Tibet - Das verbotene Land des Schnees
Wenn man sich mit China auseinandersetzt, kommt man um Tibet nicht herum: Eine kleine Auseinandersetzung mit dem Land des Schnees
Ich besuchte viele buddhistische Tempel in Peking und war erstaunt, so viel über Tibet zu lesen - Ist es nicht eine unterdrückte Region im Norden Chinas? Was dort allerdings zu lesen stand, war noch erstaunlicher, alles sehr positiv und friedlich, als würde es gar keinen Konflikt geben. „Das kann doch alles gar nicht stimmen!“ flüstern hinter mir andere Besucher. Mich reizt das Thema Tibet, mein Wissen beschränkt sich allerdings auf die schrecklichen Bilder von sich selbst verbrennenden Mönchen und dem lächelndem Dalai Lama.
Schnell stellt sich allerdings heraus, dass eine spontane Reise nach Tibet unmöglich ist. Man braucht verschiedene Visa und militärische Erlaubnisse, immer einen Reiseführer an seiner Seite und hat auch anscheinend eine schwierige Weiterreise in China. Was verbirgt sich also in Tibet? Tibet ist ein uraltes buddhistisches Land, in welchem bis zur Einnahme Chinas ein Feudalsystem herrschte, weshalb Chinesen auch gerne von der Befreiung Chinas sprechen. Nachdem Mao Zedong in Peking die Volksrepublik China ausrief, schickte er auch seine Armee aus, die Hinterländer zu erobern. Tibet stellte sich dabei als besondere Herausforderung heraus, da es in den unerreichbaren Höhen des Himalaya liegt, wohin bislang noch keine Straßen, nur Normandenpfade führten. Maos Rote Armee baute zusammen den tschechischen Einheiten über Jahre Gebirgsstraßen, bis er in die tibetische Hauptstadt Lhasa einmarschieren konnte.
Zunächst kooperativ, wandelt sich das Verhältnis zwischen Tibet und China, also unter der tibetischen Bevölkerung große Massenproteste ausbrechen. Fast 90% der heiligen, buddhistischen Stätte wurden zerstört und mit Bildern von Mao ersetzt. Das Volk sollte gewaltsam umerzogen werden und wurde seiner kulturellen und religiösen Identität beraubt. Es eskaliert soweit, dass der politische und religiöse Führer der Tibeter, der Dalai Lama, ins indische Exil flieht, wo er noch heute lebt.
Dabei ging es weniger um einen ethnischen Konflikt zwischen Chinesen und Tibetern, es ging von Anfang an um die geo-politische und wirtschaftliche Bedeutung Tibets. Das Land, so wie weite Teile des chinesischen Innenlandes, welches von anderen Volksgruppen bewohnt wird, ist reich an Bodenschätzen. Als der Kalte Krieg zu eskalieren drohte schien Tibet, abgeschieden im Himalaya, Mao als sicheres Versteck. Aber am wichtigsten sind wohl Tibets Flüsse: In Tibet entspringen einige der wichtigsten Flüsse Asiens, und darum weiß die chinesische Regierung. Hunderte von Staudämmen wurden und werden immer noch errichtet, eine Energiequelle, welche allerdings auch die Natur stark belastet und aufgrund von unzureichenden Sicherungen eine massive Bedrohung für die Bevölkerung darstellt. Es soll auch viel Wasser durch künstliche Flüsse in die Hauptstadt Peking abgeleitet werden, die unter stetigem Wassermangel leidet. Dieses Vorgehen schadet nicht nur Tibet und seiner Bevölkerung, es könnte auch große negative Einflüsse auf die gesamte Wasserversorgung der Region haben.
Die Bevölkerung wird bis heute noch stark unterdrückt, Freedom House, eine amerikanische NGO, listet Tibet bereits seit Jahren als unter den unfreisten Regionen der Welt. Schätzungsweise sind insgesamt eine Millionen Tibeter in allen Protesten, Kämpfen und Eroberungen umgekommen, eine enorme Nummer. Noch mehr befinden sich im Gefängnis, teilweise ohne ein Gerichtsverfahren oder ein Urteil. Bereits eine tibetische Flagge, eine Email ins Ausland oder offene Kritik kann zu jahrelangen Haftstrafen führen. Sie werden gegenüber ihren chinesischen Mitbürgern diskriminiert und streng überwacht. Es wird nachweislich in Gefängnissen gefoltert, was gegen UN-Konventionen verstößt und auf „Separatismus“, wofür viele Tibeter angeklagt werden, kann auch die Todesstrafe verhängt werden.
Die Lage ist also nach wie vor angespannt, die Chinesische Regierung gibt sich allerdings größte Mühe, dies alles zu verdecken und die Region auch gerade für Touristen zu öffnen. Tibetische Traditionen und die Tempel werden als Attraktionen verkauft und häufig auch exotisiert. So wahr ich beispielsweise überrascht, im Museum of Shanghai, in dem eigentlich nur antike, chinesische Kunst ausgestellt ist, auch eine Sektion über ethnische Minderheiten in China zu finden. Zwischen 1000-jährigen Tontöpfen und primitiven Münzen findet man also auch religiöse und traditionelle Kostüme unter anderem auch aus Tibet. Als wäre es der erste Schritt, die tibetische Kultur zur Geschichte zu erklären.