Über den Balaton, Keszthely und Tihany
Ungarn ist einer der wenigen Binnenstaaten Europas. Das bedeutet, dass es keine direkte Verbindung zu einem Meer gibt. Die Bevölkerung hier kann man trotzdem immer wieder stolz von ihrem ungarischen Meer sprechen hören. Dabei handelt es sich aber nicht wirklich um ein Meer, sondern um den größten See Ungarns: den Balaton.
Wer auf der Anhöhe Tihany‘s steht und die gigantische Aussicht bewundert, kann gar nicht anders, als die Ungarn zu verstehen. In einem Moment der Ruhe, in dem der Blick mir den Atem raubte, wusste ich, was so viele dazu brachte, den Balaton als ihr Meer zu bezeichnen. Das Wasser schimmerte in einem strahlenden Grünblau, grüngoldene Weinberge und sanfte Hügellandschaften schmiegten sich an sein Ufer und ich konnte unzählbar viele Segelboote umher tanzen sehen. Obwohl gerade hier, auf der kleinen Halbinsel, die Entfernung zum gegenüberliegenden Ufer nur 1,5 Kilometer beträgt, ließ mich das Gefühl nicht los, für einen Spätsommerurlaub am Meer zu sein.
Nach dem On-Arrival-Training in Budapest wollten wir nicht gleich nach Debrecen zurückfahren. Wir wollten den Plattensee besuchen, um zu verstehen, weshalb er schon so lange eines der beliebtesten Reiseziele Ungarns ist. Unser erstes Ziel war Keszthely, die älteste Stadt am Westufer des Sees.
Nach einer langen Zeit im Zug begegneten wir dem Balaton zum ersten Mal bei Nacht und im Dunkeln. Das Wasser glitzerte schwarz und ein paar weiß glänzende Schwäne tanzten neugierig über die Wellen. Auch wenn wir kaum etwas sehen konnten, es ziemlich kalt geworden war und wir von einem riesigen Schwarm nicht identifizierbarer Insekten überall hinbegleitet wurden, war alles, was wir sahen, wunderschön. So verbrachten wir die ganze erste Nacht dort. Nur nach Baden war uns dann doch etwas wenig zumute, dafür reichte es nicht aus, dass die Wassertemperatur ein „in Ordnung, kalt“ als Bewertung bekam:D.
Während uns am Freitag 30 Grad und Sonne noch zum Schwitzen gebracht hatten, erwartete uns am nächsten Tag Kälte, Regen und ein grauer, wolkenverhangener Himmel… Als ordentliche Touristen haben wir uns von dieser Enttäuschung aber natürlich nicht aufhalten lassen:). Wir sind in der Stadt umhergewandert, vorbei an Cafés, Restaurants und kleinen Souvenirläden, bis wir schließlich ein Schloss entdeckten. Jetzt weiß ich, es heißt Festetics und soll das drittgrößte sowie das am schönsten restaurierte Schloss Ungarns sein. Da sich aber niemand von uns vorher so wirklich über Keszthely informiert hatte, hatten wir keine Ahnung:D. Es kam mir für meine Verhältnisse gar nicht so sonderlich groß vor, aber es war tatsächlich ziemlich schön und wohl auch groß genug für uns, um dort beinahe den gesamten Tag zu verbringen:D. Von den 110 Räumen ist die große, alte Bibliothek wohl am beeindruckendsten. Es hat uns dort eine Weile festgehalten und eine Museumsmitarbeiterin hat uns eine Menge spannender Geschichten erzählt.
Vom Balaton selber haben wir an diesem Tag jedoch noch nicht sehr viel gesehen:D. Nach ein paar Momenten hat uns die Kälte dann doch wieder in die warme Wohnung zu Rotwein und Nudeln gezogen. Was aber sicher ist: auch an Regentagen kann man mit den richtigen Leuten einen genialen Balatontag verbringen. Trotzdem war es dann das Wetter, welches mir am nächsten Mittag eine Menge guter Laune machte, da es sich entschieden hatte, schnell noch besser zu werden. Nachdem wir den Bus Richtung Tihany am Fähranleger verlassen hatten, machten wir uns samt Gepäck auf den Weg ins Zentrum. Dieser führte uns vorbei an zartgrün schimmerndem Schilf und ein paar romantisch verspielt darin dümpelnden Holzbooten. Alle paar Meter lud uns das Seeufer und die wärmende Sonne zum Verweilen ein. Schließlich erreichten wir aber trotzdem die steilen Stufen, die uns vom Ufer auf den Berg führten, auf dessen Gipfel das Zentrum der kleinen Stadt liegt (Gut, es ist wohl nicht viel mehr ein Hügel, aber für ungarische Verhältnisse ist es ein Berg:D).
Nicht nur der Blick hat mich hier verzaubert, sondern auch die vielen kleinen gemütlichen Häuschen aus Backstein und Reetdach und die hoch oben gelegenen Barocktürme der Benediktinerabtei.
Das dachten sich scheinbar auch noch einige weitere Touristen, denn hier schienen wir beinahe mehr Deutsch als Ungarisch zu hören, fast schon schade. Da sind wir lieber beim Englisch geblieben, damit es nicht ganz so auffällt, dass wir zu derselben Art Touris gehören, die man nie sein will:D. Mit Kamera und deutscher Stadtkarte bewaffnet, schlenderten wir durch die kleinen Gassen bis hin zum höchsten Punkt. Dort hielten wir dann etwas inne und beobachteten im Gras liegend die ziehenden Wolken. Aber der Bus, der uns zurückbringen sollte, drängte bald schon wieder dazu aufzustehen. Wenn man dann noch zum Abschluss etwas Typisches aus Tihany probieren möchte, was nichts mit Paprika zu tun hat, dann kann man Lavendelbier wählen, auch wenn es sicher nicht das beste Bier ist:D.
Dieser Ort, das steht fest, war ein wunderschöner Endpunkt für unsere kleine Reise durch Ungarn:).