Per Anhalter durch Rumänien
Henderson ist mit Freunden für eine Woche in Rumänien unterwegs und reist per Anhalter von Ort zu Ort. Sie schildert, was dabei passiert ist, und warum doch alles anders kommt, als man zuerst plant.
Für eine Woche wurden die Rucksäcke gepackt und los ging es auf eine Reise kreuz und quer durch Rumänien. Die ungefähre Route haben wir uns zusammen mit Florin ausgedacht.
Wir wollten zuerst in den Norden und von dort weiter östlich. Dann wieder in die Mitte von Rumänien und zurück nach Arad. Insgesamt eine Strecke von etwa XXX km.
Fortbewegen wollten wir uns per Anhalter und pennen in irgendwelchen billigen Hostels, bei Gastfamilien oder auch im Zelt. Soweit der Plan. Die Umsetzung war dann aber doch ein wenig anders...
08.09.2008
Am Montag starteten wir unsere Reise. Zuerst sollte es nach Oradea gehen. Eine schöne Stadt etwa 120 km nördlich von Arad. Den Weg dorthin ging es per Anhalter. Mussten kaum warten und netterweise auch nichts bezahlen. Eigentlich wollten wir uns noch in Arad vom Millennium Center ein Zelt ausleihen, doch das Zelt war nicht auffindbar. Damit war unsere letzte Schlafoption abgehakt. Wir mussten also jede Nacht ein Hostel finden. Als Alternative gibt es natürlich immer noch Kirchen und Banken. Die Banken mussten wir aber leider nach kurzer Zeit auch abhaken. Die Bankautomaten sind außerhalb der Bank. Man kann also nicht in den warmen Vorraum gelangen. Also blieb nur noch die Kirche übrig. Eine nicht so tolle Alternative.
Ohne Zelt ging es dann also mit einem kleinen Zwischenstopp nach Oradea. Dort haben wir uns dann die Stadt angeguckt. Es gibt einige schöne Gebäude und eine nette Altstadt. Natürlich, wie überall, gab es auch hier großen Kirchen zu bestaunen. Um etwa 18:00 Uhr haben wir uns dann überlegt, dass wir doch noch gerne zu unserer nächsten geplanten Stadt reisen wollten. Dort dann irgendein Hostel finden und morgens die Stadt angucken. So weit so gut.
Da gab es aber zwei kleine Probleme. Zum einen muss man, um ein Auto zu finden, an der richtigen Straße stehen. Das wurde ein wenig erschwert, weil wir die Straßenbahn einfach mal in die falsche Richtung genommen haben. Dadurch wurde es immer später. Daraus ergab sich auch das zweite Problem: Es gibt um diese Uhrzeit kaum Autos, die einen mitnehmen. Vor allem für eine Strecke von etwa 100 km. Trotzdem versuchten wir unser Glück und packten unser Schild aus. Nach einer halben Stunde wurden wir von den ersten privaten Taxifahrern angelabert. Aber wir wollten ja nichts bezahlen. Also weiterwarten. Irgendwann hielt dann doch ein junges Ehepaar. Die beiden haben uns dann mitgenommen. Glücklicherweise sprachen beide Englisch. Wir haben uns also nett unterhalten. Auf die Frage, was denn in Satu Mare, unser Ziel, schön sein, kam nur ein "gar nichts"…
Das führte dazu, dass wir noch ein wenig weiter mit ihnen fahren wollten. Die beiden fuhren bis Maramures. Ein Gebiet im Norden, das wir sowieso besuchen wollten. Also schnell umgeplant und auf nach Maramures. Die ganze Fahrt dauerte vier Stunden, während der wir uns sehr nett unterhalten und sogar selbstgebackene Pizza und Fanta ausgegeben bekommen haben! Das war echt ein All-inklusive-hitchhiking. Am Ende haben die beiden uns dann noch geholfen, ein Zimmer in einer Pension zu bekommen. War eigentlich ein wenig zu teuer für uns, aber in Anbetracht der späten Zeit hatten wir keine wirkliche Alternative.
Dann wurden noch Handynummern ausgetauscht und es wurde sich verabschiedet. Wir sollen uns auf jeden Fall melden, wenn wir mal wieder nach Oradea kommen. Dann treffen wir uns nochmal und sie zeigen uns die Stadt und die umliegenden Höhlen!
09.09.2008
Am Morgen stellten wir überraschst fest, das wir in einer vier Sterne Pension gelandet sind. Was auch den stolzen Preis von insgesamt 150 Lei für alle erklärt. Ok, umgerechnet musste dann jeder 14 € bezahlen. Natürlich inklusive einem genialen Frühstück. Aber das war trotzdem teuer!
Gestärkt ging es dann los sich Segeht, die Stadt, in der wir gelandet waren, angucken. Eine wirklich sehr schöne kleine Stadt, mit einigen schönen Kirchen. Dann fuhren wir wieder ein Stück zurück, um uns den fröhlichen Friedhof anzugucken. Ein Friedhof, in dem die Grabsteine aus blauen Holzkreuzen bestehen. Alle sehr schön geschnitzt und mit einem Bild von einem entscheidenden Augenblick aus dem Leben des Toten. So wurden auf einigen ein Autounfall gezeigt, oder die Familie, oder auch einfach nur ein vor dem Fernseher hockender Mensch. Unter dem Bild war dann zu jedem Toten noch ein kleiner Text. Dieser beinhaltet Anekdoten aus dem Leben, ironische Stücke, oder auch kleine Seitenhiebe auf die Witwe. Also keine Spur von der sonst normalen traurigen Stimmung. Leider ist der Friedhof zu einer richtigen Touristenattraktion geworden. Von einer richtigen Totenruhe kann man also nicht mehr sprechen.
In der Nähe des Friedhofs gibt es noch eine Holzkirche, die den höchsten Holzturm in Europa hat. Die musste natürlich auch noch besichtigt werden! Und sie hielt, was wir uns von ihr versprochen haben: Die Kirche war wirklich sehr schön und wir haben sie ausgiebig beschaut und erkundet.
Danach sollte es dann möglichst nach Borsa gehen. Ein Kurort, der wohl sehr ausgiebig zum Skifahren genutzt wird. Dazu wollten wir erst zurück nach Segeht fahren und dann von dort aus versuchen, nach Borsa zu kommen. Aber der Zufall wollte es anders. Das ältere Ehepaar, das uns mitgenommen hat, war auch auf einer Reise durch Rumänien. Ihr nächster Stopp war zufälligerweise in Borsa. Netterweise haben sie uns dann auch ganz mit dahin genommen. Unsere Kommunikation wurde ein wenig dadurch erschwert, dass die beiden nur Rumänisch reden konnten. Trotzdem wurde in einer kleinen Zigarettenpause die Reiserouten ausgetauscht. Die beiden waren schon ein wenig länger unterwegs und reisen durch wirklich ganz Rumänien.
In Borsa angekommen, wurden wir erstmal ein wenig enttäuscht. Der Ort war irgendwie verdammt heruntergekommen und von einem oft besuchten Kurort war nichts zu sehen. Na ja, die Nacht wollten wir dann trotzdem hier verbringen und erkundigten uns deshalb nach einem Hostel. Dadurch gelangten wir zu einem Hotel, das ganz klar nicht unsere Preiskategorie war. Also weiter erkundigen. Dadurch erfuhren wir, dass es noch einen Abschnitt gibt, der ein wenig weiter im Norden liegt.
Das so genannte Baia Borsa sollte der richtige Touristenort sein. In der Hoffnung, dort irgendetwas zu finden, ging es dann dorthin. Unser Fahrer erkundigte sich dann auch dort gleich, ob es irgendwas gibt. Doch nach den Aussagen der Gefragten, gab es hier auch kein Hotel. Also entschieden wir uns, wieder zurückzufahren und in Borsa weiterzusuchen. Vielleicht hatten wir ja irgendwas übersehen.
Zurück ging es in einem Transporter. Mia und ich durften es uns hinten in dem Ladebereich bequem machen. Die Fahrt dauerte aber nicht sehr lange. Der Fahrer hat in England gelebt und deshalb richtig gut Englisch gesprochen. Mit seiner Hilfe bekamen wir ein Zimmer in einer privaten Unterkunft. Die war billig und sauber. Wir durften sogar die Küche benutzen. Den Abend haben wir dann noch mit der gemütlich Planung für den nächsten Reisetag ausklingen lassen.
10.09.2008
Heute sollte es nach Vata Dornei gehen. Eine Stadt in Moldavien mit einigen schönen Klöstern um sie herum. Doch die Strecke per Anhalter zu bewältigen, stellte sich als schwieriger heraus, als wir gedacht hatten. Die Strecke ging durch die Berge und war nicht so stark befahren. Zuerst wurden wir von einem mitgenommen, der uns nur ein kleines Stück mitnehmen konnte. Im Grunde nur bis kurz hinter Borsa. Wir hatten verstanden, dass es uns nicht ganz bis nach Vata Dornei bringen konnte, sondern nur bis kurz davor. Leider war das völlig falsch und wir standen in einem kleinen Dorf, in dem in 5 Minuten 3 Autos vorbeifuhren. Dort standen und standen wir dann.
Irgendwann gesellte sich eine ältere Frau zu uns. Nach einiger Zeit verstand sie, wo wir hinwollten (okay, nicht wirklich schwer, mit einem riesigen Schild mit Vata Dornei drauf). Mit ihrer Hilfe wurden zwei Arbeiter dazu überredet, uns zumindest ein Stückchen weiter zu bringen. Dadurch gelangten wir bis nach Tisa. Ein immer noch kleiner Ort, in dem kaum Autos fuhren. Allerdings gab es einen Fornettiladen! Wir konnten uns also mit Fornetti (kleinen Blätterteiggebäcke mit Füllung) stärken und weiterhoffen. Dort trafen wir auch eine Gruppe von anderen Jugendlichen aus Polen und Spanien. Sie waren mit dem Fahrrad unterwegs und wollten noch die Strecke schaffen, die wir bis dahin hinter uns gebracht haben. Die hatten bestimmt einige Mühen, bei den Bergen…
Irgendwann hielt dann doch noch ein Auto an! Es waren zwar eigentlich nur noch zwei Plätze frei, es wurde aber gequetscht und ein wenig überladen wurden die 40 km nach Vata Dornei in Angriff genommen. Dort erkundigten wir uns erstmal nach einem Zug nach Brasov. Die Strecke von grob 500 km wollten wir lieber mit dem Zug fahren. Dann ging es auf in die Stadt zur Besichtigungstour. So richtig schön war die Stadt aber nicht. Also noch fix was zu kochen besorgt und ab zu einem Kloster. Dort wollten wir die Nacht verbringen. Das Kloster sah von außen richtig schön aus. Alles aus Holz und richtig genial bearbeitet. Doch unsere anfängliche Euphorie wurde schnell gestoppt. Wir wollten uns irgendwie anmelden und nach einem Zimmer fragen. Dazu wurden wir zu einem Haus geschickt. Berta betrat dieses dann als erste. Nach 30 Sekunden kam sie völlig geschockt wieder heraus. Auf dem Tisch im Essensraum lag ein Toter, mit einer davor betenden Nonne! Dass es hier einen Toten gibt, ist ja an sich kein Problem. Aber warum muss der mitten im Esssaal auf dem Tisch liegen!?
Nachdem wir uns einigermaßen von dem Schock erholt hatten, ging es dann zu unseren Zimmer. Das war wie ein Hotelzimmer. Wir fragten, ob wir uns in der Küche etwas kochen durften und relaxten dann erstmal. Nach der Aussage dieser Nonne sollte es eigentlich kein Problem sein, wenn wir uns etwas zu essen machen. Allerdings stellte sich das Gegenteil heraus. Wir durften doch nicht in die Küche. Nach einigen recht erfolglosen Kommunikationsversuchen verstanden wir dann, dass die Nonnen unser Essen kochen wollten. Das kam uns zwar komisch vor, akzeptierten wir aber.
Wir sollten einfach um sieben noch mal kommen und dann wäre es fertig. Leider war es um sieben doch noch nicht fertig. Also warteten wir vor dem Gebäude. Nach einiger Zeit kam eine Nonne heraus: einer sollte ihr folgen, um unser Essen zu kochen. Es durfte aber wirklich nur einer mit!
Mia ist dann rein und hat gekocht. Allerdings war eine der zwei anwesenden Nonnen die ganze Zeit verdammt sauer. Die andere Nonne hat sich dauernd bekreuzigt, wenn die andere Nonne geredet hat. Trotzdem wurde das Essen bald fertig und wir konnten möglichst schnell wieder in unser Zimmer abhauen.
Wir haben uns dort mit Bestimmtheit einfach völlig falsch benommen. Aber wir wusste es einfach nicht besser. Mit tut das auch echt Leid, aber wir wussten es einfach nicht besser. Wir konnten ja auch nicht so richtig mit den Nonnen kommunizieren. Sie konnten uns also nicht erzählen, was wir falsch machen. Alles in allem eine sehr unbefriedigende Nacht, nach der wir froh waren, möglichst schnell wieder wegzukommen.
11.09.2008
An dem Tag ging es verdammt früh los. Schon um sechs Uhr morgens fuhren wir mit einem Taxi zum Bahnhof, um dann nach Brasov zu kommen. Die Fahrt dauerte grob 13 Stunden und war nicht so mega angenehm. Wir mussten auf der ganzen Strecke nur einmal umsteigen und hatten dementsprechend wenige Möglichkeiten, uns etwas zu essen und trinken zu besorgen. Natürlich hatten wir uns das gestern noch nicht überlegt und nichts vorrätig eingekauft…
Trotzdem gingen die Stunden irgendwie vorüber.
Abends wurden wir dann von einem Freund von Berta abgeholt. Er wohnt in Brasov und hat uns eingeladen, bei ihm zu pennen. Dort gab es dann erstmal etwas zu essen und ein kühles Bier!
Danach wurden wir noch zu einem Bad im Whirlpool eingeladen. Das war richtig genial. Da geht man auf Reise und stellt sich auf Zeltübernachtungen ein und am Ende pennt man in einem schön großen Bett und hat sogar noch ein Bad im Whirlpool.
12.09.2008
Den Tag verbrachten wir in Brasov. Livio, bei dem wir geschlafen haben, und seine Frau haben uns herumgeführt und uns einiges gezeigt. Brasov ist echt richtig schön. Zuerst sind wir zur schwarzen Kirche gefahren. Eine protestantische Kirche, die durch einen Brand schwarz verfärbt ist. Mal eine andere Kirche. Die war recht schlicht und auf diese Weise richtig imposant. Danach ging es dann mit einer Seilbahn zu einem Aussichtspunkt. Das war richtig eindrucksvoll. Der Ausblick war echt richtig genial.
Dann ging es dann noch zum Schloss von Dracula. Ein eigentlich ganz normales Schloss, in dem der Herr gelebt hat, den sich Bram Storker zum Vorbild genommen hat. Dieser Herrscher war ein grausamer Herrscher, der viele Menschen töten lies. Er war natürlich kein Vampir, sah wohl aber ein wenig danach aus.
Von dort aus ging es dann wieder zurück in die Stadt und zum Bahnhof. Der Zug, den wir zurück nach Arad nehmen wollten, fuhr um 22:00 Uhr ab und kam morgens um vier an. Die Nacht verbrachten wir also zusammengequetscht in einem Zug. So richtig viel geschlafen haben wir da nicht. Von Arad ging es dann mit dem Taxi zurück nach Covasant.
Damit war unsere Reise beendet.
Wir hatten wirklich mega Spaß und haben die Zeit richtig genossen!
Trotzdem war es schön wieder nach Hause zu kommen. Vor allem weil dort noch eine neue deutsche Freiwillige auf uns wartete. Mit der wir uns dann den Morgen noch nett unterhalten haben.
Dann ging es aber ganz fix ins Bett. Schließlich mussten wir am nächsten Tag schon wieder los zu unserem On-Arrival-Training. Hatten also nicht so viel Zeit zu Entspannen und mussten wieder unsere Sachen zu packen.