Paris - Unbezahlbarer Lebensraum?
Ein Thema, das mich in einem Erasmus-Semester in Paris umhertrieb: Astronomische Mieten, kleine Zimmer und das Leben am Stadtrand. Eine Wohnungssuche in Paris
Wer in Paris leben möchte, muss in erster Linie folgendes: Geld zusammenkratzen, seine Ansprüche runterschrauben und sich warm anziehen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn häufig sind Warmmieten absurd hoch. Selbst am Stadtrand zahlt man noch gut 680 Euro für ein Zimmer in einem Wohnblock! Die Bewohner der Stadt versuchen auf die unterschiedlichsten Weisen irgendwie günstig unterzukommen, so mieten einige sogenannte „Chambre de Bonne“, ehemalige Dienstmädchenzimmer oder größere Abstellkammern. Diese sollten nach dem Gesetz mindestens neun Quadratmeter groß sein, aber auch fünf Quadratmeter dunkle Kammern finden Abnehmer - Für rund 300 Euro.
Gerade für jemanden, der im Osten Deutschlands lebt und studiert, sind diese Zahlen beinahe lächerlich. In Städten wie Halle, Leipzig, Chemnitz oder Frankfurt Oder steigen die Mieten zwar auch durch stetigen Zuzug und Gentrifizierung, sind aber dennoch human im Vergleich zu den Verhältnissen in Frankreich.
Eine Auswirkung dieser Entwicklung ist eine krasse Spaltung der Stadtgesellschaft: Während die Schönen und Reichen in Luxusappartments im Stadtzentrum wohnen, ballen sich die restlichen Bewohner Paris am Stadtrand, in den endlosen Banlieues. Diese Trennung von Arm und Reich sorgt häufig für eine Steigung der Kriminalität, der Arbeitslosigkeit und der Armut - Denn da die Menschen der Unterschicht in menschenunwürdigen Bedingungen leben und gesellschaftlich isoliert sind, bildetet sich ein Teufelskreis der Marginalisierung.
Um dieser Tendenz entgegenzuwirken arbeiten Stadtplaner an mehr sozial Gemischen Wohnräumen, da es sonst zu wirklichen Ghettos in Paris kommen würde. Also werden immer mehr Sozialbauten in der Stadt verteilt errichtet und sogar ein gesetzlicher Rahmen dafür geschaffen: Jede Gemeinde ist verpflichtet, mindestens 20% Sozialwohnungen vorzuhalten, macht sie das nicht, muss sie sogar eine Strafzahlung leisten.
Und so steigt die Zahl der Sozialbauten auch in Paris, aber wenn man sich diese einmal genauer anguckt, stellt man fest, dass auch sie nicht wirklich günstig sind: Um in das schicke Stadtbild zu passen, müssen auch sie gewissen ästhetischen Standards entsprachen, was auch die Mietpreise erhöht. Im Endeffekt dienen sie also mehr der französischen Mittelschicht.
Und wo bleiben da die Armen? Nach dem Bericht der Stiftung Abbé-Pierre leben in Frankreich vier Millionen Menschen unter unwürdigen Bedingen, es gibt immer mehr Wohnungslose, mehr Zwangsräumungen und mehr Menschen, die aus Kostengründen nicht mehr richtig heizen. Für eine Wohnung in einem Sozialbau gibt es Wartelisten, mit mehr als einer Millionen Wartender. Die getroffenen Maßnahmen reichen also bei weitem nicht, und um die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter zu treiben muss die französische Politik jetzt handeln.
Neben den finanziell schwachen Schichten gehören auch Studenten und Studentinnen zu den Opfern dieser Tendenz. Wie ich von anderen, zukünftigen Erasmusstudent*innen erfuhr, ist die Wohnlage in Paris ein Grund, die Wahl der Universität zu überdenken. „Die Erasmusförderung deckt die Miete gerade einmal zur Hälfte,“ erzählte mir eine Freundin, die an der Sorbonne Paris studiert, „daher kann ich mir meinen Erasmusaufenthalt nur mit meinem eigenen Ersparten und der Unterstützung meiner Eltern leisten.“ Auch französische Studierende kämpfen mit der Wohnsituation in Paris, häufig läuft es aber daraus hinaus, dass Studierende aus finanziell benachteiligten Familien in kleinere, günstigere Städte zum studieren ziehen. So berichtet mir Jeanne, meine Couchsurfing-Gastgeberin während meiner Wohnungssuche: “Ich wollte damals in Paris studieren, aber aufgrund meiner finanziellen Lage war es mir unmöglich! Nach meinem Studium in Lyon bin ich nun zum Arbeiten nach Paris gekommen, aber das Leben hier zerrt an einem, alles ist viel zu teuer.“
Hier ein Paar Tipps zum (Über)Leben in Paris: Eine Möglichkeit, die auch ausländischen Studierenden und Erasmusstudenten zur Verfügung steht, ist das französische Wohngeld CAF (http://www.caf.fr). Man sollte sich auf jeden Fall um eine Förderung bemühen und sich generell früh genug auf die Suche nach einer Unterkunft machen (z.B auf https:// www.spotahome.com/de), Geld sparen und sich gegebenenfalls einen Nebenjob in Paris suchen - Das Leben in Paris ist taff!
Literatur-Tipp: Down and Out in Paris and London, George Orwell