Kita stotelė: jūsų naują gyvenimą
Es dürften ungefähr fünf Wochen vergangen sein, seitdem ich meinen Fuß zum ersten Mal auf litauischen Boden gesetzt habe. Und jetzt? Ein bisschen Schnickschnack, ein bisschen Resümee.
"Hey I´m glad you didn´t forget your key...But the monkey? He keeps crying cause you left him here" -M.
Diese SMS habe ich heute auf der Arbeit erhalten, nachdem ich mal wieder eine Nacht in irgendeiner Wohnung irgendeines anderen Freiwilligen verbracht habe. Ich fange laut an zu lachen und meine Mitarbeiterin Lina grinst mich vom Schreibtisch aus an.
"You seem to have friends already, eh?", fragt sie mich.
Ob ich die anderen Freiwilligen, mit denen ich eine so gute Zeit habe und die paar Litauer die ich jetzt kennengelernt habe schon als richtige Freunde bezeichnen kann oder nicht, sicher ist, dass ich mich hier Zuhause fühle.
Es dürften ungefähr fünf Wochen vergangen sein, seitdem ich meinen Fuß zum ersten Mal auf litauischen Boden gesetzt habe. Litauen, Lietuva, das Land, dessen Namen vom Regen abgeleitet wird. Wer auch immer auf diese Idee kam, muss wohl ein sehr pessimistischer Mensch gewesen sein, oder einfach einer, der keinen Europäischen Freiwilligendienst machen durfte, denn innendrin habe ich momentan nur Sonnentage und auch außen kam es mir selten sehr grau vor; Jeden Tag blendet mich die Morgensonne durch die beschlagenen Busfenster, wenn ich an der weißen Synagoge den Hügel hinab zur Altstadt fahre.
Es kommt mir so vor als würden mich beinahe täglich Leute nach der Uhrzeit oder nach dem Weg fragen, und auch wenn ich zwar mittlerweile verstehe, was sie von mir wissen wollen, kenne ich nach den vier oder fünf Littauischsprachstunden, die ich bisher hatte, noch nicht genügend Vokabeln, um ihnen richtig antworten zu können. Und dennoch, ich merke, wie es mir jeden Mal leichter fällt einerseits Leuten zu antworten, und sie andererseits auch anzusprechen ohne sofort auf Englisch oder manchmal auch Deutsch auszuweichen.
Lina war überrascht, als ich ihr erzählt habe, dass mich heute morgen schon wieder eine Frau gefragt hat, ob der Bus 13 denn nun ins Zentrum fahre.
"That´s weird, you don´t look Lithuanian", und dann, nach einer kurzen Weile, "but maybe it´s because they see that your home is Kaunas."
Es ist eine Mischung aus Glücksgefühl und Wohlfühlen das ich gerade erlebe. Die Holztür der alten Post knartschen zu hören, ein Utenos Bier im Shamrock zu bestellen, Müsli im Ikiukas kurz vor der Unterführung in der Altstadt für die Arbeit zu kaufen, eine Nachricht von Airida zu bekommen: Könntest du bitte auf Akvilė aufpassen? Ich möchte meinen Sohn besuchen. Vielen vielen Dank.
Seit etwa zwei Wochen kenne ich Airida, eine langjährige Klientin der Caritas Kaunas. Airidas 3-jähriger Sohn lebt nicht bei ihr und da sie mit ihrer 5 Monate alten Tochter alleine lebt, hat sie kaum Gelegenheiten, ohne Akvilė aus dem Haus zu gehen. Da es sich in meinem Projekt um jegliche Hilfe handelt, die das Leben der Frauen hier erleichtert, werde ich nun regelmäßig auf die Kleine aufpassen, mal schlafend, mal schreiend, wie es halt kommt.
Ich schreibe diese Geschichte hier, weil es mich sehr berührt hat zu erfahren, dass Airida, die ich seit so kurzer Zeit kenne, so ein Vertrauen in mich hat - und dass das doch wohl bedeutet, dass ich mich in meinem Freiwilligendienst nicht ganz so dumm anstelle?
Die nächsten Wochenenden und teilweise auch Tage sind schon verplant, hier wird sich verabredet, da wird ein Film geschaut, Fotoausstellung, Geburtstag, litauische Hausparty mit unmenschlichen Massen von Degtinė (Vodka), ein bisschen witzig ist das Volk ja schon...
Trifft man sich in Deutschland auf einen Kaffee unter Kollegen, ist es in Litauen ein Bier. Mahlzeiten, bei denen mir beinahe schlecht wird, werden hier als "leicht" bezeichnet, Phill Collins kennt man hier unter Phillas Collinas und ist gleich neben Liamas Neesonas in einem litauischen zwillingsmagazin der Gala abgebildet.
Wie schon gesagt, wie Zuhause halt.