Sieben Tage, sieben Kirchen
In einem Land, in dem 97 % der Bevölkerung dem Katholizismus angehören, zeigt Ostern als wichtigstes christliches Fest des Jahres, welch eine bedeutende Rolle die Religion in der Kultur einnimmt. Die sich vorher abspielende Heilige Woche ist voller religiöser Traditionen.
Die 40-tägige Fastenzeit (ohne die Sonntage), die am Aschermittwoch beginnt, leitet bereits auf das Fest hin. An diesem Tag wird auf Fleisch verzichtet und Kinder essen keine Süßigkeiten. Der Priester spendet Gläubigen an diesem Tag in der Messe ein Kreuz aus Asche als Symbol für Tod und Leid durch Sünde auf die Stirn. Die darauffolgende Zeit gilt als Phase der Enthaltsamkeit, Buße und Reflektion. Heutzutage ist es nicht mehr üblich, sehr streng zu fasten. Die Mehrheit der Bevölkerung beschränkt sich auf den Aschermittwoch sowie den Karfreitag. Manche fasten auch jeden Mittwoch und Freitag. Typisch maltesische Gerichte für diese Zeit sind Kwareżimal (spezieller Kuchen für die Fastenzeit), Karamelli (eine Süßigkeit mit einem Minzcocktail), Pastizzi tal-Inċova (die traditionellen Pastizzi, eine Art Kuchen, mit Anchovies gefüllt), Torta tal-Ħaxu (Riccotapastete), Qaqgħa tal-Appostli (Apostelbrot in Ringform), Qaqoċċ (Artischocken), Bebbux (Schnecken) oder Qassatat tal-ħelu (süße Kekse).
Die „Heilige Woche“ beginnt am Freitag der Woche vor Karfreitag. Der Palmsonntag markiert den ersten wichtigen Tag. An ihm gedenkt man dem Einzug Jesu in Jerusalem mit Palmwedeln, die vielerorts als heilige Bäume verehrt wurden und im Mittelmeerraum auch als Sinnbild des Lebens und Siegens gelten.
Der darauffolgende Donnerstag nennt sich „Maundy Thursday“ (Gründonnerstag). Hier spielte sich der Bibel nach das letzte Abendmahl sowie die Fußwaschung ab. In den Kirchen werden die Bilder mit violetten oder schwarzen Vorhängen umhüllt und die Altäre geschmückt. Nach der späten Messe oder am darauffolgenden Morgen gibt es dann die Tradition, sieben Kirchen zu besichtigen und Gebete zu sprechen.
Am Karfreitag („Good Friday“) gedenkt man der Leidensgeschichte Christi („the passion of Christ“). Ein Bläserorchester leitet mit Trauermärschen den Beginn der traditionellen Prozession ein, die in ca. 17 verschiedenen Städten und Dörfern stattfindet und zu der sich die Inselbewohner auf den Straßen zusammenfinden. In ihr werden mehrere Statuen, u.a. auch die der „Our Lady of Sorrow“, von Sargträgern in weißer Robe getragen. Sie alle representieren Stationen des Leidenwegs Christi. Zwischen ihnen befinden sich rund 10 andere Charaktere der Bibel. Viele Teilnehmer der relativ langsamen und langen Prozession zeigen ihre Reue, indem sie barfuß mit angebundenen Ketten oder einem Kreuz laufen. An diesem Tag, der als nationaler Feiertag gilt, wird ebenfalls gefastet.
Einen völligen Stimmungsumschwung kann man darauf am Ostersonntag erleben. Die Straßen füllen sich wieder, um das Spektakel zu sehen, bei dem Männer mit einer Statue des wiederauferstandenen Jesus rennen. Die Zuschauer applaudieren und von Balkonen wird Konfetti geworfen. Auch die Musik klingt jetzt um einiges feierlicher. Nach diesem Ereignis kann man auf den Straßen und Parks viele Gruppen das typisch maltesische Bier namens Cisk trinken sehen, während sie diesen religiös bedeutsamen Tag gemeinsam verbringen. Es ist auch üblich, dass man in der Familie zusammen speist, z.B. ein Osterlamm. Kinder erfreuen sich an schokoladenumhüllten Ostereiern und den traditionellen Figolla, einer Süßigkeit mit Marzipan und Zuckerguss. Es ist auch üblich, zu Freunden oder Verwandten zu gehen, um kleine Geschenke zu übergeben. Und obwohl dieser Tag die Fastenzeit beendet, wird dieser Zeitpunkt als der Beginn etwas neuem in dem Jahreskreislauf betrachtet: des Frühlings.