Privatsphäre, wer braucht die schon?!
Ab wann wird die Videoüberwachung zur Verletzung der Privatsphäre?
Im Allgemeinen wird in Italien sehr großer Wert auf Sicherheit gelegt. So werden die Eingänge von Banken beispielsweise nicht selten zusätzlich von einem privaten Sicherheitsdienst beaufsichtigt, in meiner Stadt stehen zwei bewaffnete Polizisten tagsüber vor den Türen des wichtigsten Geldinstituts. Was aber, wenn sich die Sicherheitsmaßnahmen und der Schutz der Privatsphäre nicht besonders gut vertragen?
„Area videosorvegliata“ (videoüberwachte Zone), ein Schild mit dieser Aufschrift findet sich an vielen Ecken in Italien. Um nicht zu sagen in der Nähe von fast allen öffentlichen Plätzen. Die Kameras sollen vor allem dort für mehr Sicherheit sorgen, wo die örtliche Polizei nicht permanent präsent sein kann. Sie ist es auch, die die Überwachung letztendlich vornimmt.
Unumstritten ist sie aber nicht. Ist diese Überwachung, wenn auch mit dem Ziel, mehr Sicherheit garantieren zu können, nicht immer auch ein Eindringen in meine Privatsphäre? Oft wird ihr auch unterstellt, so die Bürger kontrollieren zu wollen. Denn der Großteil der gefilmten Personen sind keine Kriminellen und trotzdem werden sie automatisch mitverdächtigt, es früher oder später zu werden. Und unabhängig von den Absichten der Gefilmten, das Gefühl, ständig beobachtet zu werden, mag wohl keiner besonders gerne. Jedoch sind die meisten Menschen in Italien schon mehr daran gewöhnt als wir es sind. Sind Polizeibeamte persönlich anwesend, ist es doch anders; man weiß, wen man vor sich hat. Wer hinter einer Kamera sitzt, können wir nicht einmal erahnen. Allerdings wollen wir alle uns auch im Alltag sicher fühlen und die Überwachungsanlagen können die Kriminalität verringern und in einigen Fällen wichtige Beweise liefern.
Als Bürger stehen die Italiener wie auch wir in Deutschland vor der Frage, inwiefern wir bereit sind, auf unsere Privatsphäre zu verzichten, wenn die Maßnahmen zur öffentlichen Sicherheit beitragen. Das bedeutet, dass eine verhältnismäßige Videoüberwachung eine akzeptable und zugleich wirklich nützliche Unterstützung der Polizei sein kann. Deshalb kann ich mich damit abfinden, an kritischen Stellen in der Stadt oder in der U-Bahn gefilmt zu werden, um dadurch indirekt dazu beizutragen, dass Diebstähle oder Schlägereien aufgeklärt werden können. Die Betonung liegt hierbei aber auf „verhältnismäßig“. Nicht jeder Platz und jede Straßen müssen meiner Meinung nach mit Kameras ausgestattet sein. Wenn ich abends meinen Tagesablauf beinahe lückenlos aufgezeichnet nachverfolgen könnte, hat das vermutlich nur noch wenig mit Schutz zu tun und das Wort „Überwachung“ hat einen unangenehmen Beigeschmack.