Kaffeefahrt – auf den Spuren fair gehandelten Kaffees
Wie muss es sich anfühlen aus seinem täglichen Umfeld im Regenwald Perus plötzlich in die westliche Kultur einzutauchen ?
Im Rahmen unserer diesjährigen nationalen Fairtrade Kampagne „Lëtz Step to Fairtrade“ haben wir den peruanischen Fairtrade Kaffee Produzenten Deciderio Lozano Rios nach Luxemburg eingeladen – und ich durfte ihn als Dolmetscherin eine Woche lang begleiten.
Wie muss es sich anfühlen aus seinem täglichen Umfeld im Regenwald Perus plötzlich in die westliche Kultur einzutauchen? Wie muss es sich anfühlen statt des gewohnten Transportmittels – Esel – plötzlich jeden Tag mit dem Bus oder dem Auto auf einer dreispurigen Autobahn zu fahren ? Wie muss es sich anfühlen anstatt täglich auf der Kaffeeplantage zu arbeiten, eine Präsentation auf einer Pressekonferenz zu halten?
Im Rahmen unserer diesjährigen nationalen Fairtrade Kampagne „Lëtz Step to Fairtrade“ haben wir den peruanischen Fairtrade Kaffee Produzenten Deciderio Lozano Rios nach Luxemburg eingeladen – und ich durfte ihn als Dolmetscherin eine Woche lang begleiten.
Ich sah zum ersten Mal dieses Jahr eine braungebrannte Person (es war hier schließlich erst April). Wir begrüßten uns auf Spanisch und wurden direkt zur Pressekonferenz gefahren. Der Small-talk im Auto wurde irgendwann von der Stille abgelöst. Einmal am Ort der Pressekonferenz angekommen, wurden noch die letzten Änderungen vorgenommen – es herrschte zunächst etwas Chaos.
Dann war es soweit, die Pressekonferenz war mein großer Moment : ich sollte vor versammelter luxemburgischer Presse das Statement des Produzenten von Spanisch nach Deutsch dolmetschen (ja, ich hatte schon ein bisschen Druck !) – aber es hat letztendlich super geklappt !
Beim anschließenden Essen wurde Deciderio aber leider wieder sehr wortkarg. Ich redete mir schließlich ein, es sei sein erster Tag im ungewohnten Umfeld und er habe dazu noch den Jetlag der langen Reise.
Zu meiner Erleichterung wurde er die Tage darauf sichtlich gesprächiger. Wir fuhren zu den verschiedenen Meetings und Aktionen und was das dolmetschen anging wurde ich immer entspannter. Die Aktionen dienten der Sensibilisierung der luxemburgischen Öffentlichkeit über die Herkunft des fair gehandelten Kaffees und des Weges der Kaffeebohne bis hin zum servierfertigen Kaffees im Supermarkt. Wir nahmen an Fortbildungen, Verkostungen und Besichtigungen einer Kaffeerösterei teil, und Deciderio berichtete über seine Tätigkeit in Peru und wie Fairtrade die dortigen Verhätnisse verbessert und zur Entwicklung der Region beiträgt. Ich konnte mich also aus erster Hand überzeugen, dass der faire Handel tatsächlich wirkt und eine Alternative zum konventionellen Markt darstellt.
Deciderio blühte auch immer weiter auf. Man sah ihm förmlich an, wie begeistert er darüber war, wie wir hier in Luxemburg seinen Kaffee aus Peru verbreiten. Wir hatten viele spannende Gespräche mit verschiedenen Personen, die ehrliches Interesse zeigten Deciderios Geschichte und Erfahrungen zu hören – und ich war als Dolmetscherin natürlich immer im Geschehen. Ich weiß noch genau, wie oft ich einfach nur „danke“ übersetzen musste, denn das war Deciderios Dauerzustand : Dankbarkeit. Er wurde nach Luxemburg eingeladen und war dankbar. Er sah die Leute seinen Kaffee kaufen und war dankbar. Er kam in’s Gespräch mit den Leuten und war dankbar. Er wurde als Teil unseres Fairtrade-Teams angesehen und war dankbar. Er sagte er fühle sich „wie in seiner Familie“. Und gerade die persönlicheren Momente zwischen Meetings und Verkostungen waren die schönsten und bewegendsten. Es entstand eine richtiger Austausch zwischen unserem Team und Deciderio, was für beide Seiten unglaublich bereichernd war. Wir teilten lustige wie auch emotionale Momente. Meine Chefin war begeistert von seinen „mulas“, seinen Eseln, und bewegt von der Tatsache, dass er einen Jungen aus ärmlichen Verhältnissen aufgenommen hat, um ihm im Kaffeeanbau eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen.
Ich habe selten in einer Woche so viel gelernt und erfahren. Während vor Jahren Kaffee noch auf tieferen Ebenen angebaut werden konnte, muss er jetzt aufgrund der globalen Erwärmung auf höhreren Lagen angebaut werden. Dies erschwert die Arbeit der Produzenten, da die Plantagen schwieriger zu erreichen sind und aufgrund der Höhe zunehmende körperliche Anstrengung die Regel ist. Deciderios Finca liegt auf 1350 Meter Höhe und er nennt sie liebevoll „Llega si puedes“ also „Komm, wenn du es schaffst“. Doch ich habe nicht nur neue Kentnisse über den Kaffeeanbau bekommen, sondern auch auf persönlicher Ebene. Deciderio hat mir Einblicke in sein Leben und seine Familie gegeben, die in starkem Kontrast zu meinem Leben stehen. Er hat mich daran erinnert, wie gut wir es hier haben und dass wir im Westen wirklich im Überfluss leben. Auch wenn er als Kaffeeproduzent wenig besitzt, wirkt er irgendwie glücklicher als so manch ein Businessman, der drei BWM in der Einfahrt stehen hat.
Nach dieser Woche war ich dann aber doch etwas erleichtert. Es war eine super Erfahrung, aber hat sich ab und zu ein wenig wie Babysitten angefühlt. Nichtsdestotrotz war es für mich das Highlight meines EVS. Ich habe innerhalb einer Woche unglaublich viel erlebt und wertvolle Erkenntnisse gesammelt, die ich an dieser Stelle noch mal betonen möchte:
1. Fairtrade wirkt. Natürlich gibt es immer Luft nach oben zur Besserung, aber ich habe gemerkt, dass die Unterstützung, die Fairtrade verspricht, auch tatsächlich bei den Produzenten ankommt.
2. Der Klimawandel ist da – und zwar schon länger. Gerade die Produzenten im Süden spüren die Effekte des Klimawandels am stärksten und sind am schlimmsten betroffen. Sie mussten sich anpassen und haben es getan. Jetzt liegt es auch und insbesondere an uns in der westlichen Welt das gleiche zu tun!
3. Weniger ist mehr. Man kommt im Leben sehr gut mit weniger aus und wird laut verschiedener Studien dadurch auch glücklicher. Je weniger man von materiellen Dingen abhängig ist, desto glücklicher und freier ist man.
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