Placinte - Eine moldawische Köstlichkeit
"Jeder, der im Ausland gelebt hat oder lebt, sollte sich um einen intensiven Einblick in örtliche Köstlichkeiten verschaffen." Lockenjule macht es vor und präsentiert ein ganz besonderes Rezept: Placinte!
Placinte
Jeder, der im Ausland gelebt hat oder lebt, sollte sich um einen intensiven Einblick in örtliche Köstlichkeiten verschaffen. Dieser Einblick hat mir zwei Kilo mehr Hintern und Hüfte sowie einen äußerst ungesunden Essrhythmus verschafft. Aber egal, im Ausland werden bekanntlich alle fetter.
Damit der interessierte Multikultigourmet aber auch noch nach seinem Auslandsaufenthalt etwas vom innig genossenen ausländischen Essen hat, muss er entweder reich sein und sich einen schwarz arbeitenden Koch mitbringen oder aber… selbst lernen, die Dinge zu kochen. Ich selbst habe mich für die zweite Variante entschieden, da in meinen Koffern zu wenig Platz für einen illegal mitgeführten Menschen über 1,40 m ist.
Am Sonntag widmeten Rosi und ich uns also zusammen mit zwei jungen Moldawierinnen nebst einer anderen Freiwilligen dem Placinte-Backen. Placinte, das sind lange Blätterteigrollen mit den verschiedensten Füllungen. Wir füllten mit Kürbis, Lauchzwiebeln, Äpfeln, Brinza (Schafskäse nur eben von der Kuh) und natürlich Kohl.
Bevor wir losbacken konnten, ging’s erst mal ab auf den Markt und umso billig, viel, und hausgemacht wie möglich einzukaufen. Wir kauften für ca. 12 Personen ein, die alle eigentlich noch kommen wollten. Im Endeffekt waren wir sechs Esser… und konnten so noch schön was für befreundete Freiwillige, Moldawier und uns selbst für die nächsten sechs Wochen mitnehmen.
Als wir alle Tüten vom Markt nach Hause geschleppt hatten, standen folgende Sachen zur Verarbeitung auf dem Tisch (Achtung, ganz ausgefuchste Überleitung zum Rezeptteil… für alle die es mal nachkochen wollen, wenn ca. 8 Personen kommen)
- 3 Kilo Mehl
- 1 große Flasche Sonnenblumenöl
- Essig
- Trinkwasser
- 6 Eier
- 500 g Zucker
- Ein Viertel Kürbis, welcher zerrieben werden muss (danach hat man Armmuskeln!)
- Zwei Kilo Äpfel, die jene Konsistenz erreichen sollen, in welcher man sie bei Durchfall verabreicht bekommt (gerieben)
- Ein halber Kohl, der in dünne Streifen mutieren soll
- Zwei Bund Lauchzwiebeln, die sich in schmale Ringe verwandelten
- 1 Kilo Brinza, für den armen Deutschen gern auch Schafskäse
- Drei Bund Dill, denn den macht man hier überall ran, egal ob es passt oder nicht
- Salz und Piper negru, das ist nicht etwa eine moldawische Laubenpieperart, nein, es ist schwarzer Pfeffer
- Moldawische Jauchz-und-Hops-Musik für mindestens drei Stunden
Mit gesammeltem Enthusiasmus machten wir uns also ans Werk. Als die ersten Placinte-Zöpfe dann im Ofen lagen (ca. 2,5 Stunden später) hatte Rosi vor Hunger schon ein halbes Weißbrot mit Nutella aufgefuttert, die Küche sah auf gut deutsch aus wie sau, die Hälfte der Füllungen war noch übrig (das hab ich bei obigen Angaben schon abgezogen, das sind also die richtigen Mengen).
Mir war schlecht, weil ich die ganze Zeit durcheinander Teig, Kohl, Äpfel und Kuhkäse gekostet hatte. Eine Moldawierin spürte vor lauter Kürbisreiben ihr Handgelenk nicht mehr (aber das Gefühl kommt nach ein, zwei Stunden wieder, keine Angst :D) und die andere Freiwillige hatte sich nach 1,5 Stunden zum Haarewaschen verzogen, weil es ihr zu langweilig geworden war. Zum Schluss haben eigentlich nur noch Rosi und ich tapfer ausgerollt und gefüllt.
So. Für alle, die jetzt immer noch backen wollen (zu zweit arbeiten sei dringend empfohlen!), hier noch mal die Zubereitung für Placinte mit Kürbisfüllung, Apfelfüllung, Lauchzweibelfüllung, Kohlfüllung, Brinzafüllung:
1. Musik anschalten
2. Nicht erschrecken, das muss so klingen.
3. Äpfel und Kürbis schneiden und Reiben; beide Breie zuckern
4. Ca. 2 Kilo Mehl in eine Schüssel geben, dazu einen EL Essig und einen EL Öl; nach und nach Wasser hinzugeben und durchkneten, bis ein nicht mehr klebender Teig entsteht
5. Etwa B-Körbchen-große Kugel formen (tolle Beschreibung, ne?), etwas platt drücken und unter einem Handtuch schlafen legen
6. Lauch schneiden und mit einem Ei und Dill, Salz & Pfeffer mischen
7. Brinza durchrühren und mit einem Ei und Dill, Salz & Pfeffer mischen
8. Kohl schneiden und… ratet mal mit was… einem Ei und Dill, Salz & Pfeffer mischen
9. Die Teigkugeln wecken
10. Eine große freie Fläche mit Mehl bestäuben, Hände bestäuben, Nudelholz bestäuben, alles bestäuben
11. Teig so breit und dünn wie möglich ausrollen; dann Teig zu zweit in die Handnehmen und breit ziehen, bis es nicht mehr dünner geht
12. Die hauchdünne Teigfläche vollkommen mit Öl bestreichen, nochmals ziehen; dann auf die Hälfte der Größe umklappen (also quasi in der Mitte falten, an der Spiegelachse, ma erinnere sich an Mathematik 4. Klasse zweites Halbjahr)
13. Den umgeklappten Teig oben nochmals mit Öl bestreichen, dann etwa fingerdick (jaaa, nicht meine Finger, das reicht für drei Rollen, sondern die von Marie zum Beispiel) mit einer der Füllungen belegen
14. Teig von der runden Seite aus (also nicht die Falt-Kante) hin zur Falt-Kante zusammenrollen wie einen Wrap; dann entweder als lange Wurst lassen oder zum Zopf verschlingen; auf jeden Fall aber die Enden verschließen, sonst läuft die ganz Soße nämlich raus.
15. Den Ofen vorheizen (bedeutet bei uns, das Gasflämmchen anzünden….. ich wünsche allen, dass sie einen Elektroherd haben) auf so, na ich sag mal mittlere Hitze
16. Die restlichen zwei Eier aufschlagen, verrühren und über die fertigen Zöpfe streichen… damit die auch hübsch braun und knusprig werden.
17. Die Zöpfe auf ein Blech mit Öl-Fußbad legen und für 40 Minuten bis eine Stunde ins Solarium schicken
18. Fertig sind die Damen und Herren, wenn sie oben knusprig hellbraun sind und der Teig innen nicht mehr ganz so matschig ist
19. Dann kurz etwas kühlen lassen und in breite Streifen scheiden (so gut das geht und es geht eigentlich irgendwie nicht.)
20. Ein kleiner Tipp vom Naschkätzchen: Die Mit Kürbis und Apfel gefüllten Placinte mit Vanillesoße begießen und Zucker bestreuen… hmmmmm
21. Noch ein Tipp: wem das herzhafte nicht schmeckt, einfach so viel Ketchup raufmachen, bis man es nicht mehr merkt. :)
Nach dem Schmaus war uns allen schlecht und wir konnten nur noch durch die Küche rollen. Aber es hat alles geschmeckt, alle sind satt geworden, und wer es selbst nicht probieren will, darf im Sommer gern mal bei mir anrufen und sich von mir zum Placinte-Essen einladen lassen!
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