La invitación
Wie wir eine Modenschau in Huesca, ein Protestkonzert und das Abendessen mit Pablo und seiner Clique miterlebten
Diesen Samstag gehen wir wieder nach Huesca und wir machen jetzt so einiges besser. Angefangen bei den Zugtickets, denn mit unserer Youth Card kriegen wir einen guten Rabatt. Auf dem Weg vom Bahnhof zur Innenstadt lassen wir uns schon merklich länger Zeit, an der Plaza Navarra gehen wir erst mal in den Mango- Store. Da liegen die Winter- und Herbstklamotten aus und mir gefällt auch vieles, vor allem weil Rückenausschnitte wohl grade in sind. Aber bei dem warmen Wetter denke ich noch gar nicht an Winterpullover und habe folglich auch keine Lust, einen Pullover anzuprobieren. Dank des Rucksacks, den wir später für die Einkäufe brauchen, fühle ich mich auch auffallend als Touristin gezeichnet. Ein Stück weiter ist die Straße abgesperrt und die Leute drängen sich an den Absperrzäunen. Wir nähern uns und kommen noch gerade rechtzeitig, um mitzuerleben, dass da grade eine Modenschau anfängt. Irgendein Label präsentiert die neueste Damen- und Herrenmode. Unter den Models, die da auf dem roten Laufsteg auf und ab stöckeln, ist auch eines, das eine Unterarmprothese trägt. Das freut mich besonders, das muss doch auch Mut erfordern, sich so zu präsentieren. Danach gehen wir wieder zu Laetitias „Kirche“, denn ich habe vorgeschlagen, ihren Gottesdienst abzuwarten, um jemand zu fragen, ob jemand sie samstags mitnehmen kann. Auf der Website war keine Telefonnummer angegeben. Auf dem Rückweg ins Zentrum lassen wir uns in der Bar Puerto Rico nieder, wie die anderen Spanier und essen ein Bocadillo, reden über Mode und Vokabeln und trinken eine Cola. So gemütlich lässt sich schon die Mittagspause rumkriegen. Mir kommt es nur etwas komisch vor, dass um uns rum alle Bier trinken. Mitten am Mittag, um 2 Uhr wird hier Bier getrunken! In Deutschland wäre es dafür zu früh, hier ist es wohl für Alkohol nie früh genug. Vielleicht liegt‘s auch dran, dass Wochenende und so die freien Tage gefeiert werden. Ich wird mal Maria Jesús fragen.
Nachdem ich mir am Kiosk noch eine Cosmopolitan gekauft habe, machen wir uns auf den Weg zum Supermarkt. Auch dort lassen wir uns Zeit, blättern in aller Gemütlichkeit in Kochbüchern und ich überlege stundenlang, ob ich jetzt die leckeren Profiteroles nehmen soll oder ob das wohl zu schwer für den Rucksack ist. Am Bahnhof in Huesca begrüßt uns der Fahrkartenverkäufer schon mit „2 Mal nach Ayerbe“. Man, hat der ein gutes Gedächtnis, das ist doch schön, beim zweiten Mal schon gekannt zu werden. Kaum daheim gehen wir ins Telecentro, weil wir das mit der Einladung von Pablo noch klären müssen. Der hat uns ja schon am Montag eingeladen, aber ohne zu sagen wo und wann. Nach zwei Nachrichten in Facebook ist alles klar: auf dem Plaza in Ayerbe gibt es ein Konzert und da treffen wir uns. Tatsächlich kommen wir etwas zu spät (wir mussten uns noch rausputzen), sodass das Konzert schon in vollem Gange ist und sehr gut besucht ist. Pablo begrüßt uns gleich und klärt uns ein bisschen über das Konzert auf: in einem Dorf in der Nähe will der Staat wohl schon länger einen Stausee bauen, aber viele sind dagegen. Auf der Straße steht auch immer „Nein zum Stausee!“. Und dieses Jahr feiert das Bündnis gegen den Stausee 25-jähriges Bestehen, unter anderem mit diesem Konzert einer Band aus der Gegend, die traditionelle Musik spielt. Pablo verschwindet wieder in der Masse, also gehe ich entschlossen zu dem Stand, der Bier verkauft. Als wir uns wieder der Musik zuwenden, werden wir von dem Mann neben uns angesprochen. Er fragt, wo wir herkommen und fordert uns laut singend zum Mitschunkeln auf. Gar nicht so leicht, weil neben mir eine stocksteife Laetitia steht. Etwas vor mir steht eine Frau mit hüftlangen Dreadlocks und einer schönen weiten Hose. Am liebsten würde ich sie fragen, wo man solche Hosen kaufen kann, um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Aber ich traue mich doch nicht. Allgemein gibt es hier die kuriosesten Frisuren zu sehen: einige Männer haben einen Vokuhila, der aussieht, als hätte man hinten einfach vergessen was abzuschneiden. Viele Frauen tragen einen sehr extravaganten und kurzen Pony. Ich wünsche mir eine beste Freundin her, mit der ich darüber lachen könnte. Nachdem das Konzert rum ist, funkt uns Pablo an und stellt uns der Reihe nach seinen Freunden vor, die meisten Namen hab ich diesmal behalten. Wir gehen zu Daniel nach Hause, schräg gegenüber von unserem Haus. Im Steinofen brennt Feuer und einige sitzen um den breiten Tisch herum. Im Laufe des Abends kommen immer mal wieder welche dazu, andere verschwinden ml für eine Weile, um dann auf einmal wieder in der Tür zu stehen. Es gibt Grillfleisch und weil ich Vegetarierin bin, düst Antonio nochmal los und bringt nach einiger Zeit ein hartes Ei, eine Tomate und eine Dose Thunfisch. Aber es schmeckt auch gut, einfach geröstetes Brot mit Olivenöl und Salz. Dazu gibt’s Dosenbier und Zigaretten. Die Gesprächsfetzen fliegen hin und her, wir lauschen konzentriert und melden uns kaum zu Wort. Bei Antonio muss man noch genauer hinhören, er spricht so verwaschen, dass selbst die anderen manchmal kein Wort verstehen. Dann gibt’s großes Gelächter. Clara, Paula und Marta machen morgen einen Ausflug nach Mallos de Riglos und laden uns ein, mitzukommen. Voll geil, hätte ich nicht gedacht, dass die Mädels hier so freundlich sind. Wir tauschen Nummern und merken uns wann wir wo sein müssen. Gegen halb 1 brechen wir auf, mir ist nicht ganz klar, wohin, aber als wir auf die Plaza zulaufen, hört man es schon von weitem. Es ist die Bar, in der wir auch schon am ersten Abend waren. Samstagabends ist sie die einzige, die laute Musik spielt, zu der man auch tanzen kann. Dementsprechend voll ist es, zudem die letzten Gäste einer Hochzeit hierher versackt sind. Beim Tanzen lerne ich Ana kennen, die total nett ist und mir verrät, wo es eine Bar gibt, die auch Reggae spielt. Wir unterhalten uns gut, kommen sogar auf die Bibliothekarin zu sprechen, die sie in Schutz nimmt, weil die halt alt ist und nur spanisch spricht und deshalb...Klaro, schon vergeben. Danach mache ich noch Bekanntschaft mit einem Schwarzafrikaner (Name vergessen), der bei den schwungvollen Begrüßungsküsschen ein Glas runterwirft. Ups, der ist wohl schon bissle dicht. Und ich fühle mich als Ausländerin nicht so alleine, als ich Uffe aus Dänemark kennenlerne. Er ist der Freund von Ana und ihretwegen hierher gezogen. Tröstlich, dass selbst er nach 4 Jahren in Ayerbe manchmal noch Probleme mit der Sprache hat. Um 3 gehen wir heim, weil morgen wir fit sein wollen für den Ausflug.