Vier Wochen
Nora berichtet über vier Wochen, die eigentlich mehr waren, aber keine Sekunde langweilig. Viel Besuch, viel Natur, ihr erster Schwimm-Wettkampf in Frankreich, viel Spaß und tolle Erlebnisse.
Vier Wochen sind vergangen und keine davon war auch nur einen Tag langweilig. Hier kommen also vier Geschichten. Los geht’s mit Woche eins:
Linas Besuch
Schon am Wochenende war ich total aufgeregt, hab unsere ganze Wohnung auf den Kopf gestellt um alles aufzuräumen. Dann habe ich Sandra viele wichtige Gründe eingeredet, weshalb sie unbedingt mal wieder mit dem Auto nach Kehl fahren müsste, wobei sie mich doch zufällig mitnehmen könnte, damit ich meinen Lebensmittelgroßenkauf machen kann. :-) Und dabei sollte meine Schwester doch erst am Dienstag kommen.
Als es dann endlich soweit war, war ich ungefähr eine Stunde zu früh am Bahnhof, sodass ich mir die Zeit mit Lesen im Parisreiseführer vertrieben habe (dazu später mehr). Als sie jedoch endlich aus dem Zug gestiegen kam, war die Freude groß. Als erstes haben wir dann ihren schweren Koffer, in dem wer weiß was alles drin war, zu mir nach Hause gebracht und hatten uns alles Mögliche zu erzählen. Da der Tag noch jung war, sind wir noch zu einem kleinen Stadtspaziergang aufgebrochen, der damit endete, dass wir uns in meinem Lieblings-Musik-Laden mit reichlich CD’s eindeckten. Da wir von keiner der Bands je etwas gehört hatten und alle nur anhand des Covers ausgesucht hatten, verbrachten wir einen lustigen Abend damit, unsere neuen Errungenschaften zu sichten. In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu regnen und damit sollte es die ganze Woche nicht mehr aufhören.
Aus diesem Grund begannen wir unseren nächsten Tag mit einem Besuch im Museum für Moderne Künste. Als uns danach die typische Museumskrankheit mit schmerzendem Rücken eingeholt hatte, setzten wir uns gemütlich in eine Teestube, die wir am Tag zuvor entdeckt hatten. Überhaupt verbrachten wir die ganze Woche eher ruhig mit Quatschen und Rumdösen, froh mal wieder zusammen zu sein.
Am nächsten Tag stand jedoch mein einziger Arbeitstag dieser Woche auf dem Plan, was aber nicht weiter schlimm war, da die Kinder Ferien hatten und Lina ohne Probleme zu unserem Ausflug in die Schlittschuhhalle mitkommen konnte. Im Laufe der nächsten Tage sind wir noch zweimal im Kino gewesen, wobei allerdings nur „The secret of Brokeback Mountain“ wirklich empfehlenswert gewesen ist.
Ein Abenteuer, das wir beide nicht so schnell vergessen werden, war der Versuch, sich am Sonntag eine Vorführung im Planetarium anzuschauen. Nachdem wir den botanischen Garten durchquert hatten, konnten wir die Sternenkuppel schon sehen. Das Problem bestand jetzt nur noch aus einem Zaun, der uns vom Planetarium trennte. Wir beschlossen schließlich, einfach darüber zu klettern und mussten nun nur noch den Eingang finden. Den richtigen wohlgemerkt, denn alle Türen, durch die wir gingen, führten uns in irgendwelche Räume hinter den Kulissen des Planetariums. Irgendwann standen wir an einer verschlossenen Glastür, hinter der wir eine Gruppe sehen konnten, die wohl gerade eine Führung mitmachte. Also klopften wir, in der Hoffnung, dass uns noch jemand reinlassen würde, was dann auch nach einer - wie es uns vorkam - Ewigkeit geschah.
Endlich drinnen, bemerkten wir, dass es sehr wohl einen gut erkennbaren Eingang gab, der aber eben auf der anderen Seite des Gebäudes lag. Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass die Vorstellung schon voll war, sodass wir enttäuscht wieder abziehen mussten. Aber wir sind natürlich am nächsten Tag zurückgekehrt - diesmal durch den Haupteingang.
Dann war es leider auch schon wieder Zeit, Abschied zu nehmen. Wie schnell die Woche doch vergangen ist.
Paris
Damit wären wir bei Woche zwei. Die nächsten fünf Tage bis einschließlich Samstag hatte ich auch noch frei, da die Kinder schon vor zwei Tagen in die Ferien gefahren waren. Weil ich keine Lust hatte, meine schöne freie Zeit allein in Strasbourg abzugammeln, hatte ich mich kurzerhand entschieden, nach Paris zu fahren. Ich kannte auch eine Freundin, bei der ich wohnen konnte und so fehlte nur noch die passende Begleitung. Nachdem keiner der Freiwilligen hier Zeit hatte, fragte ich in Dresden an, ohne jedoch wirklich daran zu glauben, dass einer meiner Freunde während der Uniprüfungen Zeit hätte. Aber unverhofft kommt oft und so meldete sich Nora bei mir und meinte, dass sie sofort einen Flug buchen könnte. Gesagt, getan und so kam es, dass ich Dienstagmittag auf dem Gare de l’Est in Paris stand und noch ein paar Stunden später meine Namensvetterin vom Flughafen abholte. Noch am Abend wurden Pläne für die nächsten Tage geschmiedet.
Die sollten ganz schön ausgefüllt mit Besuchen und Entdeckungen sein. Neben Erklimmung des Mont Martre, Besichtigung der Sacre Coeur, Notre Dames und des Eiffelturms, verbrachten wir unsere Tage bummelnd, staunend, Crêpes essend in den Straßen von Paris. Aber, für mich ganz wichtig: Es standen noch ein paar ganz spezielle Besuche auf dem Plan. Denn ich musste unbedingt ins Picasso- und ins Rodinmuseum, um den beiden einmal persönlich einen Besuch abzustatten, und die Werke leibhaftig vor mir zu sehen. Das war schon toll. Noch eine Begegnung dieser Art hatten wir dann im Louvre, als wir der Mona Lisa die Hand schütteln konnten. ;-)
Wir waren jeden Abend so müde und vom Straßenpflaster zwei Zentimeter kürzer gelaufen, dass wir nach gemütlichem Abendessen in unserem Zimmer immer tot ins Bett fielen. Und am Samstag, nach fünf wunderschönen Tagen, mussten wir uns auch schon wieder trennen und Strasbourg erwartete mich.
In der folgenden Woche bin ich dann mal wieder zum Arbeiten gekommen, und ich muss sagen, trotz all der tollen Erlebnisse der letzten Zeit, war es ein wirklich schönes Gefühl. Es sollte jedoch vorerst nur ein kurzes Intermezzo sein, denn dann ging es schon wieder los, zum:
Seminar in der Bretagne (Woche Drei, die eigentlich schon Woche Vier ist)
Los ging’s Montagmorgen mit Frühstück mit Sandra und Younes, die abends zuvor schon aus Niederbronn gekommen waren. Die achtstündige Zugfahrt kam uns mit Quatschen, Backgammon und Ich-packe-meinen-Koffer spielen ;-) gar nicht so lang vor, zumal wir in Paris auf immer mehr Freiwillige stießen, die in Richtung Saint Brieuc unterwegs waren. So hatte ich im Zug auch schon mal ausreichend Gelegenheit, mich mit Bianca zu unterhalten, deren Tagebuch als ebenfalls „Momentan-Französin“ ich beim youth-reporter bereits gelesen habe.
Am Bahnhof angekommen, empfing mich dann die bunte Freiwilligenwelt, mit vielsprachigem Stimmengewirr. Insgesamt waren wir etwa 25 Freiwillige aus ganz Europa, und im Laufe der Woche sollten wir uns als lustiges Trüppchen herausstellen, das viel Spaß zusammen hatte. An diesem Abend kamen wir alle todmüde in der Herberge an, die mitten auf dem Land aus einem schönen alten Hof bestand, den wir ganz für uns allein hatten. Ein gemütlicher großer Raum mit Feuer im Kamin, bot die Kulisse für unser abendliches Zusammensein der nächsten Tage.
Am Dienstag ging es dann auf in die Stadt zum Zentrum der Organisation, wo wir unsere Seminareinheiten haben sollten. Hier habe ich viel über die Projekte der Anderen erfahren, was ich sehr interessant fand, aber auch wichtige Sachen für meinen Freiwilligendienst und das Future Capital mitgenommen.
Um so besser war das Programm aber, als auch Ausflüge in die Stadt und Umgebung anstanden. So haben wir Mittwoch zum Beispiel das Europabüro der Bretagne besucht, in dem wir gemeinsam bestimmte Aspekte von Europa und der Europäischen Union diskutiert haben. Natürlich ging es dabei vordergründig um unsere eigene Rolle bei der Sache, und dabei haben sich sehr interessante Gespräche entwickelt. Fühle ich mich selbst als Europäerin oder als Deutsche? Was für eine Frage. Aber wie lautet die Antwort? Auf jeden Fall hat es zum Nachdenken angeregt.
Donnerstag ging es zunächst eher sportlich los. Kin-Ball stand auf dem Tagesplan. Das ist angeblich das einzige Teamspiel, dass man wirklich im Team spielt. ;-) Dabei muss die gesammelte Mannschaft versuchen, einen riesigen überdimensionalen Ball zu fangen. (Wer mehr darüber wissen will, klicke hier)
Der von mir bevorzugte Teil des Tages begann, als wir alle gemeinsam ans Meer fuhren. Ich war auf der Fahrt eingeschlafen und bin erst in dem Moment, als das Auto hielt, aufgewacht. Der Anblick, der sich mir da bot, war atemberaubend. Ich stand auf dem oberen Rand einer Felsenküste, rings um mich war alles grün von festem Gras, durch das sich entlang der Küste ein Pfad schlängelte, hier und da ein paar vom Wind geduckte Bäume und unter mir schlugen hohe Wellen gegen die Felsen. Da es gerade geregnet hatte, spannte sich über allem ein Regenbogen. Ich stand da, lies mir den starken Wind ins Gesicht blasen und hätte vor Freude schreien können. Sandra und ich sind noch ein ganzes Stück an der Küste entlanggelaufen, ehe wir alle zu einem warmen Tee ins Haus des Seminarleiters eingeladen wurden.
Am Abend gab es für uns alle bretonische Galettes, herzhafte Crêpes aus Buchweizenmehl, in einer Crêperie, bevor wir noch in einem Pub einkehrten. Dort hatten sich bretonische Musiker versammelt, die auf ihren Instrumenten gemeinsam spielten, wobei sich immer mal jemand dazu gesellte oder einfach wieder verschwand wenn er genug hatte. Alles war sehr laut und fröhlich.
Nach diesem Tag war ich so müde und glücklich wie schon lange nicht mehr. Schade, dass es am nächsten Tag schon wieder ans Packen ging. Ich hab die Bretagne wirklich lieb gewonnen und es war sicher nicht das letzte Mal, dass ich dahin gefahren bin. Insgeheim habe ich schon angefangen, mit meinen übrigen Urlaubstagen herumzurechnen. ;-)
Zurück in Strasbourg, war ich erstmal eine Woche allein zu Hause, denn nun war es Dennis, der sein Seminar hatte. Irgendwie war das ein komisches Gefühl; ich meine, mein Mitbewohner und ich leben eigentlich nur nebeneinander her in der selben Wohnung und haben sonst nicht viel gemeinsam, aber so ganz alleine war es dann doch was anderes. Zum Glück kam dann am Sonntag...
Lang erwarteter Besuch
Susi und Robert hatten sich angemeldet. Und damit beginnt Woche Vier (die eigentlich schon Woche Sechs ist) früh am Morgen, als ich mich gegen 6.30 Uhr aus dem Bett wühlte. In dem Moment habe ich mir gewünscht, dass die beiden sich selbst vom Bahnhof abholen würden; aber was tut man nicht alles für seine beste Freundin und ihren Freund. Unterwegs habe ich noch frisches Baguette gekauft und so stand, nachdem wir uns freudestrahlend in die Arme gefallen waren, einem schönen Frühstück nichts mehr entgegen.
Da wir nun noch den ganzen Tag vor uns hatten, beschlossen wir, uns die Stadt anzugucken und ein bisschen durch die Straßen zu bummeln. Immerhin war schönes Wetter, denn mittlerweile ist in Strasbourg der Frühling eingezogen. Und obwohl wir alle drei danach völlig kaputt waren, sind wir noch ins Kino gegangen um uns „Le Temps des Porte-Plumes“ anzugucken. Keine schlechte Entscheidung.
Die nächsten Tage haben wir zwischen meinen Arbeitszeiten mit Bummeln, das-schöne-Wetter-genießen, Karten spielen, Kochen, Quatschen und einfach nur Zusammensein verbracht. Wir waren sind in Kehl, zusammen beim Schwimmtraining, noch ein zweites Mal im Kino und während ich arbeitete, haben die beiden auf eigene Faust das Elsass erkundet.
Am Samstag waren sie mir eine große Unterstützung, als ich meinen ersten Wettkampf in Frankreich hatte. Obwohl von vornherein feststand, dass für mich nichts zu holen war, war ich ein einziges Nervenbündel. Aber auch für die beiden war es etwas anders, den Wettkampf vom Beckenrand aus zu beobachten und nicht wie gewohnt, mit mir im Wasser zu sein. Danach war die Woche auch schon wieder um und ich muss sagen, es ist mir nicht leicht gefallen, sie wieder gehen zu lassen. Ich habe es richtig genossen, sie bei mir zu haben.
Jetzt mach ich Schluss, denn ich muss mich um meinen Pizzateig kümmern, sonst habe ich heute Abend nichts zu essen. Fühlt Euch von mir ganz lieb gegrüßt und nicht vergessen. (Vorsicht Reim! ;-) )
P.S.: Ihr Dresdner, ich komm Euch im Mai für zwei Wochen besuchen. Ich freu mich auf Euch!
Nora