Leise rieselt der Schnee
Seit 30 Jahren zum ersten Mal Schnee in Andalusien - und das ausgerechnet, als Amselle dort herumreist und gar nicht auf diese Eiseskälte eingestellt ist. Zum Glück gibt es jede Menge nette Teterías.
Um das Wochenende und den anschließenden freien Montag samt unserem Talgo-Rückfahrticket ausgiebig zu nutzen, haben Nina und ich schon vor der Evaluación Intermedia geplant, danach noch nach Granada und Córdoba zu fahren. Málaga, was bis auf den kleinen Stadtkern nicht wirklich sehenswert ist, kannten wir ja schon. Da natürlich nicht nur wir zwei das Wochenende zum Reisen nutzen wollten, machte sich am Freitagmorgen nach der Evaluación ein beträchtliches Grüppchen von Italienern, Deutschen, Engländern und Österreichern von Bobadilla (dort war der Bahnhof) mit dem Zug auf nach Granada.
Die ganze Woche in Mollina blieb das Wetter wechselhaft, aber dass es in Granada nun dauerregnen UND schneien würde, damit hatte wohl keiner von uns gerechnet! Eben darum hatte ich weder winterfeste Schuhe noch eine dicke Jacke, noch Schal und Handschuhe, geschweige denn einen Regenschirm dabei. Na ja – die Hoffnung (auf besseres Wetter) stirbt zuletzt, und so machten sich Anna, Pauline, Nina, ich (alle aus Deutschland), Franziska aus Österreich und Debbie aus England, die wir uns als kleines Grüppchen zusammengetan hatten, auf zur Jugendherberge. Leider wussten wir da noch nicht, dass diese außerhalb des Zentrums lag, teuer war und auch extrem „spanisch“, was die Abfertigung anging... Das heißt konkret: bis wir unsere Zimmer endlich beziehen konnten, war mehr als eine dreiviertel Stunde vergangen. Immerhin habe ich dadurch wieder was dazu gelernt: 1. Vergiss nie, Dich vor einer Reise über das Wetter zu informieren! 2. Schlafe nie in Jugendherbergen, wenn sie nicht im Zentrum liegen und Du außerdem keinen Mitgliederausweis besitzt!
Nachdem wir also endlich unsere Sachen in den Zimmern verstaut hatten, machten wir uns mit dem Bus auf in die Innenstadt Granadas, wo wir gleich die Italiener trafen. Anschließend ging es wegen der „hora feliz“ – unglückliche Übersetzung für „Happyhour“ - in eine Tapasbar zum Mittagessen. Danach teilten wir uns auf, da viele sich die Alhambra (arabisch "die Rote" – Palast der letzten maurischen Herrscher in Granada, mit vielen verzweigten, sehr schönen Parkanlagen) trotz grauverhangenem Himmel, Nebel und Regen nicht entgehen lassen wollten.
Ich hatte sie zum Glück schon vor mehr als zwei Jahren im Frühling gesehen, als Marta und ihre Familie mit mir einen Tagesausflug von Sevilla nach Granada gemacht hatten. Dem Rest, der nicht die Alhambra sehen wollte, blieb also nichts anderes übrig, als durch die Gässchen Granadas zu schlurfen und alle halbe Stunde zum Aufwärmen in einer Tetería zu sitzen. Zwar ist Granada tatsächlich sehr hübsch, allerdings wirkt es noch hundertmal schöner beziehungsweise charmanter bei Sonnenschein, blauem Himmel, blühenden Blumen und Sträuchern...
Als wir nachts also durchgefroren in die Jugendherberge zurückkamen, stand unser Beschluss, am nächsten Tag unser (Wetter-)Glück in Córdoba zu suchen, schon fest. Mit dem Bus ging es drei Stunden durch die Prärie. Verschneite Olivenhaine, wohin man schaute. Schon seltsam der Anblick: knorrige Olivenbäume assoziiere ich eigentlich eher mit Hitze und Sonnenschein.
Scheinbar hatte Petrus unsere Wetterwünsche zur Kenntnis genommen, jedenfalls strahlte die Sonne in Córdoba als ob es nie geregnet hätte. Froh machten wir uns also auf ins Zentrum, um nach einem privaten Hostal zu suchen - von Jugendherbergen hatten wir ja genug. Direkt in einer Gasse zur Mezquita (Moschee von Córdoba, ebenfalls Überbleibsel der Mauren, wurde allerdings in eine katholische Kirche umge(sch)wandelt) wurden wir fündig. Da es recht warm war, störten wir uns auch nicht an der Tatsache, dass unsere Zimmer keine Heizung hatten. Das stellte sich hinterher als weiterer nicht zu empfehlender Fehler heraus, nachts wurde es nämlich eisekalt... Warum, wurde uns spätestens am nächsten Morgen klar, als wir durch Freudengeschrei auf der gegenüberliegenden Dachterrasse geweckt wurden.
Dort tollte die Besitzerin des Hostals mit ihrer Putzfrau im Schnee herum... JA, Schnee! Über Nacht hatte es also auch in Córdoba geschneit und wir saßen wieder im grauen, trüben Wetter fest. Na toll! Bis dato hatte es übrigens seit 30 Jahren nicht mehr in Córdoba geschneit. Die Einheimischen waren demnach wegen dieses kleinen Wunders echt aus dem Häuschen, während wir resigniert aufgaben. ;-)
Wir stapften also den ganzen Tag frierend in Córdoba herum, um abends allesamt per Zug nach Hause in Richtung Madrid, Valencia oder den Pyrenäen zu fahren. Nina und ich wollten ja eigentlich bis Montag bleiben, waren dann aber doch froh, mit der Gewissheit, bald daheim zu sein, im warmen Zug zu sitzen.
Mein Fazit: Granada und Córdoba sind wirklich schöne Städtchen, allerdings nicht wintertauglich. Darum also: Rückkehr im Frühling oder Frühsommer, wenn es nach Orangenblüten duftet und sich die ersten Straßencafés füllen.