Schneller, freier und mit Licht
Johannson hat sich eine neue Anschaffung geleistet: ein Fahrrad. Er stellt fest, dass das auch nötig ist in einer Stadt, in der die Busse, wenn sie denn fahren, überfüllt sind.
Gestern war ich bei meiner Vermieterin, die zweite und letzte Miete zahlen. Durch ein Abstimmungsproblem fuhr sie leider zu mir und ich zu ihr, und ich wartete bei Ihrer Familie bis fast zum letzten Bus. Als ich ging fragte die Oma wann ich denn wiederkomme, jetzt bin ich eingeladen für Samstag. Natürlich, Pläne in Polen...mal schauen. Auf dem Weg nach Hause stieg ich eine Minute zu früh in eine Straßenbahn. Von dort sah ich den eigentlich erwarteten Bus kommen, überholen und um die Ecke verschwinden. Darum Lektion zwei für Zugezogene: nimm immer den Bus und nie die Tram, außer in den Stoßzeiten. Denn der Bus fährt viel schneller, wenn er denn fährt, also v. a. nachts.
Lektion drei für Zugezogene: kauf immer ein Fahrrad und gar nichts erst die Monatskarte für die Öffentlichen. Darum, hurra, habe ich endlich ein Fahrrad! Das lohnt sich für einen knappen Monat zwar kaum. Aber jetzt hat die Schule hier wieder angefangen und der Bus sich in eine nur widerwillig bewegte Wartehalle verwandelt. Darum heute ein billiges, funktionales Rad. Denn wie jeder weiß: in einer Stadt ist mit Fahrrad viel besser als mit ohne Fahrrad. Nachts, in dieser schönen Stadt, Fahrtwind im Gesicht, schnell wohin man will, was kann es besseres geben. Natürlich, Radwege in Polen... egal.
Das hat mich am lauen Sommerabend direkt zu einigen Abstechern hoch und runter einiger Flussarme verführt, über den leeren Campus der technischen Uni, in eine lang nicht mehr besuchte Kirche und am Ende wie immer in die Mleczarnia, ihres Zeichens beste Kneipe der Stadt unter der Synagoge. Die Synagoge steht in einem Hinterhof, im Hinterhof steht eine große Kastanie, unter der Kastanie sitzen wir an alten Tischen, auf jedem Tisch leuchtet im Dunkeln eine Kerze, um jede Kerze sitzen Studenten. Jeder Tisch ist besetzt und es ist laut, wohlgemerkt, es ist Dienstag. Vier Lokale sind auf dem Hof, alle fünf Meter eins, in einem spielt live Jazzmusik; kein Magdeburger würde diesen Hof je verstehen.
Letztens habe ich in der Straßenbahn die Studentin getroffen, bei der ich hier zum ersten Mal auf Wohnungsbesichtigung war. Sie fragte mich „No, i jak?“ und ich sagte „No super!“.