Schnee in Lublin II
Die Stadt ist schön und die Leute sind interessant. Johannson beschließt, seinen Besuch in Lublin über das Wochenende noch ein wenig auszudehnen.
Samstag
Samstag fuhr ich nach Majdanek, das ist gleich neben der Stadt. Leider ist das Lager selbst größtenteils für Renovierungen geschlossen. Eigentlich konnte man nur die Straße vom monströsen Denkmal zum sirenenförmigen Mausoleum laufen, wo unter einer Betonkuppel die Asche von zigtausenden Leuten liegt. Dahinter die Exekutionsgräben, daneben das Krematorium, das einzige offene Gebäude. Es war wieder bitterkalt, das Lager verschneit, die Straße überfroren...aber das passte wohl.
Zurück in der Stadt hatte ich noch Zeit für die Kathedrale, die abgesehen von fantastischen, illusionistischen Freskos und der akustischen Kapelle mit dem Kirchenschatz für polnische Verhältnisse nichts Außergewöhnliches ist. Mit der Dämmerung lief ich noch mal zum Schloss, dessen Museum Wärme und die Dreifaltigkeitskapelle versprach. Die ist wirklich spitze, klein aber übervoll mit starkfarbigen, alten Wandfreskos. Das eigentliche Museum hat vor allem die übliche Sakralkunst und viel Malerei aus der Stadtgeschichte. Nichts umwerfendes, aber zumindest sah man Kopien von Gemälden aus städtischen Kirchen, an die man entweder nicht rankommt oder die aufgrund der frühen Dunkelheit schlecht zu sehen sind.
Am späten Nachmittag bin ich noch in die Dominikanerkirche, wo etwas besonders cooles passiert ist. Einmal haben sie vor dem Altar ein großes Rohr im Boden, aus dem Heizluft in das Schiff geblasen wird. Darüber habe ich mich gesetzt wie ein Obdachloser. Dann habe ich gesehen, dass eine ältere Dame sich daran machte, die stelenartigen Opferstöcke einzusammeln. Natürlich habe ich gefragt, ob ich helfen kann, und durfte die Kisten daraufhin in die Sakristei schaffen, wo auch gerade zwei Ordensbrüder am Schaffen waren.
Dann ging es nochmal auf Eierkuchen mit Eva und etwas spazieren. Sie zeigte mir, wo sie damals wohnte, und ihren Lieblingshinterhof. Dann kundschafteten wir den jüdischen Gebetsraum für morgen aus und gingen dann ganz schnell in die warme Kneipe auf einem verschneiten, kleinen Platz etwas abseits vom Markt, auf den eine sehr süße Treppe führt. Später stießen durch Zufall noch Bekannte zu uns. Als wir da fertig waren, konnte ich die Augen vor Zigarettenqualm nicht mehr öffnen, hatte aber einen Kneipenabend fast wie in Torun hinter mir. Coole Leute, coole Stadt... schon am Freitag hatte ich beschlossen, Uni Uni sein zu lassen und meinen Aufenthalt zu verlängern.