SPANIEN | ¡Viva Cataluña! – Es lebe die kulturelle Vielfalt
“Tourist remember: You are not in Spain. You are in the Bask Country.” So ist es an jeder Strassenecke in San Sebastián zu lesen, als Ausdruck des baskischen Selbstverständnisses.
“Tourist remember: You are not in Spain. You are in the Bask Country.” So ist es an jeder Strassenecke in San Sebastián zu lesen, als Ausdruck des baskischen Selbstverständnisses. Es ist weithin bekannt, dass das baskische Volk zwecks Andersartigkeit und eigener Kultur und Sprache einen unterschiedlich stark und facettenreich ausgeprägten Nationalismus betreibt. Jedoch weniger bekannt: Auch in Katalonien (es liegt im Nordosten Spaniens und besteht aus vier Provinzen mit der Hauptstadt Barcelona) existiert eine eigene Sprache und Kultur. Deren Nationalgefühl äussert sich aber stets in friedlicher Form; es wird mithilfe der demokratischen politischen Mitbestimmung nach Autonomie gestrebt.
Dennoch: Ein patriotischer Stolz ist unweigerlich vorhanden, mit sinkender Einwohnerzahl steigend. Will heissen, in einer Grossstadt wie Barcelona kommt man problemlos mit Spanisch zurecht – selbst die Bemühungen Spanisch zu reden werden zuweilen zunichte gemacht, indem man als etwas längerfristige Freiwillige nur für eine kurzweilige Touristin gehalten wird, mit der man besser auf Englisch kommuniziert. In kleineren Städten, vor allem aber in den Dörfern der Provinzen Girona und Lleida kann es aber schon einmal vorkommen, dass es den Leuten schwerfällt sich Fremden gegenüber ständig der “Fremdsprache” Spanisch bedienen zu müssen, von Englisch oder Französisch ganz zu schweigen. Man muss anmerken, dass die katalanische Sprache sehr eng mit dem Spanischen, aber auch mit dem Französischen, Italienischen und Portugiesischen verwandt ist, und überhaupt mit allen romanischen Sprachen. Trotzdem ist es “etwas ganz anderes”.
Wer nicht wusste oder noch nicht überzeugt ist, dass sich die Bewohner Kataloniens als eigenes Volk auffassen, der komme einmal an einem 11. September ins Land. Nein, hier wird nicht in erster Linie den Opfern des Terroranschlags auf das World Trade Center in New York 2001 gedacht, sondern der hiesige Nationalfeiertag zelebriert. Das heisst, eigentlich müsste auch er betrauert werden, denn an diesem Tag verlor Katalonien 1716 seine Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Doch das erinnert man hier heiteren Gemüts, demonstriert gegen das Vergessen und für den Freiheitskampf, feiert lieber. Die Städte werden in ein rot-gelb-gestreiftes Flaggenmeer getaucht und die ganze Nation nimmt ergriffen teil.
In Anbetracht all dessen sei es einem Europäischen Freiwilligen, besonders, wenn er der einzige vor Ort ist und z.B. alle Kollegen Català reden, geraten, nicht mit dem Hauptmotiv anzukommen, er wolle Spanisch lernen. Hat er keine Vorkenntnisse, so wird er durch sein Umfeld wahrscheinlich anfangen, Katalanisch zu lernen. Informiert euch also gut vorher, welche Sprache im Projekt vorwiegend gesprochen wird, ob noch andere Freiwillige dort sind usw.
Wir Freiwilligen schmunzeln immer wieder gerne darüber, dass Català hier (in Lleida, 125 000 Einwohner) so stark betont wird, aus unserer Sicht ab und zu ein wenig übertriebenermassen. Doch auch das Schmunzeln übertreiben wir manchmal.
Auf jeden Fall hatte ich bisher keine Probleme damit, hatte in Deutschland schon ein bisschen Spanisch gelernt und fange jetzt, nach drei Monaten, auch an Katalanisch zu lernen: eine Minderheitssprache, die mir zwar nicht viel nützen wird, mich aber dennoch irgendwie reizt. Schon allein, um die Menschen hier besser zu verstehen, auch wenn ich wunderbar ohne auskommen könnte. Kulturvielfalt bereichert eben. Molt bé.
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