Oder doch Arbeit?
Nach einer Woche an unserem neuen Arbeitsplatz kennen wir uns zwar im Gebäude bzw. Gelände etwas besser aus und wissen auch schon ein paar Namen mehr, aber die tatsächlichen Abläufe, Aufgaben und Rollenverteilungen bleiben weiterhin eher rätselhaft.
Nachdem Eloises und meine ersten beiden Arbeitstage eher wenig ergiebig waren, komme ich jetzt nach einer Woche etwas besser mit den Kindern zurecht. Ich habe festgestellt, dass man einige der Kids recht einfach von den Computern weglocken kann, indem man irgendetwas Interessantes anfängt zu tun (Jonglierbälle und Sockenpois helfen weiter). So habe ich inzwischen immerhin mit ein paar von den weniger stressigen Poi gespielt und zu jongliert. Meine neue Lieblingsvokabel: żonglować (sprich: schonglowatsch). Außerdem habe ich mit ein paar Mädels Papierboxen gebastelt und Uno gezockt. Das hört sich alles nicht übermäßig schwierig oder aufregend an, aber wenn man dabei ständig mit einer immer noch unglaublich hohen Sprachbarriere kämpft, ist das für mich schon ein ziemlicher Fortschritt. Eloise tut sich dabei nämlich noch viel schwerer, weil sie schier überhaupt nicht mit den Kindern kommunizieren kann. Dass der Alltag in ALF wesentlich entspannter abläuft, als sich das beim Einführungsgespräch angehört hatte, hat mich doch ziemlich beruhigt. Das allerdings auch nur so lange, bis am Mittwoch anlässlich des 25. Geburtstags dieser Einrichtung der Leiter persönlich erschien und uns zwei Freiwilligen nach seiner Geburtstagsrede in Oberlehrermanier ermahnte, weil wir unsere Arbeitsjournals, in denen wir jeden Tag eintragen und unterschreiben müssen, was wir wie lange gemacht haben, nicht ausgefüllt hatten. Wir wurden also ins Büro zitiert und mussten das vor seinen Augen nachholen. Überflüssig zu sagen, dass wir uns vorkamen, wie die dümmsten kleinen Schulkinder. Trotzdem war das noch nichts gegen gestern Mittag, als besagter Oberlehrer wieder auftauchte und zu seinem Entsetzen feststellte, dass wir die ganze Woche über nicht unsere (täglichen!) Putzdienste erledigt hatten (was uns natürlich, abgesehen vom ein paar diffusen Anweisungen im Einführungsgespräch, niemand gezeigt oder gesagt hatte).
Wir wurden also noch mal ins Büro zitiert, wo er uns beiden ein leeren Din A4 Blatt hinschob und uns unsere Aufgaben praktisch ins Heft diktierte. Die zwölf-Punkte-Liste reicht von 1. ich muss pünktlich sein über 7./8. ich muss Deutsch und Englisch unterrichten bis zu 12. ich muss bis Montag 15 Projektbeschreibungen dessen abliefern, was ich in nächster Zeit mit den Kindern machen will. Außerdem haben wir als Hausaufgaben noch auf, unsere offizielle Aufgabenliste aus dem Polnischen ins Deutsche bzw. Französische zu übersetzen und Termine für unsere kulturelle und unsere kulinarische Präsentaion unserer Heimatländer festzulegen. Danach mussten wir das Din A4 Blatt in unsere Arbeitsjournals einkleben, damit wir täglich nachschauen können, ob wir auch alles erledigt haben. Eigentlich hatte ich gedacht, meine Zeit als Schulkind wäre langsam vorbei.
Während ich dann später mit zwei der Jungs meinen täglichen Treppenputzjob erledigte, hab ich die Erfahrung gemacht, dass es eher unangenehm ist, genau zu wissen, dass vor meiner Nase über mich gelästert wird, aber kein Wort dessen zu verstehen, was die Kids genau sagen.
Ab nächster Woche sind wir dann offiziell voll eingespannt. Die versprochenen zwei Eingewöhnungswochen haben sich also auch auf wundersame Weise zu einer verkürzt, wie so Vieles in ALF auf wundersame Weise tagtäglich anders ist als erwartet.
Natürlich sind Eloise und ich ein bisschen neidisch auf die anderen, die in Kindergärten arbeiten, in denen nichts von ihnen verlangt wird, als ein bisschen mit den Kiddies zu spielen. Trotzdem war ich dann doch froh, dass ich nicht den Projektplatz einer der anderen Deutschen erwischt habe: Den ganzen Tag Stall ausmisten, Pferde striegeln, füttern und herumführen ist dann doch nicht ganz mein Traum von Freiwilligendienst.
Commentaires