Mimik und Gestik oder der 2. Akt
Wie es selbst ohne Sprache manchmal zu Verständigungsproblemen kommen kann.
Der erste Arbeitstag im Kindergarten. Ich teile Essen aus und frage die Kinder ob sie mehr wollen. Einige heben kurz ihren Kopf und schnalzen mit der Zunge. Für mich sieht das aus wie ein Nicken und ich schaufle immer mehr und mehr Essen auf die Teller. Die Kinder schauen mich verwirrt an und wiederholen die Geste woraufhin ich noch mehr Essen auf ihren Teller gebe. Dankbar war ich als meine Kollegin mich darüber aufklärte, dass diese Geste in Griechenland NEIN bedeutet und ich wunderte mich nicht weiter über die riesigen Portionen die diese Kinder (also ja dann eigentlich nicht) verspeisen wollten. Ich kannte diese Geste irgendwie nur als alten Gangsterfilmen und mir war nicht bewusst wie unterschiedlich doch auch die nonverbale Kommunikation sein kann.
Über Mimik und Gestik zu schreiben fällt mir ziemlich schwer doch ich will es versuchen. Wikipedia schreibt in seinem Artikel über Nonverbale Kommunikation einen Abschnitt der besagt: „Nonverbale Informationen können auf vielfältige Weise kodiert werden. Zu den am häufigsten genutzten Ausdrucksmöglichkeiten gehören die Gesichtsausdrücke, Gesten, Körperhaltung und -bewegung, Tonfall (schmeichelnd, aggressiv usw.), Berührungen, Geruch (Schweiß, Parfum, Atemalkohol, Pheromone usw.), Augenkontakt, interpersonelle Distanz, Impression-Management (durch Kleidung, Frisur usw.) u.a.“ So will ich versuchen einige der verschiedenen Codes der Griechen ein wenig zu entschlüsseln.
1. Gesichtsausdruck
Eine relativ einfach zu entschlüsselnde aber dennoch typische Geste für die Griechen ist das hervorschieben des Kopfes und gleichzeitig die Mundwinkel herunterzuziehen. Eigentlich genutzt um Unwissen auszudrücken, habe ich den Eindruck sie wird auch gern verwendet um Freiwillige (natürlich meistens mit Touristen verwechselt) die nach etwas fragen möglichst schnell wieder loszuwerden. Vergleichbar mit dem deutschen Achselzucken.
2. Gesten
Über die Sache mit der schnalzenden Zunge habe ich ja bereits zu Beginn geschrieben doch es gibt noch eine weitere Geste die gern genutzt und je nach Situation doch unterschiedlichste Bedeutungen haben kann. Dazu werden die Hände mehrmals aneinander gerieben als wären Brotkrümel daran. Diese Geste kann wirklich die unterschiedlichsten Sachen bedeuten von „Es ist ok.“ bis zu einem eher ärgerlichen „Ich bin hier fertig und habe nichts mehr zu sagen.“ Muss man je nach Situation immer wieder neu herausfinden, was sie nun gerade meinen könnten.
3. Körperhaltung und –bewegung
Man merkt doch einen deutlichen Unterschied zwischen den eher distanzierten Menschen aus dem Norden und den sehr anders gestrickten Südländern. Ich habe eigentlich nie gemerkt wie viel meiner eigenen Kultur in mir steckt und dachte immer „Ach so ein Blödsinn ich bin gar nicht typisch deutsch. Total weltoffen und überhaupt.“ Doch wenn sich Griechen mit dir unterhalten und dich dabei die ganze Zeit anfassen obwohl du sie gar nicht kennst und dir wirklich wirklich NAH kommen, denkst du dir doch „Verdammt. Ich bin deutscher als ich gedacht habe.“
4. und letztens Tonfall
Tonfall ist vielleicht nicht das richtige Wort vielmehr Lautstärke. Schön war das ich diese Situation mit einer anderen Freiwilligen aus Finnland zusammen erlebte, sodass wir uns beide unserer nordischen Wurzeln bewusst wurden. Wir wollten entspannt in einer griechischen Taverne in Thessaloniki essen gehen nachdem wir eine lange Reise hinter uns hatten. Die Taverne war gut gefüllt und wir waren froh einen Platz gefunden zu haben und einfach ein wenig gemütlich zu essen und zu quatschen. Doch nach wenigen Minuten wurde uns bewusst das das scheinbar unmöglich ist, denn die Lautstärke war enorm. Es schien ein Wettstreit zwischen traditioneller griechischer Musik und den Besuchern der Taverne zu sein so nach dem Motto- Wer ist lauter? In Deutschland findet man das vielleicht in einer verrauchten Kneipe bei der gerade ein aufregendes Fußballspiel läuft doch ganz sicher nicht in einem Restaurant beim essen gehen. Doch wir lachten und nach dem einen oder anderen Glas Wein entschieden wir uns eben einfach ohne Worte zu kommunizieren, denn sich so lautstark beim Essen zu unterhalten ist uns beiden doch sehr fremd.
Ich könnte wohl noch viele Beispiele bringen aber das sind die, die mir am Wichtigsten waren und, wenn ich weiter bei Wikipedia lese und sehe was für viel enormere Unterschiede es weltweit gibt [das „OK-Zeichen“ (Ring aus Daumen und Zeigefinger, übrige Finger gestreckt) bedeutet in Japan „Geld“, in Frankreich „Null“, in Mexiko „Sex“, in Äthiopien „Homosexualität“], kann ich doch froh sein das die Codes der Griechen mehr oder weniger einfach zu entschlüsseln sind.