Topfest
Mein Besuch des slowakischen Rockfestivals "Topfest"
In meinem Sommer hier in der Slowakei will ich natürlich nach Möglichkeit nichts verpassen. Den Besuch eines Musikfestivals, hatte ich mir daher fest vorgenommen und das meiner Mentorin mitgeteilt. Die war sofort begeistert und kam mit der Idee zum Rockfestival Topfest zu fahren, da würden auch Christmas spielen. Christmas ist eine junge Glamrockband zu der meine Mentorin gute Kontakte hat. Außerdem probten sie an einigen Wochenenden bei uns im Clubroom (meinem Wohnzimmer) und spielte einige Konzerte hier in Banská Bystrica, die auch besucht hatte. Der Juni kam, wir kauften Tickets und ein Zelt für 10 Euro bei Tesco und fuhren am Freitagmorgen des letzten Juniwochenendes los zum Flughafengelände nach Pieštany.
Bei unserer Ankunft konnten wir bereits Christmas spielen hören, da sie die erste Band im Programm waren und wir uns etwas verspäteten. Wir bauten schnell unser Zelt auf, von dem es durch das Tescoangebot hunderte Gleiche gab und eilten zur Mainstage. Dort standen nur ein paar Leute verteilt umher, bei denen schien Christmas allerdings gut anzukommen. Die beendeten gerade einen Song als wir dazustießen und so hatte der Frontman Zeit, um uns zu entdecken, mich willkommen zu heißen und einen Applaus für mich zu fordern. Ein schöner Empfang also für mich, meine Mentorin erwähnte er allerdings nicht, was sie als jahrelangen Fan zurecht erboste. Wie bei jedem Christmaskonzert hatten sich die Jungs mit Make-Up und hautengen Hosen zurechtgemacht und genossen den vielen Platz auf der großen Bühne sichtlich.
Wir gingen die Landebahn herunter an deren Seiten allerhand Stände aufgebaut waren, die entweder lecker Fressalien jeder Art oder bescheuerte Bekleidungsstücke zu überhöhten Preisen anboten. Zwischendurch zweigten sich kleinere Wege ab, die einen wahlweise zur B-Bühne, zum Trancezelt, zu den Bierzelten oder zur Strecke für Beschleunigungsrennen brachten. Auf dem Weg zum Zeltplatz fand man dann noch eine kleine Kirmes, einen Kran, der einen zum Bungee-Springen hochzog und eine Hubschrauber mit dem man einen Rundflug machen konnte. Langweilig sollte einem also nicht werden und schließlich waren da noch die vielen Bands und Acts, die teilweise weltberühmt waren.
Nach unserer Erkundungstour entdeckten wir wieder die Jungs von Christmas an einem Tisch, wie sie ihre Gage in Bier umsetzten und gesellten uns dazu. Das dürfte auch ungefähr der Zeitpunkt gewesen sein, an dem die letzte kleine Wolke vom Himmel verschwand, demensprechend heiß war es schon und sollte es auch bleiben. Die Organisatoren hatte den Wetterbericht natürlich studiert und fürchteten zurecht überhitzte Kreisläufe. Die angenehme Lösung, die auch noch Spaß brachte, war eine Schneekanone, die einen Wassernebel in den Wind pustete in dem sich zu fast jeder Zeit Halbnackte mit einem breitem Grinsen zum Himmel reckten und Abkühlung fanden. Wer nicht extra dafür einen Weg auf sich nehmen wollte, wartete einfach bis ihn das kultige Feuerwehrauto der Bauart "Tatra" besuchen kam. Dann musste man nur noch schreien und die Hände nach oben reißen, um die Aufmerksamkeit der Männer an den Wasserspritzen zu bekommen und schon wurde man ordentlich geduscht. Zwischendurch musste man sich trotzdem Schatten suchen, um nicht total zu verbrutzeln, was einem durch tiefrote Haut anderer Gäste immer wiede ins Gedächnis gerufen wurde.
Den Freitagnachmittag verbrachten wir dann noch mit einem Stadtbesuch, da wir uns ein Schloss für unser Zelt kaufen wollten. Wir fürchteten, dass sonst jemand nach dem einen oder anderem Bier unser Zelt mit seinem verwechseln könnte, da unser Modell ja hundertfach vertreten war. Nachdem wir drei Läden umsonst durchstöbert hatten, fanden wir einen Stand der ausschließlich Schlösser verkaufte. Da hätte man auch eher drauf kommen können. Einfach zum Schlossstand gehen. Wir nahmen den extra Shuttlebus zurück, der gerade vom Bahnhof kam. Wir konnten uns gerade noch reinquetschen, ich stand auf der letzten Stufe, als im letzten Moment eine ältere Dame angefuchtelt kam, den Kopf in Bus steckte, uns halbnackte, betrunkene Jugendliche mit unseren Campingausrüstungen betrachtete und dann den Busfahrer eiskalt fragte, ob der Bus auch zum Tescomarkt fahre. Jeder der das hörte insklusive Busfahrer schmissen sich weg vor lachen, die Frau zog leicht enttäuscht ab und wir konnten zurückfahren.
Nachdem wir unser Zelt abgeschlossen hatten, ging die typische Festivalroutine los - Wir gingen von Bühne zu Bühne, blieben dort wo es uns gefiel und kümmerten uns zwischendurch immer um ein kühles Bier in unseren Händen. Die erste größere Menge Menschen bekamen die drei Oldschool-Punker von "Ine Kafe" vor der Bühne versammelt. Um Mitternacht herum trat die Skaband "Polemic" auf, die auch schon auf einem Openair in Banská Bystrica gespielt hatten und mir sehr gut gefällt. Sie mobilisierten die Massen und ließen die Menge ausgelassen tanzen, die sich danach langsam auflöste, denn "Godsmack" der angekündigte Headliner für den Tag hatte kurzfristig abgesagt, woraufhin die Organisatoren sich kurzfristig an den Gewinner des Eurovision Song Contests 2006 wendeten. Mit Erfolg. "Lordi" erklärten sich 24 Std. vor ihrem Auftritt bereit, aus Finnland herzukommen und einzuspringen. Doch bei ihrem hastigen Aufbruch blieb allerdings etwas Gepäck auf der Strecke. Eine Gitarre wurde vermisst und musste nun ersetzt werden, wobei die Wahl auf die Gitarre von Christmas-Gitarrist Rikki fiel. Der war davon nicht besonders begeistert, fotografierte allerdings während des Konzerts fleißig aus dem Backstagebereich, um den Beweis zu haben.
Der Auftritt verzögerte sich allerdings noch um einiges, da Lordi einiges mehr an Zeit in der Maske braucht als andere Bands, was uns leider Zeit zum müdewerden gab. Ihr Auftritt war das Warten aber wert, die Finnen legten sich mächtig ins Zeug und die Wachgebliebenen bedankten sich mit viel Applaus für das schnelle Einspringen und eine tolle Show. Bemerkenswert war auch, dass sich Frontman Tomi Putaansuu in der kurzen Zeit noch einige slowakische Phrasen angeeignet hatte, was natürlich super ankam. An Ende waren wir froh, dass das Konzert zu Ende war, was allerdings ausschließlich an unser Müdigkeit lag. Rikki sollte sich später noch über die Konstümschnipsel beschweren, die sich überall auf seiner Gitarre fanden.
Die Nacht war kurz und leider auch die einzige Zeit, in der man in seinem Zelt schlafen konnte, da es ab sieben Uhr einfach zu heiß im Inneren wurde und man ins Freie flüchten musste. Den einzigen Schatten fand man nur beim Festivalgelände und so schleiften wir uns dort müde hin, wurde unterwegs allerdings von der Schneekanone etwas wachgeduscht. Wir entschieden uns, zum Frühstücken noch einmal in die Stadt zu gehen, da wir uns dort ein besseres Lebensmittelangebot erhofften. In einen kleinen Laden, der Dank seiner Nähe Rekordumsätze zu verbuchen schien, bekamen wir was wir suchten und fanden nicht weit entfernt eine Grünfläche mit einem Baum. Oder in unseren Augen, ein Bett. Nach dem Frühstück konnten wir uns dort kurz im Schatten ausruhen und etwas Schlaf nachholen.
Erholt ging es wieder auf das Festivalgelände, wo wieder die ersten Konzerte gespielt wurden, meist von jungen Bands die noch auf den Durchbruch warteten. Irgendwann fanden wir wieder Christmas herumstreunern, die uns auf ein Getränk zu sich ans Zelt einluden. Dank eines Pavillons hatte die dort sogar Schatten, was die Sache deutlich angenehmer machte. Nach einer Weile brachen alle auf, um das Zelt zu suchen in dem man sich für die Dauer des Festivals verheiraten konnte, denn Rikki und Drummer Randy wollten umbedingt heiraten. Wir irrten auf dem Gelände herum bis wir schließlich den Pavillion mit improvisierten Altar fanden. Noch kurz die aktuelle Trauung abgewartet, den Schleier an die, naja, "Braut" übergeben und los gings. Nach einigem Geschwafel durften die beiden sich unter Applaus küssen, Fotos wurden geschossen und die Braut davongetragen. Mir wurd ganz warm ums Herz, lag wohl am Rum.
Am späten Nachmittag spielte auf der Hauptbühne eine Band, die sich gleich mit zwei Merkmalen stark von allen anderen unterschied. Zum einen konnte man ihre Musik der elektronischen Tanzmusik zuordnen und zum anderen benutzen sie ausschlißelich Mikrofone um diese zu erzeugen. "Bauchklang" aus Österreich waren so eine nette Abwechslung zum üblichen Rock und man konnte sich so für den Abend eingrooven. Als nächster großer Act war "Nightwish" angekündigt, was wir als Gelegenheit für eine weitere Ruhepause und für Körperhygenie sahen und uns ersteinmal zurückzogen. Wir wollten auch fit sein für den Headliner "Kabát", eine der erfolgreichsten tschechischen Bands aller Zeiten. Zu ihrem Konzert versammelte sich auch die größte Menge an Besuchern und Tagesgästen, die bekamen neben den vielen großen Hits eine gewaltige Pyroshow mit abschließendem Feuerwerk geboten. Da ich die Songs nicht kannte und auch nicht verstand war es für mich nicht ganz so spannend, doch langweilig wurde mir nicht. Denn neben dem schon genannten Feuerwerk wurde ich prächtig von einem Matschloch drei Meter vor mit unterhalten. Dieses versteckte sich im Schatten genau an einer Stelle, wo immer wieder Leute hergingen, die beim reintreten total oder beinahe das Gleichgewicht verloren. Schadenfreude bleibt halt die beste Freude.
Als letztes gingen wir zum Trancezelt, um zu "Martin Solveig" noch einmal die Keulen zu schwingen. Der bekannteste Act des Trancezeltes bewies sein Können gleich in mehreren Genres der elktronischen Musik und hatte so für jeden des buntgemischten Publikums etwas dabei. Nach einer knappen Stunde wurden wir allerdings müde und verkrochen uns in unser Zelt, um nach nur vier Stunden Schlaf von der Sonne geweckt zu werden. Da es ohnehin zu heiß zum schlafen war, packten wir unsere Sachen und gingen zum Bahnhof, wo wir einen Zug über Žilina zurück nach Banská Bystrica nahmen. Während der Fahrt konnten wir immerhin etwas Schlaf nachholen, was ich dringen nötig hatte, denn für den Rest des Tages hatte ich noch andere Pläne. Dazu mehr in meinem nächsten Beitrag.