Puurmani Loss oder die Welt ist klein
Eine kleine Anekdote
Bei unser Fahrt von Tallinn nach Põltsamaa sind wir an einem ehemalugen Herrenhaus vorbeigekommen, das ursprünglich deutschen Adligen gehörte, aber nun als Schule genutzt wird. Eigentlich wollte nur Papa anhalten, aber ich bin dann irgendwann doch auch aus dem Auto ausgestiegen.
Von außen sah es doch ganz pompös aus und wir wollten auch einmal einen kurzen Blick hinein werfen. Als wir eigentlich schon wieder hinaus wollten, hat uns eine Dame angesprochen, die dort anscheinend als Lehrerin arbeitete. Sie hat gefragt, warum wir dort seien, und als ich ihr antwortete, dass wir uns nur ein bisschen umgucken wollten, hat sie uns eine kleine persönliche Führung gegeben, in der sie erlaütert hat, was die Zimmer früher einmal waren, was an Ausstattung noch Original ist und was geändert bzw. ausgetauscht wurde, teils aus ästethischen Gründen, teils aus praktischen. Das Direktorzimmer im Eckturm war sehr pompös eingerichtet mit einem schweren Schreibtisch und der Mittelstütze der ursprünglischen kleinen Wendeltreppe, die aber aus Kosten- und Platzgründen nicht wieder aufgebaut wurde.
Auch den Teil des Schlosses, der eigentlich Museum ist, hat sie uns gezeigt. Dort befanden sich die ehemaligen Räume des Grafen, während die der Gräfin das Lehrerzimmer und einige Klassenzimmer bildeten.
Dazu hat sie noch eine kleine Anekdote zählt, denn es gab ein Eckzimmer, welches nur Fenster nach Norden hatte und somit sehr dunkel war, worüber sich auch schon von Schülern beschwert wurde. Man sagt, dass die Gräfin sich immer in dieses Zimmer zurückgezogen hat, wenn der Graf nachts zu laut schnarchte, da sie in diesem Zimmer noch gut schlafen konnte, auch nachdem die Sonne schon aufgegangen war.
Ihr persönlicher Lieblingsraum war aber der Kerker, der hinter einer massiven Eisentür verborgen war, welche durch ihre kunstvolle Bemalung als Holztür getarnt war. Der Restaurateur, der dieses Kunstwerk vollbracht hat, war wohl mehrere Tage damit beschäftigt, mit Kamm, feinen Pinseln und ganz viel Geduld.
Als unsere Führung dann zu Ende ging, weil sie doch nach Hause wollte, hat sie noch gefragt, woher wir eigentlich kommen und was wir hier in Estland machen. So hat sich dann rausgestellt, dass sie Mutter einer Arbeiterin in Maarja Küla und Stiefmutter einer anderen Arbeiterin ist, die Welt ist doch klein! Wir haben uns sehr bedankt und sind dann alle glücklich und zufrieden zu unseren Autos zurück, Papa und ich haben noch eine Runde ums Haus gedreht. Die Frauen hatten all das im Auto verschlafen...