Polnischer Schabernak - Wie man hier Karneval feiert
Karneval in Polen ist sehr vielseitig. Ob auf dem Land, in der Stadt oder in den Bergen, überall wird diese fröhliche Zeit unterschiedlich gefeiert. Von Sternensängern, Narren, gruseligen Gestalten bis zu prächtigen Maskenbällen und seltsamen Traditionen ist alles dabei. Aber lest selbst.
In einem Haus im polnischen Schlesien sitzen Frau und Herr Feruga am Abendbrottisch. Es klingelt an der Tür. Sie öffnet, woraufhin ein dutzend Narren ihre Wohnung stürmen. Man zwingt die völlig verwirrte Frau, mit einem Bären zu tanzen. Währenddessen geht ihr hoffnungslos untergebener Mann den Wodka aus dem Keller holen. Die Narren haben es sich schon am Tisch gemütlich gemacht. Mit neckischen Grinsen beobachten sie die Tanzenden und erwarten freudig ihre Wodka Shots...
Der Karneval in Polen hat viele Gesichter. Ob traditionell, familiär, verrückt oder niveauvoll; alles tanzt, singt und feiert in der fröhlichen fünften Jahreszeit. Die Anfänge lassen sich Jahrhunderte in der Vergangenheit ausmachen. An den Höfen der Adeligen fanden prunkvolle Bälle statt, auf dem Land schmückten deftige Speisen den Tisch. Tanz und Gesang durfte natürlich nirgendwo fehlen. In den Dörfern ziehen noch heute Vereine und Familien los auf die Straße, um sich gemeinsam verkleidet einem Karnevalsumzug anzuschließen. Die Sternensänger, bestehend aus Engel, Tod/Teufel, Bauer und Edelmann gehen von Tür zu Tür, sammeln Geld und verteilen dafür den Haussegen. Schon seit dem sechsten Januar ziehen die Narren mit bunten Kostümen und abschreckenden Masken in den ländlichen Regionen umher.
Möchte man sich heute auf die Spuren der polnischen Geschichte des Karnevals begeben, sollte man den in den Tatra lebenden Garolen einen Besuch abstatten. Traut man sich während dieser Zeit mit seinem Auto in diese Gegend nahe Zakopane, kann es einem durchaus passieren, dass man angehalten und abkassiert wird. Aber nicht von Polizisten, nein. Narren, in bunten Kostümen und mit gruseligen Masken fordern ihren Anteil. Hat man als Autofahrer diese erste Hürde überwunden, wird man mit einer vielfältigen und bunten Parade und anschließenden zahlreichen Konzerten von Sternsingern und Auftritten von vielen verschiedenen Tanzgruppen belohnt. In Scharen reisen diese an, um an dem sehr bekannten Wettstreit dieses Ortes teilzunehmen.
Eine bestimmte Vorstellung darf man auf keinen Fall verpassen; den „Taniec Zbojnicki“, den Räubertanz. Auf den ersten Eindruck ist dieser etwas beängstigend, denn die Goralen tragen nicht nur ihre traditionelle Kleidung am Körper, sondern jeweils ein Beil bei sich! Die Provokation des Zuschauers ist bewusst gewollt und hat ihren Ursprung in der Vergangenheit, wo ihre Beziehung zu der Obrigkeit oft konfliktreich war. Zur Tradition gehören auch Pferdeschlittenfahrten (Kumoterki). Früher hatte dies einen ganz praktischen Grund; man wollte den Familien die Möglichkeit geben, sich gegenseitig zu besuchen, um gemeinsam Karneval zu feiern. Heute gibt als zahlreiche Anbieter für Touristen, die ihre Schlittentouren mit abschließendem Bigos (polnisches Nationalgericht aus Sauerkraut und Fleisch) am Lagerfeuer anpreisen.
Vor der Fastenzeit gibt es in Polen zwei Warnstufen. Der letzte Dienstag hat hier eine besondere Bedeutung. Die „Heringsfeier“ kündigt nämlich das baldige Fasten an. Hier wird, wie der Name schon vermuten lässt, Hering in verschiedensten Variationen serviert. Warnstufe rot ist dann der „Fette Donnerstag.“
Mein Mitbewohner und ich laufen über den Rathausplatz, als er die bunte „Cukiernia“ erblickt. An einem Tag würden sich hier unzählige Menschen versammeln, meinte er. Er bemerkte meinen verwunderten Gesichtsausdruck und erzählte weiter; am „Fetten Donnerstag“ gibt es ellenlange Schlangen vor der Bäckerei, weil alle Polen so viele Krapfen wie möglich essen müssen. Warum sie das tun? Je mehr sie davon zu sich nehmen, desto gesegneter soll das nächste Jahr werden, so glaubt man. Einige behaupten sogar, dass Krapfen an diesem besonderen Tag nicht dick machen könnten. Das Gebäck kann Paczki oder Purcli genannt werden. Des Weiteren isst man die sogenannten „Faworki“ (Liebesschleifen). Hierfür werden Teigstreifen in der Mitte eingeschnitten, in Fett gebacken und anschließend mit Puderzucker bestreut.
In den Städten trifft man sich bei privat organisierten Feten. Dort erscheinen alle im Kostüm und es wird viel getanzt. Die Oper veranstaltet in der Karnevalszeit exorbitante Tanzbälle. Am populärsten sind die Bälle in der Krakauer Oper oder in Danzig. Im Anschluss an die Vorstellung haben die Gäste die Möglichkeit, den Abend mit einem Vier-Gänge-Menü fortzusetzen, um dann bei Live-Musik das Tanzbein zu schwingen, bis der Morgen graut. Tanzabende, Valentinsbälle und Maskenbälle in Hotels locken jedes Jahr Touristen nach Polen.
In den Dörfern Oberschlesiens ist der Brauch des „Bärenführens“ noch aktuell. Im Oppelner Schlesien zum Beispiel, kann es einem also durchaus passieren, dass ein Bär vor der Tür steht und Narren das Haus einnehmen. Doch warum das alles? Das Böse soll vertrieben werden. Und dies ist jedes Jahr erfolgreich, wenn der Ursprung allen Übels schließlich in dem Bären gefunden und über ihn Gericht gehalten wird. Also muss man sich wegen des Bösen keine Sorgen mehr machen - Happy Karneval euch allen!
Hier kann man sich den Räubertanz auf Youtube ansehen:
https://www.youtube.com/watch?v=F_BDLYAfg7w
Meine Quellen sind (recherchiert am 31.01.18):
http://www.das-polen-magazin.de/karneval-in-polen/
http://www.info-polen.com/traditionen/neujahr/
http://polnisch-in-allen-lebenslagen.de/2018/01/karneval-in-polen/
https://www.polen.travel/de-at/willkommen-in-polen/die-karnevalszeit-in-polen
https://de.wikipedia.org/wiki/Karneval,_Fastnacht_und_Fasching#Europa