GRIECHENLAND | Kali Anesti – Ostern
Während in Deutschland Pfingsten naht, erholen sich die Griechen gerade erst von Ostern. Sarahle hat es erlebt: "Ich kann wirklich jedem nur raten, einmal zur Osterzeit nach Griechenland zu kommen."
Karfreitag: Glockengeläut mit Wanderung
Nun war es endlich auch in Griechenland so weit: Ostern. Ich hatte mich schon Wochen vorher darauf gefreut, weil ich unbedingt wissen wollte, wie Ostern hier gefeiert wird.
Fabiana und ich sind extra um 10.00 Uhr aufgestanden und in die Kirche gegangen. Überall waren Menschen. Und alle waren schwarz gekleidet. In der Kirche standen und saßen die Leute mit Kerzen in der Hand und haben den Worten des Pfarrers gelauscht. In der Mitte der Kirche war eine kleine Nachgestaltung einer Kirche. Mit lauter weißen Blumen, weißen Stoffen und innen drin lag eine Nachbildung Jesus’. Als der Gottesdienst vorbei war, in dem wir kein Wort verstanden haben, haben sich die Leute in Reihen aufgestellt und Blumen an das Gebäude gelegt und gebetet.
Am Karfreitag läuten die Glocken der Kirchen alle 10 Minuten, weswegen wir versucht haben, ein ruhigeres Plätzchen zu finden. Wir sind zu Manolis nach Hause und haben mit ihm eine Kirchentour durch Litochoro gemacht. Insgesamt gibt es vier Kirchen hier, eine war allerdings geschlossen. Und in jeder dieser Kirchen steht die Nachbildung der Kirche aus weißen Blumen mit Jesus darin. Wenn die Leute in die Kirche gehen (die meisten hier sind orthodox) bekreuzigen sie sich mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger. In allen Kirchen sind Bilder der Jungfrau Maria, Jesus etc. aufgestellt und die Gläubigen küssen diese Bilder. Außerdem werden Kerzen am Eingang aufgestellt, wenn man hinein geht.
Am Abend war wieder ein Gottesdienst und das Zentrum von Litochoro war voll mit Menschen. Nachdem der Gottesdienst beendet war, wurde die „Blumenkirche“ nach draußen getragen. In Begleitung des Pfarrers befanden sich der Chor, Soldaten, die darauf achteten, dass niemand zu nahe an das „Gebäude“ kam, und das Kreuz, getragen von einem der Männer. Dieser ganze Zug machte sich auf den Weg von der Kirche ins Zentrum und von dort eine Straße hinauf. Alle Leute folgten dem Zug.
Am Ende dieser Straße trafen wir auf einen anderen Menschenzug von einer anderen Kirche, die ebenfalls ihre „ Blumenkirche“ dabei hatten. Dann wurde zusammen gebetet und gesungen und Weihrauch verschüttet. Anschließend ging der eine Zug in die eine, der andere in die entgegengesetzte Richtung. Und die Leute folgten ihnen. Es wurde weiter gesungen und gebetet, während wir hinter der „ Blumenkirche“,die beleuchtet war, durch Litochoro her liefen. Schließlich kamen wir wieder an der Kirche an und die Soldaten trugen das „Gebäude“ weiterhin. Alle Menschen, die wollten, konnten darunter durchgehen. Das sollte Glück bringen. Danach war wieder ein Gottesdienst, aber das war dann doch zu viel.
Fabi, ein paar Jungs die wir kennen gelernt hatten und ich wollten nach Katerini in eine Disco, aber wir haben keine offene gefunden. Und wenn eine offen war, dann war kein Mensch drinnen. Der Grund war wohl, dass Karfreitag war und da nicht gefeiert wurde… So beschlossen wir, uns Wein zu kaufen, an den Strand zu fahren und dort ein Lagerfeuer zu machen. Die ersten beiden Sachen haben prima geklappt, aber das mit dem Feuer machen gestaltete sich ziemlich schwierig. Es war verdammt windig und das Holz vielleicht feucht. Ich weiß es nicht, auf jeden Fall hat es nicht funktioniert. Nun ja, es war auch so sehr witzig. Da die Jungs nur sehr wenig Englisch sprechen, unterhielten wir uns in einem Mischmasch aus Englisch, Griechisch, Italienisch und Deutsch. Und wir benutzten Hände und Füße. Wir haben dabei auch einige neue Wörter auf Griechisch gelernt. Komischerweise kann ich mir die besser merken, als die Wörter, die ich so lerne. Irgendwann dann, kurz vor Sonnenaufgang sind wir nach Hause. War echt super schön der Abend und die Nacht.
Samstag: Feuerwerk und Eier mit einer Portion Glück
Den Tag sind wir ganz relaxt angegangen. Lange geschlafen, Eis gegessen und in der Sonne gelegen. Später haben wir Manolis getroffen und sind mit ihm einen Kaffee trinken gegangen. Ach ja, an Ostern waren nur Fabi und ich hier in Litochoro, die anderen Mädels waren in Istanbul oder Athen, Lali für eine Woche in Spanien.
Gegen Abend sind wir dann heim, haben uns fertig gemacht und wollten erst mal Pita-Gyros essen gehen. Aber alle Shops waren geschlossen. Klar, die Griechen fasten hier bis Ostersamstag um Mitternacht. Sie essen kein Fleisch, nichts von Tieren und kein Öl. Aber wir fanden schließlich doch noch ein Platz, wo wir Gyros gegessen haben. Danach sind wir Billard spielen gegangen und gegen 23.00 Uhr ins Zentrum. Dort waren wieder super viele Leute und alle in ihren schönsten Kleidern (die Männer im Smoking, die Frauen in schönen Kleidern oder Zweiteilern) und mit den schönsten Kerzen, die sie kaufen konnten. Manolis hat uns dann erzählt, dass er das nicht so mag. Da geht’s eigentlich mehr darum, sich selbst zu präsentieren und insgeheim zu wählen, wer die schönste Kerze hat. Mit der schönsten Verzierung, den schönsten Farben und so weiter. Fabi und ich hatten uns vorher zwei Kerzen aus der Kirche besorgt. Dünn, weiß und ohne irgendeine Verzierung. Klar, dass unsere die Schönsten waren.
Wir warteten bis der Gottesdienst beendet war und der Pfarrer hinaus kam. Er stellte sich auf ein extra gebautes Podest und fing an, aus der Bibel zu lesen und zu beten und zu singen. Als der Pfarrer aus der Kirche kam, zündeten alle ihre Kerzen an. Es sah wunderschön aus mit den hunderten von Lichtern im Dunkeln der Nacht…Punkt zwölf Uhr wünschte der Pfarrer „Frohe Ostern, Kali Anesti“. Die Glocken läuteten und das Feuerwerk startete. Jeder umarmte den anderen und sie wünschten sich gegenseitig „Kali Anesti“.
Es gibt dann noch einen anderen Brauch: man färbt gekochte Eier rot und jeder nimmt ein Ei und schlägt es gegeneinander. Mit jedem Ei hat man zwei Chancen. Derjenige, dessen Ei am wenigsten kaputt gegangen ist, hat am meisten Glück. Fabis und mein Ei waren zum Schluss natürlich kaputt und das Ei von Manolis hatte keine einzige Schramme. Er hat uns dann gesagt, dass es eine bestimmte Technik gibt, wie man das Ei hebt. Gezeigt hat er sie uns aber nicht.
Auch die Kerzen haben einen Grund: Wenn das Feuerwerk vorbei ist und die Leute heimgehen, um die traditionelle Suppe (Innereien mit Gemüse) zu essen, lassen sie die Kerzen auf ihrem Heimweg brennen. Auch das soll Glück bringen. Es war wunderschön und mir gefällt es sehr gut, wie die Griechen Ostern feiern. Und die kleinen Bräuche sind total interessant.
Wir haben die Jungs vom Abend davor wieder getroffen und diesmal fanden wir alle Discos geöffnet. Wir sind ins „ Casa“ gegangen, eine große Disco in Paralia, einem Teilort von Katerini am Meer. Es ist eher ein Touristenort. Wenn man hinein geht sieht man riesige Kronleuchter, Kerzen in gold schimmernden Haltern, roten Teppich und alle sehr elegant gekleidet. Wie jeder an diesem Tag. Wir haben getanzt und gesungen bis spät in die Nacht.
Ein ziemliches Phänomen hier in Griechenland: Wenn man abends weg geht und tanzen will, sollte man bis etwa 2.00 Uhr warten. Denn dann wird etwas Alkohol getrunken, die Stimmung wird besser und der DJ beginnt, griechische Lieder zu spielen. Das ist echt krass hier. Bei griechischen Songs springen alle von ihren Stühlen auf und fangen an zu tanzen und zu singen, bei internationalen Songs allerdings sitzen sie alle und reden. Das ändert sich dann aber auch, wenn es so gegen 5.00 Uhr ist.
Ostersonntag und Ostermontag: Familientreff und Mahlzeiten
An diesen beiden Tagen kommen alle Verwandten und machen sozusagen ein Familientreff. Traditionell werden in allen Gärten Lämmer am Spieß gebraten und mit Salat und Gemüse und Kartoffeln serviert. Eigentlich essen sie, die Griechen, an diesen Tagen nur. Das ist, denke ich, das gleiche wie in Deutschland. Nach dem Essen machen sie einen Spaziergang oder einen Ausflug und dabei ein Picknick. In Athen lassen sie Drachen steigen. Das soll sehr schön aussehen. Hier habe ich allerdings keinen Drachen gesehen.
Fabi und ich haben nicht sehr viel gemacht. Wir lagen in der Sonne und haben unseren Schlaf der vergangenen Nächte nachgeholt.
Dieses Ostern war wirklich wunderschön und ich bin wirklich megafroh, dass ich das miterleben durfte. Und ich kann wirklich jedem nur raten, einmal zur Osterzeit nach Griechenland zu kommen.
Es lohnt sich, ich schwöre!