Verrückte Zeiten
DoroL ist schwer beschäftigt. Sie liebt die Vorweihnachtszeit und so genießt sie auch die vielen Vorbereitungen, wie Plätzchen backen, schmücken und basteln.
Labas, labas. Ich nehme mir jetzt einfach die Zeit, hier mal wieder etwas zu schreiben, auch wenn ich sie eigentlich nicht habe. Was soll’s.
Diese Woche sind die Menschen hier alle ein bisschen verrückt. Ich glaube, es ist Vollmond und das scheint in Litauen besonders schwere Auswirkungen zu haben. Ich weiß gar nicht mehr, was ich in meinem letzten Eintrag geschrieben habe, es muss wohl schon ziemlich lange her sein und ich habe auch keine Ahnung, was ich alles noch erzählen wollte oder sollte, also schreib ich einfach mal munter drauf los, was mir so in den Sinn kommt. Hm. Nieko... Es ist zu viel in meinem Hirn drin, alles will raus, aber ich finde das Loch nicht. :)
Also, am Wochenende bin ich mit den anderen, die hier im Center arbeiten, auf’s Land gefahren, i rekolekcija. Von Freitag bis Sonntag waren wir in einem einsamen Ferienhaus an einem großen See im tiefen Schnee. Es war unglaublich ruhig, die Landschaft war wunderschön, ich hab mich gefühlt wie in einer anderen Welt. Wir haben uns auf den Advent vorbereitet (das Center ist sehr katholisch). Wir haben viel Zeit in Stille verbracht, gebetet, Schneemänner und Schneehäuser gebaut und ganz viel gesungen, alles auf Litauisch. (Die Litauer haben unglaublich viele schöne litauische Lieder. Ich glaub, ich muss hier Gitarre spielen lernen und die Lieder dann nach Deutschland importieren, für die Lagerfeuer-Versammlungen am ersten Mai, einverstanden Mädels?) Dementsprechend fertig war ich dann am Sonntag, denn wenn man sich drei Tage lang so beim Zuhören und Verstehen konzentrieren muss, das ist echt nicht ohne... Auf dem Rückweg hatten wir noch eine kleine Schrecksekunde, weil das Auto nicht ganz so wollte, wie wir wollten, es hat uns aber heil nach Vilnius gebracht... und ist erst heute endgültig kaputt gegangen. :)
Die Woche hat dann schon mal unglaublich gut angefangen, ich musste nämlich erst um elf Uhr zur Arbeit erscheinen, weil wir am Abend eine Ausstellungseröffnung hatten, mit Fotos, die die Behinderten letztes Jahr auf einem Camp gemacht haben. (Ich weiß nicht, ob ich davon schon erzählt habe, ich glaub aber nicht. Jedenfalls ist das ein Projekt und diese Ausstellung wird jetzt an sechs oder sieben verschiedenen Orten in Vilnius gezeigt. Sie war schon in der Uni und jetzt in einer total schönen Galerie.) Die Eröffnung war total gelungen, mit Harfenmusik, Schnittchen, Wein und Saldainiais (die dürfen hier nie fehlen...) und die Fotos sind einfach nur toll.
Joa. Ach ja, Montag war schon der erste verrückte Tag, Akvile, eine etwas schwierige Persönlichkeit in meiner Gruppe, hatte Küchendienst und erst hatten wir keinen Strom und mussten alles in die andere Gruppe rüberschleppen, dann haben wir den Pott voller Kartoffeln und Wasser runtergeschmissen (die Behinderten sind keine große Hilfe, wenn jemandem was schief geht, sie sind zu sehr mit Auslachen beschäftigt ;)). Dann hatten wir doch wieder Strom, haben also alles wieder zurückgetragen, dann hab ich mir die Finger verbrannt und dann konnten wir endlich essen (mit circa einer Stunde Verspätung).
Gestern war’s auch nicht normal, alle waren schlecht gelaunt und haben sich gegenseitig geärgert. Beim Sport wollte keiner machen, was ich gesagt habe (muss wohl noch ein bisschen an meiner Autorität feilen ;)), aber gut. Tja, und heute ist dann der vorhin erwähnte Minibus vom Center kaputt gegangen, als die anderen in ein anderes Behindertenzentrum gefahren sind. Für mich war kein Platz mehr. (Ich war nicht soo traurig, musste nämlich erst um zwölf zur Arbeit. Das Dumme ist nur, immer wenn ich ausschlafen kann, wache ich Punkt halb acht auf, wie jeden Morgen... Sudas.) Und Akvile war den ganzen Tag böse, hat die anderen geschlagen und beschimpft. Verrückte Zeiten. Heute Abend ist eine Party für die Freiwilligen, die hier im Zentrum arbeiten, bin schon sehr gespannt.
Mal sehn, was gibt’s sonst noch? Ich hab für meine Gruppe beziehungsweise mit meiner Gruppe einen Adventskalender gebastelt, mit Süßigkeiten, Psalmen und Aktivitäten, wie zum Beispiel Plätzchen backen, Spazieren gehen und singen. Die kennen das hier gar nicht und es ist so schön zu sehen, wie sie sich jeden Tag auf das neue Säckchen freuen. In unserer WG haben wir auch einen gemacht, gestern durfte ich eins aufmachen und ich hab Süßigkeiten und eine Zahnbürste gekriegt, um Karies zu vermeiden. ;) Wir haben auch die ganze Wohnung wunderschön dekoriert, alles in dezentem Pink und Silber (wir haben alte Dekoration in den Schränken gefunden), und wir haben eine Lichterkette aufgehängt und am Wochenende wird eine Tanne gekauft. Hach, ich liebe die Vorweihnachtszeit.
Auf dem großen Platz im Zentrum von Vilnius steht seit dem Wochenende eine riesige potthässliche Tanne, die in kaltem, blauen Licht blinkt und als diese Lichter am Wochenende zum ersten Mal angemacht wurden, gab’s eine riesige Party. Ich glaube, die finden die wirklich schön... fragt mich nicht, wieso. Dabar as einu namo, nes as turiu nupirkti kanors uz vakariniele. So ist das. Seid alle ganz, ganz lieb, genießt den Advent, so wie ich das tue (wirklich eine tolle Zeit!) Eure Doro!
P.S.: Alle, die sehnsüchtig auf eine persönliche Mail warten, muss ich hiermit auf ein bisschen später vertrösten, ich gebe mein Bestes, aber bitte seid nicht böse, wenn’s noch etwas dauert! Aciu.