Mein Jahr in Reykjavík, Island! (Interview Teil 2)
Und hier kommt schon der letzte Teil der Interviewreihe über mein Leben als Freiwilliger in Island!
Vorwort: Dieses Interview mit mir ist in Zusammenarbeit mit der Seite www.allthingsicelandic.blogspot.com entstanden, auf deren Seite ihr auch ein Version in Englisch findet! Dies ist der erste Teil des Interviews ueber meinen EVS in Reykjavík, der Hauptstadt von Island. Mehr Infos zu mir findet ihr auch auf meinem privaten Fotoblog, www.minreykjavik.tumblr.com.
Ausserdem habe ich vor kurzem ein Video für den Wettbewerb hier auf Youthreporter eingereicht, welches ihr hier auf meinem Profil findet: http://www.youthreporter.eu/wettbewerb-2011-2012/killed-time-or-filled-time-evs-in-iceland.8600/
Viel Spass beim Lesen!
4. Wie hast du die Sprache gelernt? Gibt es eine Sprachschule, die du empfehlen kannst?
Die Sprache habe ich auf ganz unterschiedliche Weise gelernt. Bei der Arbeit habe ich am Anfang versucht die Namen der Küchenutensilien um mich herum zu lernen. Gleichzeitig habe ich über die ersten drei Monate jeden Tag fünf neue Wörter oder Sätze auf einer Tafel präsentiert bekommen. Das hat meinen Wortschatz ohne viel Aufwand rasant vergrössert.
Zusätzlich habe ich das grosse Glück bei einem isländischen Geschichtslehrer zu wohnen, der mir besonders beim Lernen der Aussprache und der Betonung hilft. Die ist nämlich zu einem grossen Teil ganz anders als im Deutschen (i klingt wie ein e, e klingt wie ä) und auch die Betonung funktioniert anders.
Damit sollte man sich als Ausländer meiner Erfahrung nach so schnell wie möglich auseinandersetzen, da man sich so am ehesten bei den Muttersprachlern verständlich machen kann, die ansonsten immer ein grosses Problem mit gänzlich falscher Aussprache haben. Für Deutschsprachler ist da die grösste Hürde das Zugenspitzen-R, das englische TH und die Betonung auf der ersten Silbe jedes Wortes, die am Anfang wirklich merkwürdig klingt.
Das meiste Isländisch habe ich aber wohl im Sprachkurs gelernt. Mein erster Kurs wurde von meinem EVS bezahlt und war bei „Multí Kúltí“. Dort wurde in beiden Kursen die ich absolviert habe mehr Grammatik als Sprechen gelehrt, was mich dazu bewegt hat meine folgenden zwei Kurse im „Interkulturellen Zentrum“ auf dem Laugavegur zu absolvieren. Das kann ich uneingeschränkt empfehlen, denn dort wird interaktiv und fast ausschliesslich auf Isländisch sehr alltagsnah unterrichtet. Generell wuerde ich auch noch sagen, dass man sich als deutscher Muttesprachler nicht ins Bockshorn jagen lassen sollte, da man sehr gut auf diese Sprache aufbauen kann, sofern man mit der deutschen Grammatik vertraut ist.
5. Dein Lieblingssatz auf Isländisch ist: „Hvað er í gangi hérna?!“ – „Was ist denn hier los?“
6. Wie genau wohnst du? In einer WG, im Zentrum...?
Ich wohne bei einem isländischen Geschichtslehrer in 200 Kópavogur. Zwei Zimmer seines Appartements sind vermietet, eines gehört mir und das andere meinem Mitbewohner aus Estland, der hier in Island arbeitet. Das ganze ist dann wie eine Mischung aus WG und Gastfamilie und für mich einfach grossartig. Auf der einen Seite bin ich unabhängig und habe aber gleichzeitig immer einen „Erwachsenen“ als Ansprechpartner. Denn gerade mit meinem isländischen Vermieter verstehe ich mich hervorragend. Bisher hat er wirklich jede Gelegenheit genutzt mich zu integrieren, mich zum Beispiel mit auf Familienfeiern genommen und Weihnachten mit mir gefeiert. Und trotz seiner zwei (!) Jobs ist er am Wochenende nicht darum verlegen, mit mir und seinen Freunden die Bars unsicher zu machen.
Da ich nur 2 Minuten von einer grossen Busstation entfernt wohne, ist es für mich kaum ein Problem etwas ausserhalb zu wohnen. Mit Bus oder auch mit dem Fahrrad sind es gerade mal 20 Minuten bis „Downtown“. Allerdings finde ich die Busfahrzeiten am Abend absolut furchtbar und bin zumindest am Wochenende immer auf Taxis angewiesen. Das geht gerade hier in Reykjavík sehr ins Geld, aber bisher habe ich immer ein paar „Wildfremde“ zum teilen der Fahrtkosten gefunden, was unter Umständen eine sehr lustige Erfahrung seien kann.
7. Was MUSS man in Island unbedingt gesehen/gemacht haben?
Aus meiner bisherigen Erfahrungen waren die Reisen ausserhalb der Stadt die besten Momente.
Dieses Roadtrip-Gefühl mit guten Freunden bekommt man natuerlich auch anderswo, aber gerade auf Islands leeren Landstrassen mit den riesigen Bergen ringsherum kommt eine ganz besondere Stimmung auf.
Ich finde es toll, Kleinstaedte mit wenigen hundert Menschen zu besuchen und kann jedem empfehlen, es bei einem längeren Aufenthalt in Betracht zu ziehen. Auf mich wirken diese Orte immer eine ganz eigene aus. So verlockend Reykjavík mit seiner Vielfalt auch ist, die unerschütterliche Ruhe eines solchen Dorfes, in dem sich alles in ein oder zwei Tankstellenkiosken abspielt hat mich immer wieder beeindruckt. Wer einen besonderen Anlass zur Reise braucht, dem empfehle ich das „Northern Wave Film“ Festival in Grundarfjörður oder auch das „Aldrei Fór Ég Suður“ Musikfestival in Ísafjörður. In den Städten laesst man es einfach mal ruhig angehen, geht schwimmen im lokalen Schwimmbad oder in einer natuerlichen Quelle, schaut sich die Sehenswürdigkeiten in der Umgebung an und geht am Abend mit den Einheimischen feiern. Da lernt man auf jeden Fall eine ganz eigene Seite von Island kennen.
8. Was genau ist das für ein Kontest?
Der Wettbewerb ist ausgerufen worden von dem Portal Youthreporter.eu, einer Plattform für EVS-Teilnehmer, auf der sie ihre Erfahrungen in Form von Blogs oder Gedichten mit anderen teilen koennen. Da der EVS in Zukunft reformiert werden soll und es noch keine genauen Informationen gibt, soll dieser Wettbewerb die Vor- und Nachteile eines EVS hervorheben. Mit meinem Beitrag habe ich mich fuer eine sehr persönliche Darstellung entschieden und direkt aus meinem Leben als Freiwilligem erzählt.
9. Woher kommen deine Freunde? Und kommuniziert ihr auf Isländisch?
Mein Freundeskreis besteht bunt gemischt aus Menschen aus allen Himmelsrichtungen. Am Anfang war es natürlich am einfachsten etwas mit den anderen Freiwilligen zu unternehmen oder gleich andere junge Deutsche kennenzulernen, von denen es hier wirklich viele gibt! Mit der Zeit lernt man dann durch die Arbeit, im Sprachkurs oder einfach beim Feiern in der Stadt neue Leute kennen. Mein Ziel ist es natürlich, möglichst viel Kontakt zu den Einheimischen zu bekommen. Am Anfang war es praktisch für mich nur Englisch zu reden, aber irgendwann habe ich mich im Kontakt mit den Isländern aussen vor gefühlt, wenn ich immer der einzige „Útlendingar“ war.
Aber nach einiger Zeit ist es mir gelungen tolle Bekannschaften zu schliessen und ich kann mich mittlerweile sehr gut auf Islaendisch unterhalten. Nur so habe ich das Gefuehl bekommen, einen richtigen Einblick in die Kultur und Denkweise der Menschen zu kriegen. Die Kontaktaufnahme fällt fuer mich viel leichter aus, denn die Menschen wissen es sehr zu schaetzen, wenn man sich darum bemueht die Sprache zu lernen.
10. Welche Tipps hast du für die Leser, die sich für ein solches Auslandsjahr interessieren?
Empfehlen kann ich diese Form des Freiwilligendienstes auf jeden Fall. Gerade jetzt wo der Wehrdienst ausgesetzt wurde, ist es meiner Meinung nach umso attraktiver ein Jahr im Ausland zu verbringen. Ich denke auch, dass wirklich jeder etwas Positives aus den Erfahrungen mitnehmen kann. Die Chance, ein Teil eines anderen Landes und seiner Kultur zu werden finde ich nach wie vor absolut faszinierend und motiviert mich Tag für Tag.
Natuerlich muss man dafür bereit sein seine eigene „Comfortzone“ zu verlassen, Familie und Freunde fuer ein Jahr auf Distanz zu haben und sich neuen, ungewohnten Problemen stellen. Auch wenn ich Deutschland nie wirklich vermisst habe, so holen einen der Kulturschock und die frustrierenden Momente frueher oder spaeter ein. An diesen Erfahrungen bin ich allerdings gewachsen und habe immer eine Loesung gefunden. Denn am Ende überwiegen einfach die vielen tollen Möglichkeiten, dieses grossartige Land zu entdecken!