Irgendwo im Nirgendwo
Verzweifelt im Niemandsland und rasante Grenzkontrollen
"Ist dein Ipod eigentlich auch schon mal aus dem Fenster gefallen?" Ja, mit einem solchen Satz kann hier in Rumänien schon mal ein Tag beginnen, wenn die Mitbewohnerin beim Ausleeren ihres Rucksackes die Rechnung ohne eine offene Seitentasche gemacht hat und das Vordach nun mit Ipod und Taschentüchern dekoriert ist. An dieser Stelle ein großes Lob an Apple- der Ipod hat den Sturz überlebt! Diesen musste ich nämlich samt Taschentüchern ( Ich glaube die Aktion galt mehr dem Ipod) mit Hilfe einer von einer Baustelle geklauten Leiter zurückerobern- wir haben die Leitern zurück gebracht! Einige Passanten verfolgten diese Aktion doch recht skeptisch.Ich habe mir übrigens vorgenommen am Ende 8 Blogeinträge verfasst zu haben- man braucht ja Ziele im Leben. Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass ich von einer Zeitung mit einem solchen Schreibverhalten bereits gefeuert worden wäre.
Zu meiner Arbeit kann ich nicht wirklich etwas Neues berichten. Ich könnte jetzt behaupten, dass alles seinen gewohnten Gang geht, doch ich bleibe bei der Wahrheit: Ich habe seit dem letzten Blogeintrag ganze 2 Tage arbeiten müssen auf Grund von Osterferien und Projektwoche in den Schulen. Aber nächste Woche geht es dann wieder los- Ich musste mich schließlich auch mal von den bisherigen auszehrenden Monaten erholen! Meine rumänische Präsentation habe ich erfolgreich hinter mich gebracht- ich achtete sehr darauf, dass ich den Fehler mit den "eingelegten" Opfern aus dem zweiten Weltkrieg nicht wiederholte. Zuvor besuchte ich planmäßig Dubai- und konnte dort 3 Tage nicht aufhören zu staunen. Angefangen mit der Wohnung unseres Hosts, die einen unglaublichen Ausblick auf den Yachthafen Dubais hatte bis hin zum Burj Khalifa, dem höchsten Gebäude der Welt, wo ich den wohl bisher besten Ausblick meines Lebens genießen durfte. Wären doch nur alle Aufzüge so schnell wie der dieser! Des weiteren bestaunten wir die Wassershows, die meines Erachtens vor allem bei Nacht ihre volle Wirkung entfalten (Kurze Anmerkung an unseren Bürgermeister: Wäre es eventuell möglich diese Shows auch im Gemminger Teich abzuhalten? Dann würde ich eventuell dort wohnen bleiben...). Allein die Mall in Dubai ist gefühlt größer als mein Heimatdorf- Ja, ich habe mich dort verirrt. Von außen bestaunten wir auch das einzige 7 Sterne Hotel Dubais- die 100 Euro für einen Tee schienen mir dann doch ein klein wenig überteuert. Das absolute Highlight in Dubai war aber das Gefühl nur ein T-shirt zu tragen, etwas was nach 6 monatiger rumänischer Arktis unvergleichlich ist. Zudem verbrachten wir einen Tag am Strand, nachdem wir zuvor vergeblich die "größte" Moschee Dubais gesucht hatten - Sie sehen alle gleich aus, kreativ ist etwas anderes! Allein die Metro Dubais ist ein Hingucker, was darin liegen könnte, dass sie nicht unterirdisch verläuft. Von gigantischen Stahlträgern gestützt, führt sie entlang der unzähligen Skylines der Stadt und macht so jede Fahrt zu einem Erlebnis. Bevor ich jetzt zu sehr ins Schwärmen gerate -ich glaube dafür ist es schon zu spät- ein gut gemeinter Rat: Dubai hat 2 Flughäfen! Informiert euch vorher welcher der richtige ist, spart Zeit und Geld! ( und bewahrt einen Taxifahrer auf dem Weg zum jeweiligen anderen ein illegales Straßenrennen zu fahren).
Dann besuchte ich im Anschluss mit meiner Schwester erneut Bukarest und im Anschluss Baia Mare. In Bukarest wurde auch meine Schwester Zeuge der rumänischen Freundlichkeit, als ein anderer Passagier ungefragt eine halbe Stunde investierte, um unsere normalen Tickets in solche mit Schlafbetten umzutauschen. Es ist mir aber nach wie vor ein Rätsel, wie die Dame am Ticketschalter meine im perfekten rumänisch formulierte Anfrage nicht verstehen konnte! Bahnbeamte in Rumänien haben Gerüchten zufolge die Auflage, mit einer Geschwindigkeit zu arbeiten, die es ihnen maximal ermöglicht, 3 Kunden pro Tag zu bedienen. Dass meine Schwester dann kein Auge im Schlafwaggon zutat, ist da schon fast nebensächlich. Baia Mare empfing uns herzlich mit Schnee im April (?!). Säuberungsaktionen jeglicher Form werde ich aber in Zukunft unterlassen- sie werden einfach nicht vollständig gewürdigt. Zudem unternahmen wir einen Tagesausflug zur größten Salzmine Europas (spendet bitte jemand dorthin einen schnelleren Aufzug? 1 Stockwerk/h scheint mir zu langsam). Im unteridisch vorhandenen See konnte ich meine Schwester auch von meinen nicht vorhandenen Ruderkünsten überzeugen. Auch mit Hilfe ihrer klugen Kommentare ("Florian, die Ruder sind gar nicht im Wasser", "So funktioniert das sicher nicht") verlief die Fahrt sehr unruhig. Wir schafften auch nur eine halbe Umrundung, da sie Angst hatte ihren 8 Stunden späteren Flug zu verpassen. Meine Schwester stellte als Fazit fest, ich müsse froh sein auf dem Festland zu leben! Zu Teilen muss ich ihr Recht geben, ich wage zu behaupten früher als Ruderer als Ballast über Bord geworfen worden wäre. Sollte ich jedenfalls jemals eine Freundin finden, muss ich wohl noch etwas üben, bevor ich sie zu einem romantischen Ruderausflug einladen kann. Mit einer solchen Darbietung wäre ich dann nämlich wieder Single.
Außerdem besuchte ich per Anhalter mit 3 anderen Freiwilligen die rumänische Studentenstadt Iasi und die moldawische Hauptstadt Chisinau. Solche Anreisen können ziemlich abenteuerlich werden. Viele rumänischen Autofahrer haben es leider nie in die Formel 1 geschafft und fahren deshalb die Rennen jetzt auf den Straßen. Da ich einen solchen Fahrstil schon von meinem Vater gewohnt bin, ist das keine große Umstellung. Abenteuerlich sind aber vor allem Fahrten mit dem Lkw. Angetrieben von der bis zum Anschlag aufgedrehten rumänischen Volksmusik (die Gerüchten zufolge in Guantanoma verstärkt als Foltermittel verwendet wird) entwickeln die Fahrer ein gewisse Emotionalität, was dazu führt, dass häufiger gehupt als gebremst wird und mehrer alte Menschen auf Zebrastreifen beinahe ihr Leben lassen (unter Gehupe versteht sich). Die beiden Städte wären schön anzusehen und das Wetter war traumhaft. Moldawien ist zwar auf jeden Fall einen Ausflug wert, aber sehr untouristisch. Die offzielle Landessprache ist rumänisch, aber geantwortet wurd liebend gern auf russisch- ich nicke dann immer wissend. Auf der Rückreise waren wir dann vom Pech verfolgt. Per Anhalter wollte es einfach nicht klappen, weshalb wir uns nach einer Odysee durch die ganze Stadt Bustickets nach Iasi besorgten, wo die Nacht verbrachten. Dieser Bus wurde jedoch gestrichen- man verlegte uns kurzerhalb in einen anderen überfüllten- als Belohnung durfte man dann noch Geld dazuzahlen. Grenzüberschreitungen nach Rumänien können in einem solchen Bus vieeeeeel Zeit in Anspruch nehmen. Ein Mann kontrolliert in Seelenruhe 50 Pässe während 7 andere wahllos Koffer öffnen und schließen - das nenne ich sinnvolle Arbeitsteilung. Glaubt man den größten Teil überstanden zu haben, geht der Spaß erst richtig los. Sämtliche Moldawen und Rumänen im Bus stürzten sich auf den Duty Free Shop wie Alkoholiker auf den Freibierstand. War diese Kaufwut erst mal erloschen ging es weiter zur rumänischen Grenze, wo glücklicherweise alle 50 Koffer gescannt wurden. Das Sicherheitsband wird vermutlich aus dem All gestartet- das würde die Verzögerung erklären. Aber nach nur 90 Minuten war unser Aufenthalt an der EU Grenze auch schon beendet. Nach dem wir die Nacht in Iasi verbracht hatten, wollten wir im Folgetag nach Baia Mare trampen, was nur nicht gänzlich funktionerte. Meine österreichische Mitfahrerin - sofern man sie so nennen darf, gefahren sind wir kaum- und ich warteten 4 Stunden vergeblich auf ein Auto im rumänischen Niemandsland. Die Landschaften lassen sich nur so beschreiben- Irgendwo im Nirgendwo. Völlig verzweifelt nahmen wir dann einen Zug nach Cluj. Leider hatten die Anonymen Alkoholiker Tagesausflug, denn der ganze Zug war mit einem leichten Biergeruch überzogen vermischt mit Urin (was auch an der defekten Toilette liegen könnte). In Cluj angekommen mussten wir nur noch 6 Stunden warten, bis ein Bus uns nach Baia Mare brachte- ein Kurztrip sozusagen.
Es kommt mir nach wie vor unwirklich vor, wenn ich daran denke, dass mein Projekt in 6 Wochen zu Ende geht. Die Zeit vergeht vor allem wegen des vielen Reisens rasend schnell. Am Wochenende besuche ich dann mit 2 Freiwilligen die rumänische Stadt Timisoara (ich hoffe das trampen klappt dann besser) und nächsten Monat Lettland und Estland - ja nebenbei arbeite ich dann auch gelegentlich. Am liebsten würde ich noch länger in diesem tollen Land bleiben (Sorry Mama und Papa), das leider nie touristisch wahrgnommen wird, obwohl es unglaublich viel zu bieten hat und ich rate jedem, der die Chance hat es zu besuchen! Ich werde jedenfalls die Restzeit hier genießen und mich mit Sicherheit immer unglaublich positiv an die tolle Zeit zurückerinnern.
Grüße aus Baia Mare
PS: Die Socken sind nach wie vor sehr, sehr einsam.
PPS: Die von meiner Mutter angemerkten Rechtschreibfehler sind gewollt und dienen zur zusätzlichen Belustigung.
PPPS: Das mit den Handschuhen war ein Witz! Ich muss sie leider doch zurückverlangen!
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