Frohe Ostern, die Zweite
Oh ja, Ostern ist dieses Wochenende, zumindest hier in Moldawien.
Nachdem ich erst vor kurzem unser „normales“ Ostern mit deutschem Osterlamm und original gefärbten Ostereiern gefeiert habe, ist dieses Wochenende das orthodoxe Ostern voll im Gange.
Schon Mitte der Woche sprossen im Park nahe der Kathedrale Dekorationen wie Pilze aus dem Boden.
Überdimensionierte, glitzernde, leuchtende, kitschige Ostereier nehmen ihren Platz auf dem frisch sprießendem Gras ein.
Kleine auf Laternenmasten sitzende Leucht-Engel erregen nur nachts dank ihrer 'schlagenden' Flügel Aufmerksamkeit.
Ein Osterhase und ein noch größeres Osterei thronen vor der großen Treppe, die hinunter zum Glockenturm und der Kathedrale führt.
Gestern Nacht strömten dann so gut wie alle Moldawen zu den überall verstreuten Kirchen, um dort die Ostermesse zu begehen.
Da das meine wohl demnächst einzige Chance auf eine orthodoxe Osterfeier sein würde, entschloss ich mich mit anderen Freiwilligen, uns dem Strom von Gläubigen anzuschließen.
Mit einem typischen Osterkuchen, der sich später eher als eine Mischung aus geschmacklosem Zopf und Brinza (dem örtlichem Käse) herausstellen sollte, machten wir uns um 2 Uhr nachts auf den Weg zur großen Kathedrale.
Schon unterwegs kamen wir an kleineren Kirchen vorbei, konnten die feierlichen Gesänge schon von weitem hören und waren über die Zahl der Versammelten erstaunt. Diese hatten verblüffender Weise nicht einmal alle Platz in den Kirchen, sondern standen bis auf die Straße. Die Türen waren weit geöffnet, um jedem die Möglichkeit zu geben, am Geschehen teil zu haben.
Schließlich an unserem Ziel angekommen brauchte ich erst einmal ein wenig Zeit die Lage zu überblicken.
Die Moldawen hatten sich auf dem großen Platz vor der Kirche in sauberen Reihen aufgestellt. Die meisten von ihnen hatten Körbe voller Osterkuchen, Äpfel und Eier vor sich stehen, manchmal auf kunstvoll bestickten Decken. Überall konnte man Kerzen brennen sehen, manche in den Kuchen steckend, manche in den Händen der Gläubigen.
Als auch wir Freiwilligen, natürlich mit bedeckten Haaren, in diesen Reihen unseren Platz einnahmen, überkam uns bei dem kläglichen Anblick unseres gekauften Kuchens auf dem Plastikbeutel vor uns ein schlechtes Gewissen.
Trotzdem waren wir gespannt auf das, was nun passieren sollte. Ein Freund hatte gemeint, dass zwischen 3 und 4 Uhr der spannendste Teil der ganzen Nacht zu erwarten sei. Also warteten wir, begleitet vom Gesang des Kirchenchores, der mithilfe von Lautsprechern über den Kirchenplatz schallte.
Punkt 3 Uhr begannen die Glocken in einer Weise zu schlagen, wie ich sie hier noch nie gehört habe.
Es war eine Melodie, die sich bei jedem Schlag verändert, aber doch auf ungewöhnliche Weise immer wieder zu ihrem Ursprung zurückzufinden schien.
Gleichzeitig trat eine kleine Prozession aus der Kirche, die weiß gewandeten Männer teilten sich in kleiner Gruppen auf und gingen die Reihen der Wartenden ab.
Diese und deren Osterkörbe wurden dann von dem voraus gehendem Priester mit Weihwasser gesegnet. Dem weihendem Priester folgten der Weihrauch- und der Spenden-Priester.
Kaum hatten die Gläubigen ihre Segnung bekommen, packten sie auch schon wie in Eile ihre Ostergaben in ihre Körbe und machten sich auf den Heimweg.
Innerhalb weniger Minuten war der zuvor noch gefüllte Platz wie leergefegt, nur wenige machten noch Erinnerungsbilder mit der allgegenwärtigen Dekoration.
Ungewöhnlich an dieser Weihwassersegnung war jedoch, dass die Menschen nicht (wie mir eigentlich bekannt) mit dem Weihwasser beträufelt/bespritzt wurden, sondern einen ganzen Schwall davon mitten in das Gesicht abbekamen.
Vor allem der, nach der Kopfbedeckung zu schließen, ranghöchste Priester sparte nicht mit dem geweihten Wasser, dass in einem großen goldenen Bottich hinter ihm hergetragen wurde, und hatte auch den eindrucksvollsten Zweigwedel.
Auch eher unerwartet waren die Materialien der anderen Priester-Gruppen. Dort wurde das Wasser in einfachen blauen Plastikeimern, wie man sie auch zum Putzen benutzt, getragen und in schwarzen Müllsäcken die Spenden der Gläubigen gesammelt.
Doch außer uns Freiwilligen schien niemandem diese, sagen wir besondere, Ausstattung der rangniedrigeren Priester aufzufallen.
Insgesamt kann man aber sagen, dass der Abend der wohl kulturell-interessanteste meines bisherigen EVS war :)