Strange Scotland...
Von Toast und anderen Broten, der Verwandtschaft von Dänisch und Glasgower Dialekt, heißem und kaltem Wasser, das sich nicht vereinigen will, sonntäglicher Lebensmittellieferungen und beschwerlichen Radwegen handelt diesmal der Einblick in Trines schottisches Leben.
Ob man’s glaubt, oder nicht, die Aussage “Die spinnen, die Schotten!” hat definitiv etwas für sich... Nun, vielleicht bin ich auch einfach nicht genug herumgekommen in meinem Leben und die Dinge, die mir hier auffallen, sind eigentlich vollkommen normal. Aber es gibt wirklich einige Dinge, bei denen ich mich ein wenig wundere. Es ist ja alles nicht einmal negativ, halt einfach... anders. Das fängt schon bei der Sprache an. Besonders die Glasgower sprechen ein unverständliches Kauderwelsch, was für mich irgendwie wie Dänisch klingt. Als ich eine Schottin darauf angesprochen habe, meinte sie, es könne gut sein, schließlich wären früher einmal die Wikinger nach Schottland eingefallen, vielleicht hätten sie damals ja auch irgendwie ihre Sprache hier gelassen. Möglich ist es wirklich, zumal zum Beispiel das schottische Wort für „church kirke“ ist, ebenso wie im Dänischen. Auf jeden Fall verstehe ich kaum etwas, wenn die miteinander reden... Wenn Glasgower mit dir reden, geht es, aber sobald sie miteinander reden, versteht man, also ich, kein Wort mehr...
Außerdem gibt es dann auch noch Missverständnisse, aufgrund von verschiedenen Auffassungen. Zum Beispiel, was Brot angeht: Wenn ein Deutscher von Brot spricht, dann handelt es sich um etwas Sättigendes, mal grau, mal schwarz, mit Körnern oder ohne. Und wenn es sich um Toastbrot handelt, dann versteht man darunter dies weiche, wabbelige, weisse Brot aus der Tüte. Oh, aber mache hier niemals den Fehler, solches Brot in ungetoasteter Weise, Toast zu nennen... Ein Schotte wird dich mit sehr fragender Miene anschauen, denn Toast darf hier erst solch ein Brot genannt werden, wenn es mindestens gut braun geröstet ist. Vorher handelt es sich um „white bread“, oder „brown bread“. Und das ist auch das Einzige, was ein Schotte als bread kennt. Brot, wie bei uns, scheint hier vollkommen unbekannt… Na ja, ich hab ja eh nie viel Brot gegessen, also ist das für mich nicht so tragisch. Aber echtes Brot bekommt man hier wirklich nur in ganz wenigen Läden und für ziemlich viel Geld.
Wenn es dann zum Abwaschen geht, wird man feststellen, dass so etwas wie lauwarmes Wasser hier wohl auch ein Fremdwort zu sein scheint. Man kann sich entscheiden: entweder eiskalt oder kochendheiß. Etwas dazwischen gibt es nicht. Zumal die Wasserhähne sich ja auch jeweils auf die Ecken der Waschbecken verteilen, so dass ein Zusammenkommen zwischen warmen und kalten Wasser quasi unmöglich gemacht wird... Doch ja, ich fand einen Wasserhahn, mit einem Rädchen für warmes und einem für kaltes Wasser, aber nur ein Hahn, also dachte ich, Mensch, tatsächlich ein Wasserhahn mit gemischtem Wasser? Pustekuchen... Auch aus diesem Hahn kommt das Wasser aus getrennten Leitungen, eben so weit genug von einander entfernt, dass sie sich nicht vermischen, auch wenn man beide Rädchen aufdreht... Zum Glück scheint meine Dusche eine Ausnahme darzustellen. Durch modernste Technik und ein Wunder kommt dort angenehm lauwarmes Wasser heraus.
Und dann ist da die Sache mit dem heiligen Sonntag. Nun, ich hab mich ja schnell damit abgefunden, dass Tesco auch am Sonntag geöffnet hat. Aber, als ich dann eines Sonntags bei meiner Teepause saß und aus dem Fenster sah, stellte ich fest: Tesco liefert auch am Sonntag. Hmm, vielleicht bin ich da ja echt ein bissel verwöhnt von den deutschen Gesetzen, aber Lieferung am Sonntag? Na ja, man gewöhnt sich an alles.
Um sich von den ganzen Verwirrungen zu erholen, kann ich mir hier ein Rad schnappen und einfach mal ein wenig durch die Gegend radeln. In der Natur kann ja nicht so viel komisch sein – und dass man auf der linken Seite radeln muss, daran gewöhnt man sich relativ schnell. Aber einige komische Dinge fallen einem schon auf: Zum Beispiel habe ich mich lange Zeit gefragt, warum zu Hölle die Schotten alle ihre Felder einzäunen und Hecken drum herum pflanzen, oder sie mit Steinmauern versehen. Die Frage erübrigte sich, als ich das erste Mal Schafe auf einem Stoppelfeld herumlaufen sah. Schottische Bauern scheinen ihre Felder sehr spät zu pflügen. Wenn denn überhaupt – bis jetzt hab ich noch nicht ein gepflügtes oder bestelltes Feld gefunden. Jedenfalls lassen sie ihre Tiere dann auf den nachwachsenden Feldern grasen. Praktisch, würde ich sagen.
Naja, so sehr schocken kann mich das nicht, also auf zu einer Radtour, auf einem ausgeschrieben Radweg. Schön durch den Wald, erholsam, beruhigend, ab von der Zivilisation... Ja, ich musste schnell feststellen, eigentlich noch bevor ich den Wald erreichte, dass Radweg in Schottland wohl etwas anders verstanden wird... Klar, es ist ein gut ausgebauter Weg, keine Frage, aber, hui, solch steile Berge würde ich eher zum Bergsteigerweg erklären, als zum Radweg. Also wurde aus meiner Radtour eine sehr anstrengend Rad-bergauf-schiebe-Tour. Und ich kann sagen, bergab ohne bremsen auf der anderen Seit hat meinen Adrenalinspiegel sehr gefordert... Nächstes Mal nehme ich meine Wanderstiefel mit und ein Rad mit guten Bremsen. Wer auch immer in dem Verein für Radfahrer in Schottland sitzt muss entweder einen Schatten haben, oder Hochleistungssportler sein. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur von dem flachen Land im schönen Norden Deutschlands verwöhnt...
Alles in allem ist es anders hier. Aber ich muss sagen, ja, vielleicht ist es auch besser. Ich fühl mich hier wohl – und ich bemerke alle diese Unterschiede mit einem Lächeln und freue mich, dass es eben doch nicht so ist, wie bei mir zu Haus...