Vom Tellerwäscher zum Großstadterkunder
Das Trio hat diesmal das manchmal etwa triste Kleinstadtleben hinter sich gelassen... auch wenn der Bahnhof es einem nicht leicht gemacht hat.
Einen schönen Oktober euch allen! Der letzte Monat kam mir unheimlich lang vor, weil so viel passiert ist... Der Sommer scheint auch schon ewig her zu sein, gerade das Wetter erinnert überhaupt nicht mehr daran. Aber das ist schon in Ordnung, irgendwann ist auch mal gut. Im Laufe dieser Woche ist die Belegschaft des OKiB weiterhin geschrumpft, bis wir Freitag nur noch zu dritt waren. Dementsprechend war auch nicht so viel zu tun und ich hatte weiterhin Zeit für Vokabeln. Juhu! Ewa, die ich wirklich ausgesprochen gerne mag, hat sogar Apfelkuchen und Kekse mitgebracht und wie ihr wisst, bin ich für so etwas immer zu haben. Mittwoch hatte ich die spannende Aufgabe, 96 (zugegeben neu angekommene, dementsprechend nicht allzu anspruchsvolle) Teller abzuspülen. Da ist der verhasste Abwasch in der Wohnung doch gar nicht mal so schlimm.
Aber ich will mich nicht beschweren, es gab auch viele schöne Momente wie meine Spaziergänge zur Gemeindeverwaltung ("hier hast du einen Zettel und Geld ohne Erklärung, die Frau an der Kasse weiß, was zu tun ist", Spoiler: Sie weiß es eigentlich nie und dann lauf ich halt doppelt, umso schöner), die Einführung in das Bibliothekssystem und die Begegnung mit der Gruppe zukünftiger Deutsch- und Englischlernender. Ich werde die Lehrerin Dorota wohl in Zukunft bei ihrem wöchentlichen Unterricht unterstützen, worauf ich mich schon sehr freue. Die Sprachkenntnisse der Erwachsenen, die sich dafür angemeldet haben, haben mich schon ziemlich beeindruckt, selbst diejenigen, die von sich behaupteten, überhaupt nichts zu können, waren besser als ich im Polnischen bin oder zumindest vergleichbar. Leider sind solche Leute dann nie an den Positionen, an denen man auf vernünftige Kommunikation angewiesen ist, zum Beispiel beim Fahrkartenverkauf. Aber was noch spannender war, war diesmal das Wochenende! Ihr könnt stolz auf uns sein, wir haben tatsächlich Bekanntschaften geschlossen. Den erneuten Zumbakursversuch am Donnerstag erwähne ich besser nicht (wir haben die Sporthalle nicht gefunden - so, jetzt ist es raus).
Also ging es nach einem gemütlichen Freitagabend - Sonja hat total leckere Schoko-Tortinas gebacken, das sind quasi Muffins, nur mit noch mehr Schokolade und ich hab Frikadellen gemacht, die, wie ich an dieser Stelle stolz verkünde, auch nicht schlecht waren - am Samstag ins wunderschöne Breslau. Das fing erstmal nicht so klasse an, wir haben nämlich den Zug verpasst. Angezeigt war Gleis 2, er ist dann aber von Gleis 1 gefahren, was scheinbar per Durchsage verkündet wurde, die wir aber nicht verstanden haben. Klar wurde uns das erst, als der Zug schon weg war und wir zweieinviertel Stunden auf den nächsten warten mussten. Der war dann ein Touristenzug aus Berlin, was echt eine interessante Erfahrung war: Plötzlich waren wir nur noch von Deutschen umgeben, wurden auf den Sitzen über bedeutende Breslauer Persönlichkeiten informiert, hatten Hörspiel und Bücher zur Verfügung und wurden mit "liebe Kulturreisende" angesprochen. Wir hatten einen ganz normalen Zug erwartet und waren etwas verblüfft. Aber warum nicht? In Breslau haben wir dann gleich am Bahnhof unsere Mitfreiwillige Jule und ihre Freundin, die gerade zu Besuch war, getroffen. Leider hat Jule immer noch keine dauerhafte Wohnung gefunden und uns wurde wieder deutlich, was für ein Glück wir mit unserer haben. Bei einer Pizzeria haben wir dann zwei weitere deutsche Freiwillige, Leonie und Mattis getroffen, die zeitgleich mit uns ein Jahr in Polen verbringen. Vor einigen Tagen hatte ich Leonies Blog, DoraTheExplorer, gefunden und wollte sie eigentlich anschreiben, habe mich dann aber doch nicht getraut. Kurz darauf bekam ich eine Nachricht von ihr! Also verabredeten wir uns spontan mit ihr und ihrem Mitbewohner, was echt nett war und unsere Gruppe kurzzeitig auf sieben erhöhte. Heißt im Klartext: Werft alle mal einen Blick in ihren Blog, er ist sehr unterhaltsam! Leider mussten die beiden nach dem Essen schon wieder weg, aber ich habe mich gefreut, zu hören, dass sie am Abend noch mit Jule etwas unternommen haben, als wir schon wieder weg waren. Freiwillige müssen schließlich zusammenhalten.
Danach liefen und fuhren wir noch durch die Stadt und suchten vergeblich den Japanischen Garten, bis es abends für uns wieder zurückging. Heute fing der Tag zunächst gemütlich an mit einem Frühstück à la Mirja (ihr wisst, was das heißt: Pfannkuchen). Nach der langen Liste der lästigen Pflichten wie Einkaufen und Putzen hatten wir schließlich noch eine Verabredung mit zwei Jugendlichen aus Żary. Ja, ich kann es auch noch nicht glauben. Erinnert ihr euch noch an die missglückte Facebookaktion von vor zwei Wochen, die ich aus Verlegenheit nur am Rande erwähnt habe? Ja, es ist tatsächlich was draus geworden, ein Mädchen namens Julia hat meinen Namen rausbekommen und mich angeschrieben. So haben wir uns für ein Treffen heute verabredet und ein Freund von ihr, Hubert, ist auch gleich mitgekommen (ich weiß, es wirkt auf Deutsche unseres Alters etwas ungewöhnlich, aber hier scheint der Name häufiger vorzukommen). Es war letztendlich ein richtig lustiger Abend in der Stadt und bei McDonalds, der zwischen Deutsch, Polnisch und Englisch variierte. Die beiden scheinen bestens vernetzt zu sein und so ziemlich jeden hier zu kennen. Wir werden uns auf jeden Fall mal wieder treffen und nach der scheinbaren Einsamkeit der letzten Wochen tat so ein Wochenende richtig gut. Ab nächstem Freitag steht bei mir auch etwas Spannendes an. Aber das verrate ich, wenn es soweit ist. Gute Nacht und eine schöne Woche!