Status: Ein Uhr nachts
„Schrullig, aber einmalig.“ So beschreibt DieFee Cork. In weniger als einem Monat muss sie Irland verlassen, denn auch ihr Freiwilligendienst nähert sich dem Ende. Doch sie blickt mit Freude nach vorn.
Da sitze ich so um ein Uhr nachts am Computer auf der Arbeit, sollte eigentlich längst schlafen, denn man hat dazu, wenn man Sleepover hat, ja nur von Mitternacht bis 8.00 Uhr Zeit und was mache ich? Lese den Youthreporter, lese Artikel von claudi und Kerbchen und mich überfällt der Drang, mich ihren bittersüßen Abschiedsstimmungsartikeln anzuschließen....
Drei Wochen bleibe ich noch hier und das scheint noch eine recht lange Zeit, da es einfach noch so unendlich viel zu tun gibt, aber trotzdem kommt Melancholie auf, denn so langsam aber sicher fahren auch liebgewonnene Menschen um mich herum ab. In New York trennten sich meine Wege von Corkbewohner und Brogfreund Dave, heute geht Julie zurück nach Kanada, vorgestern begab sich ein ganz besonders lieb gewonnener Mensch auf eine dreijährige Weltreise und die Abschiede nehmen kein Ende.
Zu jedem Abschied gehört vor allem in Irland natürlich auch eine ordentliche, Alkohol getränkte Abschiedsparty, was in Verbindung mit viel Arbeit dazu führt, dass ich schon etwas froh bin, wenn ich in zwei Wochen nicht mehr arbeiten muss und mich physisch mal was erholen kann. Aber die Arbeit werde ich auch vermissen. Meine Residents und mein Team sind mir irgendwie ans Herz gewachsen, jeder Einzelne mit seiner mal mehr, mal weniger schrulligen, aber immer einmaligen Art.
Ja, das trifft wohl auch auf Cork zu: schrullig, aber einmalig. Ein Akzent, der jeden Neuankömmling mit seinem Oxford-Schulenglisch in die Verzweiflung treibt, aber im Endeffekt ist es ja auch einfacher kein „th“ auszusprechen. Dreck und Hundehaufen überall, aber damit das nicht so auffällt, sind die Häuser in allen Regenbogenfarben angemalt und Cork leuchtet in der Sonne, als sei es die schönste Stadt der Welt. Nachrichten über Vogelgrippe oder den Konflikt zwischen USA und Iran dringen höchstens mal am Rande durch, stattdessen erfährt man als erstes in der Schlagzeile, dass der 73jährige Patrick O'Brien aus Ballypheane in einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Ich könnte stundenlang weiterschwärmen, es aber auch lassen und konstatieren, dass Cork und ich gute Freunde geworden sind.
Auf der anderen Seite, und jetzt mal Schluss mit den Sentimentalitäten, ist es so langsam an der Zeit für mich, zu gehen. Mein Handy ist kaputtgegangen, mein rosa Klapperfahrrad geklaut worden - ja, die Polizei war sehr amüsiert, als ich ein Fahrrad mit geschätztem Wert von zehn Euro als gestohlen meldete - , das Music Department ist schon seit einer Woche wegen Ostern oder sonst irgendeinem Schwachsinn geschlossen und im Brog kann ich die Lieder schon fast auswendig vorhersagen. Und nicht zuletzt gehen meine Freunde von hier so langsam ja auch alle.
Ich freue mich schon jeden Tag, meine Familie sehen zu können, Schwachsinn mit meiner Schwester zu machen und endlich mal wieder richtig viel Zeit mit meinen Freunden zu Hause zu verbringen. Schließlich ist auch Hennef eine schrullige Stadt, die ich liebe.
Es fängt wohl bald mal wieder ein neuer Lebensabschnitt an und da bin ich auch schon gespannt drauf!