Hauptstadtfeeling II - Deutsche Geschichte im Warschau des II.WK
Ein spezielles Kapitel der deutsch-polnischen Beziehungen waren die Verbrechen des II. Weltkrieges und ihre Aufarbeitung. In Warschau waren das neben zahlreichen Einzelschicksalen das Warschauer Ghetto und der Warschauer Aufstand. Deshalb widmete ich diesem Thema den zweiten Teil meines Warschau-Berichtes.
Eines der dunkelsten Kapitel deutsch-polnischer Geschichte hat sich ebenfalls in Warschau abgespielt. Vielleicht haben einige von dem Film „Miasto 44“ (Stadt 44) gehört, der diesen Sommer in die Kinos kam und von einer Liebesgeschichte während des Warschauer Aufstandes 1944 gegen die deutsche Besetzung handelt.
Gleich zu Beginn des 2.Weltkrieges im September 1939 marschierte die deutsche Armee in Polen ein. Schnell zog sich die polnische Armee nach Warschau zurück, doch auch diese Stadt musste nach verheerenden, weite Teile des Stadtgebietes zerstörenden Kämpfen am 28.09.1939 kapitulieren. Dies war durchaus nicht das erste Mal, dass Polen von fremden Mächten besetzt wurde. Besonders stolz sind die Polen deshalb auf eine Art Widerstandskultur, die sich in all den Belagerungen gebildet hat. Auch im 2. Weltkrieg wurde von Warschau aus der Kontakt zur polnischen Exilregierung in London gehalten und die Untergrundbewegung organisiert. Der Höhepunkt dessen war der Warschauer Aufstand beginnend am 1. August 1944. Wie im Film „Miasto 44“ gezeigt wird, kämpfte die gesamte Stadtbevölkerung gegen die deutsche Besatzung. Nach ersten Erfolgen verweigerte die Rote Armee, die ihre Demarkationslinie an der östlichen Seite der Weichsel begann, jegliche Unterstützung. Nicht einmal Landeplätze für Hilfstrupps der Westalliierten wurden bereitgestellt. Ohne Nachschub war der größte Aufstand Europas gegen die deutsche Besatzungsmacht zum Scheitern verurteilt. An der Stadtmauer zur Altstadt gibt es ein Denkmal eines kleinen 10-jährigen Jungens, der für all die Kinder steht, die auch mitkämpften. Insgesamt starben 200.000 Menschen während des Aufstandes. Als Vergeltungsschlag wurde ein Großteil der überlebenden Bevölkerung in Konzentrationslager abgeführt und der westliche Teil Warschaus (auf der östlichen Seite standen ja die Russen) wurde systematisch von der deutschen Armee gesprengt. Die ehemalige Hauptstadt war zu einer Ruinenstadt ohne Einwohner geworden.
Unabhängig davon gab es einen weiteren Aufstand in Warschau. Sicher ist euch der Kniefall von Willy Brandt im Dezember 1970 vor dem Denkmal des Aufstandes des Warschauer Ghettos in Erinnerung bzw. bekannt. In Warschau befand sich eine der größten jüdischen Gemeinden Europas. Aus logistischen Gründen wurde deshalb am 15.10.1940 das jüdische Viertel eingezäunt und als jüdisches Ghetto umfunktioniert. Alle außerhalb wohnenden jüdischen Bewohner wurden in diesen Distrikt zwangsumgesiedelt, so dass am Ende auf 2,4 % der Stadtfläche 30 % der Bevölkerung Warschaus leben mussten. Um die rund 550.000 Einwohner zu versorgen und Epidemien zu vermeiden organisierten sich erste Hilfsorganisationen im Ghetto. Dennoch waren die Lebensumstände natürlich erniedrigend und zehrend. Im Zuge der Operation „Endlösung der Judenfrage“ wurden täglich immer mehr Juden in Konzentrationslager oder zur Zwangsarbeit abgeführt. Um sich nicht widerstandslos zu ergeben, organisierten die Bewohner des Ghettos Kämpfer, schmuggelten Waffen in das Lager und errichten sogar Molotowcocktail-Fabriken. 1964 wurden noch 100.000 Molotowzünder im Gebiet des ehemaligen Ghettos gefunden. Am 18.April 1943 begann der Aufstand, der allerding angesichts der Übermacht der deutschen Armee blutig niedergeschlagen wurde. Insgesamt starben auf beiden Seiten zusammengerechnet 12.000 Menschen, weitere 30.000 Juden wurden als Strafe hingerichtet.
Als die Rote Armee am 17.01.1945 im Zuge der Oder-Neiße-Operation in westliche Richtung vordrang, gelang auch das völlig zerstörte und entvölkerte Warschau unter sowjetische Führung. Bereits im Februar 1945 entstanden erste Pläne zum Wiederaufbau der architektonischen Zeitzeugen des einst prachtvollen, florierenden Warschaus.