Kunst als Denkanstoß
Sabrinas Idee: Kunst als Mittel zum Nachdenken. Herausgekommen ist eine Ausstellung mit Portraits von Behinderten, mit denen sie im EFD gearbeitet hat. Zu sehen waren die Bilder bereits in Spanien, Deutschland und Dänemark.
Gerade sitze ich inmitten meiner Ausstellung, zwischen all diesen Gesichtern, die mich fast zwei Jahre meines Lebens begleitet haben. Und schaue zurück auf die letzten Monate: Auf eine junge Frau, die auf dem Weg nach Spanien war, im Gepäck der Traum, als Künstlerin arbeiten zu können und dadurch die Integration der Behinderten zu unterstützen. Sechs Monate lang habe ich in Spanien gezeichnet und ausgestellt. Meine Idee war, dass die Portraits der Behinderten, mit denen ich im EFD gearbeitet habe, die Betrachter der Bilder zum Nachdenken anregen und diese Portraits es ihnen ermöglichen, die Behinderten als ganzen Menschen mit Persönlichkeit zu sehen.
Ich hatte das Glück, die volle Subvention für mein Future-Capital Projekt zu erhalten: 75 Prozent vorweg und die restlichen 25 Prozent – wenn alles gut ginge und die Belege stimmten. Diese Regelung gilt insbesondere, wenn man sich im Ausland um das Programm beworben hat, und muss von Anfang an mit eingeplant werden.
In Palencia, Spanien, angekommen ging es dann, nach dem Klären aller Formalitäten, sofort los mit dem Zeichnen. Kaum war eine Woche vergangen fühlte ich mich wieder Zuhause, auch dank meiner lieben Mitbewohnerinnen, Freiwillige aus Frankreich und Italien. So konnte ich nicht nur intensiver die spanische Kultur kennenlernen, sondern – wie im Freiwilligendienst auch – mit Anderen Freundschaft schließen und meine eigene weitergeben. Auf diesem Wege verbesserte sich auch mein Spanisch, was mir die Tür zur Kultur und den Menschen noch weiter öffnete als zuvor.
Neben dem Zeichnen organisierte ich mir einen Laden zum Einrahmen der Bilder und einen Grafiker zum Erstellen der Werbeprospekte. .Da ich keine Ahnung hatte, wo man die findet, fragte ich mich überall durch und traf auf eine große Hilfsbereitschaft. Meine Ausstellungsmöglichkeiten hatte ich mir schon am Ende des Freiwilligendienstes gesucht.
In den nächsten Monaten besuchte ich das Behindertenzentrum, um Fotos zu machen, die Behinderten zu beobachten, mit ihnen Zeit zu verbringen, ihre Persönlichkeit einzufangen und auf Papier zu bringen.
Es war eine große Freude alle wiederzusehen. Wenn man an die Orte zurückkehrt, an denen man so intensive Erfahrungen gemacht hat und feststellt, wie sehr einen noch alles berührt, merkt man erst, wie sehr man die Kultur und die Menschen verinnerlicht hat. Am Ende kam ich auf 39 Portraits. Viel Arbeit, aber da jedes Gesicht so interessant und einzigartig ist, war jedes Bild eine neue, spannende Herausforderung.
Dann war es endlich so weit, die erste Ausstellung begann: In einer Bar, die bekannt dafür war, Kunst auszustellen. Eine spanische Bar ist mit deutschen Bars schwer zu vergleichen, sie ist eher ein zweites Wohnzimmer, wo immer was los ist und wo manch einer schon mehr Zeit verbracht hat als Zuhause oder auf der Arbeit. Auch ich ernannte es zu meinem neuen Wohnzimmer und setzte mich oft zum Zeichnen für die weiteren Ausstellungen hinein. So erweckte ich Neugier und erhielt viel Resonanz zu meinen Arbeiten.
Die Spanier sind ein so aufgeschlossenes Volk, dass es nicht lange dauert, Kontakt aufzunehmen. Ich ging zur regionalen Zeitung, erzählte von meinem Projekt und so warben deren Berichte für meine Ausstellung und die Anerkennung von Behinderten. Auch mit einigen Behinderten besuchte ich die Ausstellung. Sie waren so stolz und glücklich, sich einmal so sehen zu können, dass nur ein Lächeln von ihnen schon die Arbeit wert war.
Zurück in Deutschland stellte ich in einer Bücherei und einem Kulturzentrum aus. Auch hier reagierten die Menschen sehr positiv darauf. Und schließlich Dänemark, wo ich angefangen habe zu studieren und dadurch in der Uni ausstellen kann. Zwischendurch musste ich immer wieder meine Ausgaben berechnen, um nicht den Überblick zu verlieren und die Subvention richtig einzuteilen für Wohnung, Essen, Material, Reisen etc. Jeden kleinsten Beleg muss man sich dafür gut aufheben.
Future Capital ist für mich zu soviel mehr als einem Projekt geworden. Ich habe mir einen Traum erfüllen und dabei noch anderen helfen können. Ich habe mehr denn je erlebt, was es heißt, selbstständig zu sein und wie man Schritt für Schritt eine Idee umsetzt. Natürlich muss ich noch jede Menge lernen, aber das war ein guter Anfang. Es hat mich geprägt für die Zukunft, da ich Lehrerin für Kunst und Sprachen werde und insbesondere in Entwicklungsländer gehen möchte, um sozial Schwachen zu helfen. Es ist eine einmalige Chance. Und wenn man sie richtig anpackt, kann man wirklich etwas bewegen. Deswegen kann ich euch nur dazu ermutigen, sie ebenfalls zu ergreifen! Macht was daraus, viel Glück!
Hasta luego, Sabrina!