Something good
Electric castle lässt mich nicht los!
Hey Freunde der Sonne. Diese Woche habt ihr mich echt im Stich gelassen. Wenn ich an das Wochenende denke, denke ich an zwei verdammt verrückte Tage… aber auch an Eiseskälte!
Wohnst du noch oder lebst du schon?
Aber davon erzähle ich später. Die Woche war wie die letzten paar von der WG-Suche in Berlin geprägt. Mann, macht mir das keinen Spaß. Das Schlachtensee-Studentenwohnheim hat mich ziemlich veräppelt, die anderen öffnen entweder erst mit der Immatrikulation oder haben sich zu gut versteckt und ich entdecke sie erst jetzt, wenn die Wartelisten bis Februar strecken. Und meine Freunde in Berlin haben auch kein Zimmer frei. Es bleibt also nichts als WG-Portale, in denen man praktisch Bewerbungsanschreiben mit Smileys en masse rausschreibt und auf 50 Anfragen vielleicht zwei Antworten erhält. Und dann awkward skypen.
Ah! Der Stress! Und all die Horrorgeschichten von Studenten, die in Hostels oder Turnhallen unterkommen! Wenn ich doch Charisma hätte…
La revedere
Ahh… nunja, ich kann meine Musikstunden mit den Kindern ein wenig fortsetzen. Läuft nicht gerade prickelnd in so einer Projektumgebung, aber he, ich habe manchmal fünf Minuten am Tag. Bogdan flippt komplett aus wenn ich auch nur einen Akkord spiele und rennt durchs ganze Zimmer vor Freude.
Viele gehen jetzt. Alex wird nicht zur Abschiedsparty kommen weil er schon fort ist, und Ana hatte ihren letzten Tag… cele mai frumoasa Ana! Sie darf nicht gehen! Ihr Kindermädchen hat fast geweint beim Abschied, und ich auch. Ana schien es nicht so ganz zu verstehen, sie erzählte mir noch ganz fröhlich, dass sie jetzt zum Auto geht und dann mit Mama nach Frankreich.
Gefährliche Wasser
Am Montag sah ich endlich mal wieder Bogdan und Dora wieder, und wir schafften es, ohne Alkohol friedlich durch die drei gefährlichsten Themen zu kommen. Politik, Religion und Gender (und Dora erzählte nervös irgendwelche völlig zusammenhangslose witzige Geschichten, um die Stimmung zu entschärfen). Schätze, jetzt ist unsere Freundschaft gefestigt!
Donnerstag half ich in der Suppenküche. Das war was. Meine Kollegin hat sich so gefreut als ich kam, weil die Zeit knapp war. Sie warnte mich noch, beim Kartoffelschneiden mit dem Messer aufzupassen - fünf Minuten später floss das Blut!
Das war überdramatisiert. Ich hab mir einen Zentimeter meines Zeigefingers eingeritzt, nur die Haut. Das Team schlug allerdings sofort Alarmstufe rot vor Panik. In einem Mix aus ungarisch, rumänisch und englisch wurde ich auf einen Stuhl regelrecht geschubst und erhielt Desinfektionsmittel, drei Verbände um meine gesamte Hand und einen Gummihandschuh mit einem kleinen Smiley zum Stabilisieren drüber. Ich sah aus wie eine Kriegsheldin und musste meine Hand oben halten “damit das Blut fließt”. Natürlich durfte ich sie auch nicht benutzen und wurde zum Krautschreddern verdonnert, um meine schwere Verletzung zu schonen.
Die Süßen. Mann, werde ich sie vermissen.
Seltsame Nächte
Freitagabend überredete Alkie mich dann, mit ihr und einem Kumpel zu einer Trance Rave Party zu gehen, in den Wäldern nahe Aghires. Ich lasse Beschreibungen aus, um meine zukünftigen Arbeitgeber, die das vielleicht lesen, bei Laune zu halten, aber es war eine verdammt spannende Nacht.
Ich wollte den Zug vom nächsten Dorf nach Cluj um kurz vor zwei nehmen, den wir aber verpassten, weswegen wir auf der leeren Straße warteten und die Sterne beobachteten. Alkies Kumpel hatte Seile, Öl und ein Feuerzeug zum Jonglieren mitgebracht, er hat wirklich was drauf. Gegen halb vier war mir allerdings in meinen kurzen Hosen so kalt, dass selbst das mich nicht mehr beeindruckte.
Der nächste Zug nach Cluj kam um halb fünf, um sechs fiel ich in mein Bett und warf mitten im Sommer drei Decken über mich, um jede kalte Zelle in mir aufzuwärmen.
Zeit für das Highlight...
Entsprechend spät und unfit begann der Samstag, aber ich lasse mir das große Musikfestival, Electric Castle, von keinem Kater nehmen. Paar Energydrinks und Kaffee, und um 16 Uhr war ich im Shuttle nach Bontida. (Was mich nostalgisch machte. Mein erster Hitchhike damals ging nach Bontida mit Juliana… )
Und… wow.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie RIESIG EC ist. Mindestens sechs oder sieben Bühnen oder Tanzflächen und dann noch etwa eine Millionen andere Sachen. Die mich aber nicht interessierten. Ich verbrachte meine Zeit im Hippiezelt, besonders als es anfing strömend zu regnen, und ansonsten an der Hauptbühne. Die einfach nur unfassbar war.
Der erste Act, den ich sah, war Slamboree. Kannte ich vorher gar nicht. Die hatten eine total abgefahrene Show, mit Schwertjonglieren, Stunts, extravaganten Kostümen und einer Frontfrau, die vielleicht eine STIMME hatte! Ich ließ alle Sorgen fallen und tanzte.
Später spielte dort Subcarpati, eine Underground Band, die scheinbar sehr gut ankam bei den Rumänen, alle konnten die Texte mitsingen. Abgehen konnte man dazu trotzdem!
let's tessellate
Und dann kam mein Highlight, um 23 Uhr, alt-J. Ich hatte mich zur zweiten Reihe vorgedrängelt. Und auch wenn man dort vorne weniger von Festivalgängern und mehr von kreischenden Teenie-Groupies umringt ist, auch wenn meine Beine fast nachgaben… unfassbar.
Das ist Livemusik, die ich mit nichts vergleichen kann, die man hört und auch spürt, am ganzen Körper, vibrierend. So dass ich bei beinahe jedem Lied erst nachher merkte, dass ich die Luft angehalten hatte und mir der Mund offenstand. Die Bewegungen beim Tanzen kamen wie automatisch über mich.
Was für eine Präsenz! Ich kann es nicht fassen, dass ich sie live gesehen habe.
Und dann heim.
Petru weg, Ana weg, und mit Electric castle ist nun auch das letzte Highlight vorbei. Alles was mir nun noch bleibt sind die letzten zwei Wochen, Erinnerungen und das Leben danach.