„Pelaa kansanterveydelle!“ - „Spielt für die öffentliche Gesundheit!“
Im finnischen Alltag sind Glückspiele keine Seltenheit und auch auch in der Öffentlichen die Spielautomaten kein seltener Anblick. Dem entstrechend sind die Ausgaben für die Spiele hoch. Erst 2011 wurde das Mindestalter auf 18 gehoben, um die Jugend vor der Spielsucht zu schützen.
Finnland, Turku; „Letzte Woche habe ich 80€ am Spielautomaten in der Disko verloren“ , sagt ein 19-jähriger Freund von mir, und wirkt nicht so, als ob es ihn wahnsinnig stören würde. Und mit einem Verlust wie diesem steht er nicht alleine.
Während die deutsche Politik darauf bedacht ist, die Gesellschaft vor Glücksspielen zu schützen, indem Spielhallen z.B. mindestens 500 m Abstand zu Schulen und Kindergärten haben müssen, gewöhnen sich finnische Kinder von klein auf an den Anblick von Spielautomaten in Supermärkten, Bars und Restaurants und schrecken dem entsprechend auch nicht davor ab die Automat später zu probieren. Es ist ein normales Szenario, dass im Supermarkt direkt am Eingang sechs besetzte Spielautomaten stehen, mit Spielern, die sich mit viel Glück das Geld für den Einkauf erspielen können. An der Kasse ist dann eine ältere Frau an der Reihe, die noch immer nicht ihre Hoffnung auf einen Sechser im Lotto verloren hat und Woche für Woche einen neuen Lottoschein kauft.
Die Spielbranche wird von nur drei Unternehmen exklusiv innegehalten. Von RAY, das die Automaten besitzt, Fintoto Oy das Einsätze auf Pferderennen vergibt und Veikkaus Oy, das die Lizenz auf Lotto, Pools und Wetten hat. Diese Unternehmen gehören dem Staat, so dass er, die Gefahr des sozialen und gesundheitlichen Abstiegs durch das Spielen, und die Kriminalität in der Glücksspielbranche besser kontrollieren kann.
Anstatt die Spielfreudigkeit der Finnen auszunützen, ist es unter anderem das Ziel der finnischen Politik die Gelder an wohltätige Organisationen zu Spenden. Die unternehmerischen Gewinne, quasi die Verluste der Spieler, fließen erst auf das staatliche Konto. Von dort werden dann RAYs Gewinne aus den Spielautomaten an soziale Organisationen und an die Gesundheitsfürsorge weitergegeben. Vaikkaus spendet meist an die Jugendarbeit, Sport, Wissenschaft und Kultur, die Einsätze für die Pferderennen gehen an die Pferdezucht und den Pferdesport. Diese teuren Spiele sind also praktisch ein persönlicher Verlust, aber eine Wohltat für die Gesellschaft.
Finnland belegt mit 588$ pro Kopf pro Jahr für Glücksspiele den Platz Fünf auf der weltweiten Rangliste und 78% der Finnen sollen in den letzten 12 Monaten mindestens einmal gespielt haben. Ein wichtiger Schritt gegen die Spielsucht in Finnland wurde 2011 gemacht, als das Mindestalter für Glücksspiele auf 18 heraufgestuft worden ist, so dass sich die Zahl der unter 20 jährigen Suchtspieler deutlich verkleinert hat.
Das seltsame an diesem finnischen Hobby ist, das die Wirtschaft immer noch sehr unter der Bankenkrise von 2008 leidet und die Jugendarbeitslosigkeit Ende 2016 bei 19,8% lag. Aber trotzdem scheint das Geld für die Spiele zu reichen. Ständig wird gejammert, dass die Steuern so hoch seien – tatsächlich sind die z.B. Mehrwertsteuern in Finnland mit 24% um 5% höher als in Deutschland. Logisch wäre es ein wenig Geld durch das Unterlassen von Glücksspielen zu sparen; aber wer weiß, vielleicht ist genau heute der Tag für eine Glückssträhne und wenn der Automat schon so verführerisch im Laden steht kann man es ja mal versuchen.
Quellen:
https://www.poliisi.fi/services/gambling/finnish_gambling_system
http://www.auswaertigeamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Finnland/Wirtschaft_node.html
http://de.tradingeconomics.com/finland/youth-unemployment-rate
http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/14459795.2016.1207698?journalCode=rigs20
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