Sexuelle Belästigung
Mehr als zwei Drittel aller Frauen in Deutschland wurden an ihrem Arbeitsplatz schon einmal von einem Kollegen oder Vorgesetzten sexuell belästigt.Aber was versteht man eigentlich unter sexueller Belästigung, wie kommt es dazu, was für Folgen hat ein solches Erlebnis für das Opfer, wie können Außenstehende reagieren und was können Betroffene tun, um sich zu schützen und zu wehren?
Wenn man an sexuelle Belästigung denkt, glaubt man zu wissen von welcher Art Mensch diese ausgehen würde, aber in Wahrheit ist es kein böser, schmieriger Mann, den man nicht kennt. Oft geht Belästigung von Personen im nahen Umfeld aus und diese Form erschüttert Betroffene am meisten, da dadurch häufig das Vertrauen missbraucht wird, das man dieser Person geschenkt hat. Im Arbeitsalltag kommen unangebrachte Kommentare häufig von Vorgesetzten, die damit ihre Machtposition ausdrücken wollen, aber die auch in dem vermeintlichen Wissen sind, das ihre Position sie vor Konsequenzen beschützen könnte.
Unter sexueller Belästigung versteht man jedes unangebrachte, ungewollte und somit einseitige sexuell bestimmte Verhalten, welches die Würde der betroffenen Person verletzt.
Es gibt viele verschiedene Arten von sexueller Belästigung, die starke psychische und physische Folgen für Betroffene haben können. Man unterscheidet hier zwischen verbaler und nonverbaler, sowie körperlicher sexueller Belästigung. Unter die erste Form zählen sexuell anzügliche oder zweideutige Bemerkungen und Witze, als auch aufdringliche oder beleidigende Kommentare z.B. über Kleidung, Aussehen oder das Privatleben. Unangemessen sind auch Fragen mit sexuellem Inhalt, sowie Aufforderungen zu intimen oder sexuellen Handlungen. Zur nonverbalen Belästigung gehört Starren, Hinterherpfeifen, sowie das unerwünschte Zeigen von Videos oder Fotos mit sexuellem Bezug. Zu der letzten Form der körperlichen sexuellen Belästigung gehören ungewollte Berührungen, wiederholte körperliche Annäherung, körperliche Gewalt und sexualisierte Übergriffe.
Die meisten Betroffenen lassen diese Handlungen stillschweigend über sich ergehen und sagen sich, dass das alles nicht so schlimm gewesen ist, dass sie sich anstellen würden oder dass sie sich das vielleicht alles nur eingebildet hätten. Viele haben aber auch Angst, dass ihnen niemand glauben könnte oder andere die Geschehnisse herunterspielen würden.
Bei andauernder sexueller Belästigung können Bauch-und Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und Erschöpfung als körperliche Beschwerden auftreten. Hinzu kommen noch die möglichen psychischen Folgen, wie Panikattacken, Depression, anhaltende Scham- und Schuldgefühle, wahrgenommene Hilflosigkeit oder eine posttraumatische Belastungsstörung, außerdem die Gefühle von Verunsicherung und Abwertung.
Das Schlimme an sexueller Belästigung ist, dass Menschen meistens ein sehr feines Gespür dafür haben, wann sie Grenzen überschreiten und die Würde eines anderen verletzen. Somit sind die Handlungen in den meisten Fällen ein sehr bewusstes und geplantes Verhalten!
Besonders gravierend sind Taten dieser Art gegenüber Kindern und Jugendlichen, sowie Schutzbefohlenen. Hier wird ganz bewusst ein Abhängigkeits-und Vertrauensverhältnis ausgenutzt, das es den Betroffenen noch schwerer macht daraus auszubrechen. Die psychischen Auswirkungen so eines Missbrauches sind schwerwiegend und können die Entwicklung eines Kindes maßgeblich beeinträchtigen!
In den meisten Fällen sind Betroffene auf die Hilfe Außenstehender angewiesen, da es für sie oft schwierig ist, sich selbst aus diesen Situationen zu befreien. Folglich sollte jeder einzelne immer wachsam seinem Umfeld begegnen und sich trauen über Ereignisse zu sprechen, die einem merkwürdig erscheinen. Je früher eine unbeteiligte Person einschreitet und anhaltende sexuellen Missbrauch unterbindet, desto besser, damit sich die Handlungen nicht steigern und verschlimmern, sobald sich der Täter unantastbar und sicher in seiner Rolle fühlt.
Auch aus persönlicher Erfahrung aus meinem ESK kann ich über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz sprechen. Wenn man sich selbst in so einer Situation befindet, ist plötzlich nicht mehr alles schwarz und weiß. Auf einmal fällt es einem schwer die Lage zu begreifen und einzuschätzen wo und wann die Grenzen überschritten wurden. Besonders, wenn die Handlungen von einer Person ausgehen, zu der man ein Vertrauen aufgebaut hat und für die man Sympathie empfindet. Ich habe gewusst, dass irgendwas komisch und nicht richtig ist, aber ich wollte niemandem Probleme bereiten. Ich wollte es einfach aushalten und mich nicht beschweren. Ich dachte ich würde mich in irgendetwas reinsteigern. Einmal wurde es mir zu viel und ich habe einer anderen Freiwilligen von meiner Situation erzählt, mit dem Wunsch, dass sie mit niemand anderem darüber reden würde. Glücklicherweise hat sie sich Sorgen gemacht und konnte die Situation objektiver betrachten als ich und hat mit anderen Personen darüber gesprochen. Als dieser Stein ins Rollen kam, hatte ich eine sehr emotionale und beängstigende Zeit. Ich hatte keine Familie oder guten Freunde auf deren Unterstützung ich vertrauen konnte und ich habe mich elend gefühlt.
Schließlich wurde mir angeboten mein Projekt zu wechseln und ich wurde mehr unterstützt, als ich es erwartet hatte. Für mich gab es keine andere Alternative mehr, als nochmal neu anzufangen.
Aus meiner Erfahrung möchte ich nur an jeden appellieren sexuelle Belästigung ernst zu nehmen und die Ereignisse nicht runterzuspielen, sollte sich eine betroffene Person euch anvertrauen. Gefühle und persönliche Grenzen sind immer subjektiv und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Versucht Betroffene zu unterstützen, aber macht es nicht hinter ihrem Rücken, denn so wird nur ein weiteres Mal das Vertrauen dieser Personen missbraucht und man empfindet das Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust.
Sexuelle Belästigung passiert leider viel zu häufig und wird selten unterbunden. Trotzdem ist so ein Verhalten nicht zu tolerieren und in keinem Fall zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Beschwerde von sexuelle Belästigung muss immer ernst genommen werden!
Quellen:
https://www.zeit.de/arbeit/2019-04/sexuelle-belaestigung-machtmissbrauch-grenzueberschreitung-fruehwarnsystem?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/sexuelle-belaestigung
https://www.youtube.com/watch?v=w38i7Z3ATDs
Hilfe für Betroffene:
Hilfetelefon - Gewalt gegen Frauen
Telefon: 08000 116 016
Website: www.hilfetelefon.de
Wildwasser - Verein gegen sexuellen Missbrauch
Telefon: 06142/965760
Mail: info@wildwasser.de
Website: www.wildwasser.de
Mit Übersicht über Beratungsstellen aus der Region.
Weißer Ring
Telefon: 116 006
Onlineberatung (Account erforderlich)
Website: https://weisser-ring.de/
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