Mund auf
Nicht nur hauchdünne Fenster und schwungvolle Walzer - auch Mandeln und slowakische Ärzte haben es in sich, wie Laurin am eigenen Leib erfuhr.
Viel ist passiert und eigentlich würde ich hier jetzt gerne slowakische Bälle, Klodeckeldiskussionen, Bastelnachmittage, Besuche aus Belgien und zerbrochene Fensterscheiben im Detail beschrieben werden. Aber leider übertrifft mein heutiger Tag die gesamten Erlebnisse von letzter Woche.
Heute ist der erste Tag des Weihnachtsmarktes, und obwohl deswegen viel los war, wollte ich doch mit irgendjemand wegen meiner Halsschmerzen zur Apotheke gehen. Nun, Janko wurde für diese wundervolle Arbeit auserkoren und wir sind zum Arzt gegangen, der sich praktischerweise im selben Gebäude befand, und bei dem man nichts bezahlen muss, da er dafür Kopien im Büro machen darf. Slowakische Ärzte kenne ich ja schon („Mund auf!“ heißt die Devise). Nun, ich hab auch immer Halsschmerzen. Letztes Mal war es: „Mund auf - Aha, Angina“ - Antibiotika. Diesmal war es: „Mund auf - pfuipfuipfui (ja, man sagt „pfui“ hier) - das ist furchtbar, geht zum Spezialisten, ich kann euch nur Antibiotika geben“.
Der Spezialist: „Mund auf - Hilfe, also, das müssen wir jetzt sofort aufschneiden, und dann drei Tage ins Krankenhaus, Antibiotikainfusion, danach Operation!“ Bevor ich noch entsetzt was fragen konnte (eher, es versuchte, denn ich konnte nicht sprechen), wies sie schon Janko an, meinen Kopf festzuhalten, tat etwas Betäubendes auf die Mandeln und schritt/schnitt mit einem "keine Angst" zur Tat. Ich hab nur noch geheult vor Angst. Und danach Blut gespuckt. Aber keine weiteren Details.
Im Krankenhaus von Zilina konnte ich mich dann etwas beruhigen, zum einen auch, da zumindest manche Behandlungsgegenstände nicht so aussahen, als wären sie mindestens dreißig Jahre vor der Wende gekauft. Und sie wollten mich auch gar nicht dabehalten, nach einem erneuten Besuch bei einem Arzt („Mund auf - also, das muss man operieren.“ - „Nee, das werde ich hier nicht operieren, ich will nach Hause dafür!“) mit erneutem Aufschneiden, einer ewiglangen Infusion und einer Spritze durfte ich nach Hause. Ich muss halt die nächsten Tage für die gleiche Prozedur wieder vorbeikommen, aber wenigstens hält eine Schwester hier bei so einer Prozedur den Kopf fest und nicht Janko.
Fröhliche Vorweihnachtszeit
Na ja, aber ehrlich gesagt, geht’s mir jetzt ganz gut, ich stehe noch etwas unter Schock, und sollte es schlimmer werden, will ich vielleicht echt nach Hause fahren. Ich vertrau denen hier nicht so sehr. Okay, ich kann das nicht so beurteilen, aber die Hälfte der Male, die ich Antibiotika bekommen habe, war hier in der Slowakei. Also, entweder bin ich hier ernsthafter krank oder... Aber anscheinend hätte ich ersticken können, wenn man nichts gemacht hätte. Aha Danke für die Information. Und, ach, es ist schöner, zu Hause krank zu sein. Und ich muss aufpassen, dass ich nicht wieder zu viel tue - wie ins Internetcafe gehen - nur weil ich mich wieder gut fühle.
Soviel zu Krankengeschichten. Nun zu den anderen.
Vom Ball möchte ich Fotos zeigen. Es war echt eine superinteressante Erfahrungen, ich war auf einem Ball an der Uni eingeladen, mit langen Kleidern, Smokings und total verrückten Slowaken, die den gesamten Abend zu Walzer, Country und Popmusik getanzt haben. Und ich durfte den ersten Walzer in meinem Leben mit einem total besoffenen Matteo tanzen, der sich nur beschwerte, dass wir uns zuviel drehen. Es war wirklich lustig.
Die Bastelnachmittage waren auch ein toller Erfolg, die Kinder kamen viel zu früh und wollten nicht mehr gehen.
Dann war da noch die zerbrochene Fensterscheibe… Das war ich, man sollte nicht gegen Fenster klopfen. Aber es wird vermutlich keine Narben hinterlassen.
Jepp, der Besuch aus Belgien war super, einziges Problem ist, das ich jedes Mal krank werde, wenn ich ihn küsse. Hmm, vielleicht ist es ganz gut, dass es eine Fernbeziehung ist. Auch, wenn das nicht immer so klappt.