SOMMER!
Kaum sind die ersten Sonnenstrahlen da, wird sullenGirl zu einer Eidechse. Manch einer sagt ihr sogar eine große Fernsehkarriere voraus!
Ja, man kann es größenwahnsinnig nennen, aber es kommt mir wirklich so vor, als könnte ich in zwei Wochen endlich im Meer baden gehen. Die Sonne scheint, die Menschen lachen, endlich hält man es auch ohne sechs Pullover und drei Strumpfhosen aus. Ich funktioniere wie eine Eidechse: Im Schatten erstarre ich und sobald die Sonne rauskommt bewegen sich die Teilchen schneller (um es mal ganz wissenschaftlich auszudrücken).
Daher gleich mal ein paar fröhliche Eindrücke:
Von Zeit zu Zeit gab es ja auch Probleme. Besonders für Maria, da sie sich jeden Tag im daily center abkämpft und deren überschwängliche Energie auch langsam abklingt. Unfassbar, sie war die mit den Ideen, der Energie, dem Optimismus. Mich macht es sehr traurig, zu sehen, wie jemand wie sie ihr Potential hier verschwendet. Aber im April wechseln wir und ich hoffe, ihr wird es dann auch besser gehen. Zeitweise denkt sie darüber nach, ihren Dienst abzubrechen. Aber da im April ihre Familie kommt, muss sie mindestens bis dann noch hier bleiben. Und im Mai wird sie Freunde in Berlin treffen und ich werde zur selben Zeit in Berlin sein! Was für ein cooler Zufall! Erstaunlich ist auch, dass Maria mich immer aufheitert, wenn es mir mal nicht so gut geht. Sie hat eine wahnsinnige Fantasie. Als ich sie beim Suppen-Machen fotografiert habe, meinte sie, dass es verboten sei „nackte" Möhren“ zu fotografieren - Blasphemie! Und sie erfand den Slogan „Put a Muhri in your life!"- schön. So, also das von Maria, mit der ich mich immer besser verstehe (langsam auch mit dem Armenier). Dann rennt hier ja auch immer noch Vanessa, die Französin rum, die sich für mich portraitiert hat.
Ach ja und aufgrund großer Nachfrage: ein Bild von mir.
So, heute werde ich im Fernsehen sein. Ich hoffe, ich kann es sehen. Ich werde heute meinen „Big Brother" treffen, meinen Partner vom „Big Brother-Big Sister"-Programm. Freundschaft zwischen Freiwilligen und Hilfebedürftigen. Mein Bruder ist Jacek, der stottert und sehr intelligent ist. Ich treffe ihn um 18 Uhr bei ihm zu Hause und dann wird auch (auf Programm 3) die Reportage über die Therapie-Werkstatt ausgestrahlt. Und ich werde auch zu sehen sein! Uhh! Kinga, die deutsche Verwandte hat und auch in der Werkstatt arbeitet, hat mir eine „Arabella"-Karriere vorausgesagt. Ich denke auch, ich werd hier noch ein Star (daher habe ich heute gleich mal Paris-Hilton-Posen geübt - siehe Foto).
Dann haben noch mehr Projekte angefangen: der Keramik-Workshop! Endlich! In Berlin bin ich nie dazu gekommen und jetzt kann ich das hier ganz selbstverständlich lernen. Und ab nächster Woche geht es mit dem Theater-Workshop los und wir werden lernen, auf Stelzen zu laufen. Nicht schlecht. Und erst recht, wenn Maria mit dabei ist. In ihr wohnt auch ein Schauspieler, ich sags euch!
Ich denke, damit habe ich jedem genug Gründe gegeben, neidisch zu sein, speziell, weil das Meer gleich nebenan ist. Ich wette, ich werde die Allererste sein, die dieses Jahr ins Meer hüpft! Obwohl ich auch noch dazufügen möchte, dass das alles wesentlich mehr Spaß machen würde, wenn doch wenigstens nur einer meiner Liebsten hier bei mir wäre. Ja ja, ich vermiss Berlin. Stinkig, alt, grau, dreckig, unfreundlich und voller Möglichkeiten.
Mit diesen melancholischen Abschiedsworten: Abschied.