im sonnigen Süden!). Und bevor Fragen aufkommen, ja wir hatten natürlich gutes Wetter! Neben Sonnenschein, himmlischen Essen und überhaupt einer ziemlich schönen südfranzösischen Stadt waren es aber vor allem die anderen Freiwilligen, die das Seminar so toll gemacht haben! Wir waren diesmal auch ziemlich international aufgestellt und keine deutsche Mehrheit wie beim Vorbereitungsseminar. Deshalb war auch viel Gesprächsstoff vorhanden und wir haben viel erzählt, diskutiert und gelacht. Und es war wirklich erfrischend erneut andere Freiwillige kennenzulernen und einige Tage mit Gleichaltrigen zu verbringen. Das Programm bestand aus Sachen wie Improvisationstheater, sprachliche Tandemübungen (ich weiß das klingt öde, ist aber eigentlich wirklich witzig!) und Erläuterungen über unseren Dienst. Und nicht zu vergessen: die Energizer! Die Freiwilligen unter euch wissen schon… Die Abende haben wir dann meist bei einem Bier oder einer Flasche Wein am Fluss ausklingen lassen oder saßen in der caféteria und haben irgendetwas gespielt. Wir hatten eine sehr gute Zeit, haben neue Bekanntschaften gemacht und wären gern noch ein paar Tage geblieben. Aber da man aufhören soll wenn es am schönsten ist, sind wir dann am Freitagmittag in Bus und Zug gestiegen und nach Hause gefahren. Nach einigen Stunden im TGV, Bahnhöfen und verträumten Gedanken, die sich in der vorbeiziehenden Landschaft verlieren hab ich dann abends in Sélestat realisiert, dass weder Zug noch Bus um diese Uhrzeit noch nach Scherwiller fahren. Dank der ländlichen Sperrstunde durfte ich dann eine Dreiviertelstunde über die Landstraße nach Hause laufen. Nach der Reise quer durch die Republik hab ich mich erstmal ins Bett gelegt und ausgeschlafen.
Am nächsten Tag hatte ich im planning gesehen, dass ich die nächsten zwei Tage auch noch frei hab, also beschloss ich spontan die Freiwilligen in Niederbonn zu besuchen. Also setzte ich mich Sonntag nach dem Mittag in den Regionalzug und bin zu meinen sechs deutschen „Kollegen“ im Nordelsass gereist. Antonia, Niko, Lennart, Amelie und Elina kannte ich schon vom Vorbereitungsseminar, nur Fenja kannte ich noch nicht, da sie in der anderen Seminargruppe war. Da sich aber alle Freiwillige fast schon aus Prinzip super verstehen, hatten wir einen sehr gemütlichen Abend zusammen verbracht. Wir haben uns sogar ernsthaft den Wecker auf 4 Uhr morgens gestellt, sind aufgestanden, rausgegangen und haben uns den „Supermond“ angeschaut. Besonders spektakulär sah er zwar nicht aus, aber dieses seltene Ereignis durften wir doch auf keinen Fall verpassen! Dann am nächsten Tag wieder zuhause angekommen, begrüßte mich der Alltag auf ein Neues.
Aufstehen, Baguette und Kaffee, Arbeiten, Mittagessen, erneut an die Arbeit, Feierabend, Abendbrot. Nein, keine Sorge, ganz so eintönig hab ich es nicht! Aber es passiert halt nicht wirklich viel Spannendes. Den Tag über geschieht außer der üblichen Arbeit nichts weiter und die Abende mache ich dann meist auch nichts Großes. Meist bin ich zu müde um produktiv zu sein und hör dann entspannt Musik, skype und lese noch ein bisschen. Mit der Zeit hab ich auch bessere Beziehungen zu den compagnons aufgebaut, mit einigen verstehe ich mich mittlerweile sogar echt blendend! Deshalb verbringe ich auch immer öfter Zeit mit ihnen. Ich hatte sogar schon dreimal Gelegenheit mit Abid, Sergio, Lucas und Arkadiusz mit einem Auto der communauté nach Deutschland zu fahren um Tabak zu kaufen. Denn gefühlt ist hier jeder in der Gemeinschaft Raucher, und Tabak in Frankreich recht teuer, ungefähr zwei/drei Euro bezahlt man hierzulande mehr. Da die compagnons nur 55€ pécule („Ersparnisse“, Taschengeld) pro Woche bekommen und nicht viel Geld übrigbleibt wenn man fast ein Packung Tabak pro Tag verbraucht, bin ich also mit ihnen nach Sasbach direkt hinter die Grenze gefahren. Da es sich anbietet, haben sie bei der Möglichkeit natürlich auch deutsches Bier verkostet…und ich kann sagen sie wirkten sehr zufrieden :D Ich als Fahrer hab aber lieber verzichtet. Aber es tat gut die compagnons lachend und unbeschwert zu sehen, denn ansonsten bleiben sie immer in der communauté in Scherwiller und machen nichts. Wenn ich das „ja“ vom Chef bekomme, werde ich in Zukunft kleine Ausflüge planen, um da ein bisschen Leben herein zu bringen. Was mich betrifft, so kann ich zum Glück ab und zu dem Umfeld hier den Rücken kehren und zu anderen Freiwilligen fahren.
Anfang Oktober gab es beispielsweise ein Treffen der elsässischen Freiwilligen in Straßburg, allerdings völlig fakultativ und locker organisiert. Wir waren erst in einem Museum über die elsässische Kultur gewesen und sind danach in einen hübschen Park gefahren, haben gepicknickt und geschwatzt. Denn es gab natürlich viel zu erzählen! Einige Freiwillige kannte ich noch nicht, daher hieß es sich mit allen bekannt machen und (!) vor allem alles im Kopf zu behalten. Denn bei circa 30 Freiwilligen im Elsass (nur von unserer Organisation) verliert man schnell mal den Überblick. Danach gab es noch einen kurzer Abstecher in die „petite france“, ein historischer und sehr schöner Stadtteil Straßburgs. Gegen 18 Uhr mussten die meisten dann leider zurückfahren, der Rest ist mit zu Lea und Jespers Wohnung und wir haben einen schönen Abend gehabt. Zsoltan und Beatrix, welche Ungaren sind, hatten richtig guten Gulasch gemacht und feiern waren wir später auch noch. Also ein gelungener Abend und eine willkommene Abwechslung.
Ungefähr zwei Wochen später hat mich Lisa, die eine Stunde entfernt in Cernay wohnt, für zwei Tage besucht. Wir haben natürlich viel erzählt, ich hab ihr Scherwiller gezeigt, wir waren in Sélestat gewesen und hatten auch noch kurz eingekauft. Am nächsten Tag haben wir dann das Château Haut-Koenigsbourg besichtigt. Das ist eine der wenigen restaurierten Burgen in den Vogesen, recht groß und zudem touristisch sehr gut besucht. Im Jahr 1900 beschloss der deutsche Kaiser die verlassene Ruine wiederherstellen zu lassen und beauftragte einen Berliner Architekten mit der Rekonstruktion, welche in acht Jahren fertiggestellt wurde. Es war dort wirklich beeindruckend und wir hatten trotz dem bewölkten Wetter einen einigermaßen guten Ausblick ins Rheintal und auf die Vogesen. Am Abend haben wir uns dann noch bei einem Bier in eine Bar in Sélestat gesetzt bis sie ihren Zug nach Hause genommen hat. Zu Halloween bin ich erneut in Niederbronn-les-Bains gewesen, dort haben wir zusammen in kleiner Runde gefeiert, Lea und Nathalie aus Straßburg waren auch gekommen.
Schon eine Woche später zog es mich erneut nach Niederbronn – ja ich weiß, es ist mittlerweile mein zweites Zuhause. Diesmal fand das „Assemblée générale“ des ICE-RF statt, die Generalversammlung unseres Koordinationsvereins, zu der wir Freiwillige auch eingeladen wurden.
Was ich bei solchen Treffen merke ist, dass mir ein Mitfreiwilliger in meiner Stelle fehlt. Fast alle anderen Freiwilligen leben in WGs oder ihren Einrichtungen zusammen, nur ich muss ohne Mitstreiter auskommen. Aber da wir uns relativ oft treffen und etwas unternehmen komme ich gut zurecht.
Jedenfalls geht es mir bisher sehr gut, natürlich geht es manchmal auf und ab. Unaufhaltsam verstreicht Tag für Tag, ich bekomme gar nicht mit wie schnell die Zeit vergeht. Durch die alltägliche Routine hab ich nicht einmal das Gefühl, dass sich irgendwas großartig verändert hat. Erst wenn ich in einer ruhigen Minute innehalte und an die ersten Tage und Wochen hier zurückdenke wird mir klar, wie stark ich mich an mein neues Umfeld gewöhnt hab, wie sehr ich mich selbst verändert hab, und auch dass ich einiges gelernt hab, denn das kommt mir überhaupt nicht so vor. Der Anfang meines Freiwilligendienstes ist mittlerweile herum und ich bin wirklich sehr zufrieden!
So, das war soll vorerst genügen, ihr hört sicher bald wieder von mir!