Sinterklaasfeier im Dezember
"Besser spät als nie - die Geschichte der Sinterklaasfeier." Es geht für Julia_slaapt_lekker am Wochenende einmal nicht nach Amsterdam, sondern nach Den Haag. Dort erlebt sie ein besonderes Fest.
Besser spät als nie - die Geschichte der Sinterklaasfeier.
An einem schönen Donnerstagnachmittag trieb es mich wie so oft weg von meinem schnöden Dörfchen Middenbeemster und raus in die große Stadt - diesmal nicht wie üblich Amsterdam, sondern 45 Minuten Lokomotivfahrt weiter nach Den Haag, wo auch so einige Mitkompagnons ihre Zelte aufgebaut hatten.
Der erste Tag unseres gemeinsamen Wochenendes verlief eher ruhig, auch aufgrund meiner Ankunftszeit, jedoch schafften wir es noch die Arbeitsstätte einiger anderer Freiwilliger, welche im Emmaus-Projekt tätig sind, anzuschauen und dabei gleich einige Weihnachtsgeschenke für Zuhause für wenige Gulden mitgehen zu lassen. Des Weiteren stand noch ein Besuch in einem bekannten Ballsaal, genannt "Danzig" auf dem Programm. Dort ließen wir unserer Energie zu elektronischer Hintergrundmusik freien Lauf.
Am nächsten Tag war schon der erste Besuch des Santas geplant. Er traf zusammen mit seinen swarten Piets in einer indischen blauen Rikscha auf dem Pausenhof einer Grundschule an, umringt von jubelnden Kindern, die sich an den Pepernoten erfreuten und lauthals alle Liedjes mitsangen. Anka, eine andere Freiwillige, und ich, genossen die Atmosphäre, auch wenn wir aufgrund unseres Alters und nichtvorhandener leiblicher Kinder vollkommen fehl am Platz waren.
Der Tag setzte sich mit einem Besuch im türkischen Viertel Den Haags, wo ein anderer meiner drei Gastgeber seinen Schaffungsplatz in einer Auffangstelle für Obdachlose und andere Hilfsbedürftige hat, fort. Nach Ausgiebiger Kaffee-Mahlzeit und Tischtennisrunden besuchten wir noch den angeblich größten Markt des Landes bei größten Regenergüssen und suchten dann schlussendlich Schutz in einer Dönerbude, deren Inhaber auch schon in Deutschland sesshaft gewesen war und sich deshalb mit uns in der Muttersprache unterhalten konnte.
Des nachmittags erkundeten wir noch zusammen das betuchtere Viertel der Stadt, welches mit teuren Läden und prachtvollen Häusern aufwartete. Dort trafen wir dann zum zweiten Mal den Swarten Piet, welcher auf seinem Pferd vor einer Bierschenke auf Sinter mit den Erfrischungsgetränken wartete. Er empfahl uns, auch selbst einmal als Sinter zu gehen und viele Gratis-Durstlöscher einzusammeln. Wir dachten über den Vorschlag nach und zogen wieder zurück zum Kloster, welches das ganze Wochenende meine Verbleibsstätte war.
Der Samstag wartete mit einem Besuch im ehemaligen königlichen Palais auf, der nun Sitz einer Dauerausstellung des Künstlers M.C. Escher war und drei Stöcke pure Genialität zu bieten hatte.
Eine Runde ums Parlament und die wichtigen Gebäude der Stadt schlossen unseren kleinen Spaziergang ab, um zeitig zurück in der Küche zu sein, in welcher schon zu Ehren Sintas das Festmahl zubereitet wurde. Nach Verzehr unserer Mahlzeit gingen wir über zur Kreation der Getränke, die diesmal aus feinstem Glühwein und Schokoladenmilch mit Amaretto bestanden, ganz im Sinn des swarten Piets.
Die Feier verlief dann auch vorzüglich - zusammen mit anderen Insassen des Klosters, unter anderem Brüdern, bzw. Leitern des Hauses, wurde gegessen, getrunken, Musik gespielt, gesungen, Gedichte vorgetragen und Geschenke verteilt, die sich anfangs alle auf einer großen Tafel stapelten. Dazu bot der Nationalsport der Holländer, sjoelen, ein langes Brett auf dem runde Holzklötzchen in vier verschiedene Zielöffnungen geschoben werden müssen, Abwechslung für gelangweilte Gemüter.
Spät am Abend beschlossen dann die jüngeren von uns, noch weiterzuziehen und machten sich mehr oder weniger erfolgreich auf zum nächsten Tanzsaal.
Der folgende Tag, Sinterklaases Todestag, wurde feierlich in einem Gottesdienst für Menschen aus Ghana zelebriert, den Anka und ich als einzige weiße Menschen besuchten, wobei wir sofort als Neulinge erkannt und freundlich in die Gemeinde eingeführt wurden. Wir ergatterten selbst eine Privat-Übersetzerin ghanesisch-holländisch. Nachdem wir noch den Geburtstag eines Gemeindemitgliedes mitfeierten, unseren Segen auf den weiteren Weg erhielten und unsere afrikanischen Zweitnamen herausfanden (meiner ist Abena, nach dem Tag an dem ich geboren bin, welcher wiederum Dienstag ist), machten wir uns noch mit Gospel-Liedern im Ohr weiter auf nach unserer eigentlich Mission - der Verabschiedung des Sintas.
Diese fand traditionell am Scheveninger Hafen statt, da die Reise nach Spanien mit dem Stompboot besser zu bewältigen ist als zu hohem Ross. Zwischen zahllosen Kindern und ihren Eltern fühlten wir uns als einzige 19- und 20-jährige überhaupt nicht fehl am Platz, was sich aber nur auf unser Können der populären Feestliedjes zurückführen ließ: "Dag, Sinterklaasje, dag, dag, dag, dag, swarte Piet! Dag Sinterklaasje, dag, dag, luister naar ons afscheidlied!" um nur eines der vielen Beispiele zu nennen. Nach stundenlangem Winken und einigen heimlich vergossenen Tränen ging's zur Aufmunterung runter an die Scheveninger Strandpromenade, welche wir unter Aussicht auf einen großen Leuchtturm entlangliefen.
Zum Aufwärmen ging's dann noch in eine Jägerteeschenke, bis wir uns wieder, begleitet von Sinterklaas-Liedern, mit unserem Blechross auf den Heimweg machten.
Seit diesem Tag warten wir sehnlichst auf den nächsten 6. Dezember und hoffen, ihn auch wieder in Holland feiern zu können, zu Ehren Sinterklaases natürlich.
Zur Info:
Sinterklaas, auf deutsch vergleichbar mit unserem Nikolaus, ist ein großer alter Mann mit weißem Bart und rotem Gewand. Er kommt, der Geschichte nach, ursprünglich aus der Türkei, ist nun aber in Spanien sesshaft. Bereits Ende November erreicht er schon die größten holländischen Städte, wo er mit einer rießigen Begrüßungsparade empfangen wird um die nächsten Sinterklaaswochen einzuläuten.
Mit dabei sind auch immer seine Gehilfen, die swarten Piets, auf deutsch schwarze Petern, welche wie der Name schon sagt, meist schwarz sind, dauernd Unfug machen und Pepernoten (Pfeffernüsse) für die Kinder streuen. Im Land sind Pferde das Hauptfortbewegungsmittel, von und nach Spanien das berühmte Stompboot, ein Schiff mit großem Dampfschornstein.
Der richtige Feierabend ist der 5. Dezember, an dem jeder Geschenke einpacken muss (meist auch Dinge, die man selber nicht mehr braucht oder die lustig sind), dazu ein kleines Gedicht schreiben und dann an die anwesenden weitergeben. Die Kinder können auch einen Schuh mit Pferdefutter an den Kachelofen stellen, welches dann nachts von den swarten Piets (schwarz - Schornstein!, kein Rassismus! ;)) durch Geschenke ausgetauscht wird. Am nächsten Tag werden alle auf ihrem Boot verabschiedet.
Im Gegensatz zu Deutschland ist in Holland Sinterklaas das Fest der großen Geschenke, an Weihnachten wird einfach gemütlich zusammen gesessen und gegessen.