Sonntag mit Rosamunde
Es gibt ein paar Dinge, die für mich in zu einem typischen und durchaus gemütlichen Sonntag dazugehören. Der Sonntag hat ja an sich in der Hierarchie der Wochentage eine besondere Stellung...
Es gibt ein paar Dinge, die für mich in zu einem typischen und durchaus gemütlichen Sonntag dazugehören. Der Sonntag hat ja an sich in der Hierarchie der Wochentage eine besondere Stellung. Er ist schon biblisch gesegnet und als Tag der Ruhe und Entspannung allen hinreichend bekannt. Nur an Sonntagen verbreitet sich dieses noch-nicht-nicht-mehr-Wochen-Gefühl.
Allein ein Sonntag schafft es sowohl, der schönste Tag des Wochenendes als auch der Tag der schrecklichen Erwartung der Woche zu sein. Er hat einen besondern Morgen, mit frischen oder tiefgefrorenen Sonntagsbrötchen, einen typischen Mittag, mit oder ohne Sonntagsbraten, und einen Nachmittag mit einem Sonntagsspaziergang, der stets in speziell sonntäglichem Sonnenlicht begangen wird.
Für glaubenstreue Christen ist der Sonntag freilich auch der Tag des wöchentlichen Kirchgangs. So hat der Sonntag alte, neue und sonnige Rituale. Bei mir kommen noch einige Dinge hinzu, die besonders am siebten Tag der Woche passieren. So ist der Sonntag immer in meiner Erinnerung als der Tag der Woche, an dem ich ein warmes, rosiges Schaumbad nehme. Und Sonntag bleibt auch endlich einmal genug Zeit für die intensive Haarpflege.
Und an diesen speziellen „Wellness“-Sonntagen bewegt man sich zum Abendbrot, mit sonnigem Körper und sonnigem Haar und schaut die Tagesschau und um 20.15… “Rosamunde Pilcher“. Es ist ein geradezu erschreckendes Bekenntnis, aber ja „ich bin ein Pilcheraner“. Ja, mir ist klar, dass ich dasselbe Fernsehprogramm wie meine Oma schaue, aber verliert Eure Scheu und sagt es laut mit: „ICH BIN EIN PILCHERANER“. War doch gar nicht schwer.
Zugegeben, es ist nichts, womit man vor Freunden oder Kollegen angeben kann, aber es ist annehmbar. Denn wer einmal die Geheimnisse der „Rose von Kerrymore“ erfahren oder bei „Wilder Thymian“ mitgelitten hat, den lässt der Zauber um Grafschaften, Herrenhäuser, Lords und Ladys und die allgemein in Südengland geltenden Regeln der Brautwerbung nie wieder los.
Doch worin genau liegt nun der große Zauber? Ist es die Tatsache, dass die Amandas, Johns, Hughs und Sallys stets von deutschen Soap-Stars gespielt werden? Oder liegt das zauberhafte dann doch, wie viele entschuldigend meinen, in der schönen englischen Steilküsten-Landschaft, die mit ihrer grünen Wonne und reichlich Schaafherden aufwartet? Ich glaube, am Ende liegt der Grund, warum so viele Zuschauer diese Romantikverfilmungen sonntäglich verfolgen, in der stringenten Simplizität der Geschichte.
Klischees werden noch und nöcher bedient. Und Begegnungen und Menschen so unrealistisch dargestellt, sodass es fast schon seine eigene Logik entwickelt. Alle Figuren sind herrlich austauschbar, man kann guten Gewissens behaupten: kennste einen, kennste alle. Egal, ob man den Anfang verpasst, nebenbei bügelt, liest, telefoniert oder für 20 Minuten mit dem Hund nach draußen geht, man verpasst absolut Nichts!
Wie entspannend für Nerven und Geist! Ja, Rosamunde bietet uns mit ihren immergleichen Geschichten, in denen jedes Mal eine junge, vitale Frau und ein alter, mürrischer Mann, eine Familientragödie, eine wiedergefundene Liebe, eine intrigante Frau und mindestens ein Schaaf, Hund oder Pferd vorkommen, einen Ruhepol. Was für eine verlässliche Sicherheit, die uns im richtigen, bösen Leben so oft versagt bleibt, am Ende steht, ist jedem klar: Am Ende wird alles gut.
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