Qualitätsunterschiede der Lebensmittel in Ost- und Westeuropa
Vor meinem Freiwilligendienst in der Slowakei habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, dass ein und dasselbe Nahrungsprodukt in anderen Ländern auch eine andere Qualität haben kann. In der Slowakei und anderen osteuropäischen Ländern liefert dieses Thema jedoch täglich Gesprächsstoff.
Das Nutella schmeckt in Österreich cremiger, die Pepsi ist in Tschechien mit Sirup anstatt mit echtem Zucker gesüßt und in der Slowakei enthält die Wurst weniger Fleisch, aber dafür mehr Wasser und Fett, verglichen zu westlichen Produkten der gleichen Marke. In einer Studie des slowakischen Agrarministeriums wurden in der Slowakei allein 22 Produkte nachgewiesen, die von der Qualität derselben Produkte in den westlichen Ländern abweichen. Doch bei geringerer Qualität werden die Markenprodukte von Nutella und Co. in den osteuropäischen Ländern troztdem zum gleichen Preis, wenn nicht sogar noch teurer wie das Original verkauft.
Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei haben die Nase voll und sind daher mit der Forderung: Einheitliche Lebensmittel für alle EU-Bürger, im März 2017 vor die EU-Kommission in Brüssel getreten. Diese blockt allerdings ab mit dem Argument: Solange die richtigen Inhaltsstoffe auf der Verpackung angegeben sind, ist das nicht rechstwidrig. Und auch die großen Konzerne sehen keine Schuld, sie behaupten ihre Produkte sind den Geschmäckern und Vorlieben in den unterschiedlichen Ländern angepasst. Mir stellt sich dann nur die Frage, warum gerade zufällig die osteuropäischen Produkte mehr Wasser, Fett,... enthalten, wodurch die Produktionskosten logischerweise gesenkt werden.
Viele Slowaken und auch Tschechen, die in Grenznähe wohnen bevorzugen daher ihre Großeinkäufe in Deutschland oder Österreich zu erledigen. In der slowakischen Zeitung gibt es sogar häufig Artikel welche Lebensmitteprodukte in Österreich zu einem niedrigeren Preis zu erwerben sind.
Im Allgemeinen sind die Lebensmittelpreise in der Slowakei nicht erheblich geringer als in Deutschland, was eigentlich zu erwarten wäre. Im Gegenteil, die Lebensmittelpreise sind gleichzusetzen mit denen in Deutschland und importierte Produkte wie beispielsweise Milka-Schokolade sind in der Slowakei teurer. Wer wenig bezahlen möchte, muss lokale Produkte in einem Potraviny (kleines Lebensmittelgeschäft) einkaufen. Hier sind die Produkte zudem teilweise billiger als in den Supermärkten, was für mich auch sehr überraschend war. Leider kämpft die slowakische Landwirtschaft noch mit der Öffnung in den Westen: Gegen die großen Konzerne aus dem Westen hatten Familien- und mittelständische Betriebe aus den Oststaaten keine Chance. Auch wenn die Landwirtschaft im Osten der Slowakei immer noch ein großer Arbeitgeber ist, müssen als Folge der Überflutung des Lebensmittelmarktes durch westliche Konzerne nun viele Produkte nach Osteuropa importiert werden, was hohe Kosten und Preise mit sich zieht.
Hier ist auf jeden Fall eine Änderung in der Denkweise der Deutschen Agrarproduktion notwendig. Aktuell wird auf Massenproduktion gesetzt, die den Aspekt der Qualität außer Acht lässt. Dabei exportieren wir den größten Teil der Lebensmittel. Im Jahre 2016 ist der Pro-Kopf-Fleischkonsum der Deutschen auf 88,03 kg im Jahr um 1,83 kg zum Vorjahr gesunken, die Fleischproduktion jedoch auf 8,25 Millionen Tonnen gestiegen. Anders wie in den meisten Wirtschaftszweigen kann Deutschland hier nicht mit dem Qualitätsvorteil punkten. Es ist zu hoffen, dass wir uns in diesem Punkt ein Beispiel an Holland oder Frankreich nehmen.