Rollentausch
Gerade saß ich noch selber in der Klasse und jetzt stehe ich davor
Nachdem ich jetzt viel über Gott und die Welt berichtet habe, möchte ich jetzt gerne über meine eigentliche Arbeit schreiben.
Also ich arbeite in zwei Schulen: Am Montag und Dienstag in der Református Általános Iskola Balatonfüred (Reformierte Grundschule Balatonfüred) und am Mittwoch, Donnerstag und Freitag arbeite ich in der Grundschule in Nagyvázsony.
In den Schulen in helfe ich im Deutschunterricht (in Balatonfüred auch im Englischunterricht) z.B. übe ich mit den besonders guten oder den schwächsten Schülern einzelnd oder spiele kleine Spiele. Einmal habe ich sogar eine Stunde lang die vierte Klasse alleine unterrichtet, allerdings ohne Material, da die Lehrerin leider vergessen hatte, mir dieses zu schicken. Es hat aber gut geklappt.
Was mir besonders gut gefällt, ist die Abwechslung, da im ungarischen Schulsystem die Grundschule nicht vier, sondern acht Jahre lang dauert, sodass von der ersten bis zur achten Klasse alles dabei ist. Die Schule in Nagyvázsony ist eine deutsche Nationalitätenschule, das heißt, die Kinder haben schon von der ersten Klasse an fünfmal pro Woche Deutschunterricht. Deshalb sprechen viele Schüler der achten Klasse schon ganz gut deutsch.
Mittlerweile ist es schon besser geworden, allerdings finde ich es immer noch komisch, auf einmal jetzt „Lehrerin“ zu sein, im Lehrerzimmer zu sitzen und die Lehrertoilette zu benutzen. Dabei bin ich doch erst seit vier Monaten keine Schülerin mehr. Wenn ich die Hefte der Achtklässler korregiere, die nur vier Jahre jünger als ich sind, ertappe ich mich dabei, wie meine Denkweise noch mehr die einers Schülers als die eines Lehrers sind. Aber meiner Meinung nach kann man nur ein guter Lehrer sein, wenn man in der Lage ist, sich in die Schüler reinzuversetzten, von daher ist das vielleicht gar nicht mal so schlecht.
Außerdem merke ich jetzt, wie gut ich es in meiner Schulzeit hatte und wie qualitativ der Unterricht in Deutschland ist. Klar, ich hatte auch Lehrer, die ich nicht mochte und viele langweilige Stunden, aber in vielen Gesprächen mit Chiara aus Italien und den ungarischen Kindern ist mir bewusst geworden, dass es woanders viel schlechter aussieht. Zum Beispiel müssen die Achtklässler noch sehr viel auswendig lernen, um die Sätze richtig zu sagen. Meiner Meinung nach, wäre es da hilfreicher, ihnen die Regeln wirklich beizubringen, sodass sie auch ohne Auswendiglernen richtige Sätze sagen können.
Chiara ist auch der Meinung, dass das deutsche Bildungssystem um einiges besser ist als das italienische. Sie betont andauernd, wie „smart“ und „clever“ ich doch mit meinen 18 Jahren schon wäre (ich möchte sie dabei auch gar nicht stoppen :D) und wie gut mein Englisch sei. Dabei spreche ich meiner Meinung nach wie ein Siebtklässler und weiß viele Vokabeln nicht. Trotzdem danke an all meine Englischlehrer/innen, die mir anscheinend Englisch ganz gut beigebracht haben, denn immerhin kann ich schon Schülern mit Englisch helfen.
Die Schulkinder haben mit der Tatsache, dass ich sehr viel jünger als ihre Lehrer/innen bin kein Problem. Sie lassen sich gerne helfen und haben Respekt vor mir, was mir diesen Rollentausch erleichtert.