Französischer Kulturschock
Wo einem die Sprachen um die Ohren fliegen, die Nase nie gekannte Gerüche entdeckt und der Kunde niemals König sein wird.
Knapp eine Woche erst lebe ich in Rosny-sous-Bois, einem Vorort/Banlieue von Paris. Diese Woche war jedoch voller Eindrücke und neuer Erfahrungen, dass man kaum zur Ruhe kommt, um seine Erlebnisse einmal sacken zu lassen.
Sprachenchaos
Wir leben derzeit zu viert in einem großen komfortablen Haus, mit perfekter Bindung ins Zentrum von Paris (20-30min) und allen lebenswichtigen Dingen direkt um die Ecke. Eine Polin, zwei Spanierinnen und ich bilden eine multikulturelle Wohngemeinschaft mit bizarrem Sprachgebrauch: da die Polin und ich besser in Englisch sind, sprechen wir Englisch miteinander, da die eine Spanierin kaum Englisch, jedoch sehr gut Französisch spricht, sprechen wir Französisch miteinander. Die andere, erst kurz dazugestoßene Spanierin kann kaum Englisch und kein Französisch sprechen, wodurch entweder irgendwie übersetzt werden muss oder mit Händen und Füßen kommuniziert wird. Wenn dann auch noch in die Heimat telefoniert wird, führt dies dazu, dass in unserer WG Englisch, Französisch, Spanisch, Polnisch und Deutsch zu hören ist, was ziemlich interessant ist, woran man sich jedoch erst gewöhnen muss. Eigentlich haben wir auch noch einen fünften Mitbewohner - ebenfalls Spanier - welcher jedoch nach zwei Tagen die Heimreise angetreten hat, da ihn das Heimweh dazu brachte, dass es ihm sehr schlecht ging. Nun wird ein neuer Freiwilliger gesucht.....wann und wer steht noch nicht fest, vielleicht bekomme ich ja männliche Unterstützung ;)
Animation jeunesse
Die erste Woche in meiner Organisation war auch sehr erlebnisreich und anstrengend, obwohl noch nicht richtig gearbeitet werden musste, da die Aktivitäten erst nächste Woche starten. Mit meinem Mentor (die zuständige Person für mich bei der Organisation) verstehe ich mich sehr gut - und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Dadurch, dass er einen Freiwilligendiens in Deutschland gemacht hat, können wir uns auf Deutsch, Französisch und Englisch verständigen, was mich manchmal in die Irre führt, wodurch es dann zu Sätzen wie " Do you have a Zettel pour moi s'il vous plaît?" meinerseits kommt.
Während meines Jahres werde ich zuständig für die "Animation jeunesse" sein, also die Jugendanimation. Ich werde Jugendlichen und jungen Erwachsenen bei normalen alltäglichen Dingen, wie Hausaufgaben, helfen oder Spiele und Aktivitäten durchführen, die die Organisation veranstaltet. Außerdem habe ich sehr viel Freiraum für meine eigenen Projekten nach meinen Ideen und Vorstellungen. Es steht schon so gut wie fest, dass ich regelmäßig ein Fußballtraining leiten werde, da ich der Meinung bin, dass Sport eines der Dinge ist, die am besten Verbindungen und Freude schafft. Außerdem möchte ich einige Projekte im Bereich Demokratie, politische Jugendbeteiligung, Anti-Diskriminierung und Geschichte erstellen.
Außerhalb meiner Tätigkeit bei der Organisation habe ich die Möglichkeit mit allen Freiwilligen der Region Île de France selbstständig Projekte zu gründen und dabei ganz Frankreich zu bereisen, wofür eine gewisse Summe von ERASMUS zur Verfügung gestellt wird, diese Community nennt sich "Café SVE à Paris". Diese Gruppe muss sich jedoch erst zusammenfinden und wird Zeit benötigen.
Seine-Saint-Denis
Das Departement Seine-Saint-Denis, in dem ich lebe, zählt zu den ärmsten in Frankreich und stellt den höchsten Anteil an Migranten. Demnach ist es für mich eine komplett neue Welt und es ist interessant zu sehen, dass Menschen aller Hautfarben und Religionen so geballt eng zusammenleben können. Von den negativen Dingen über das Departement, die ich vorher gehört habe, bekam ich bis jetzt noch nichts mit. Aber dazu werde ich bestimmt mal einen extra Bericht verfassen. Vorab: das größte und bekannteste Vorbild in dieser Region ist der französische Fußball-Superstar Kylian Mbappe, welcher jetzt im Alter von 19 Jahren zu den besten der Welt gehört und in dem Vorort Bondy groß geworden ist, wo zurzeit ein riesiges Bild von ihm an einem Hochhaus befestigt ist.
Frankreich und die Stadt der Liebe
Die ersten kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich habe auch ich schon erleben dürfen. Paris ist, wie ich finde, eine ganz eigene Welt. So viele verschiedene alternativ bekleidete Menschen, Kunst an jeder Straßenecke, versteckte Kleinigkeiten und viele andere Dinge machen diese Stadt so unglaublich facettenreich, dass man glaubt, ein Jahr ist viel zu kurz, um alles zu erkunden. Ich hoffe, ich kann öfter in die Stadt kommen, was jedoch nicht mehr als ein bis zweimal die Woche passieren wird. Hier in Frankreich wird viel mehr Wert auf Genuss gelegt, weshalb es überall nach Baguette, Süßem oder anderen Spezialitäten riecht. Oft gibt es Tage, an denen irgendwo ein Markt ist, wo sich viele Menschen aufhalten und frische Lebensmittel, Blumen etc. kaufen.
Mir ist aufgefallen, dass Respekt hier eine größere Rolle spielt. Jeder dankt jedem und ist nett, solange man einander Respekt zollt. Egal welche Hautfarbe, Religion oder Beruf. Außer in der Bürokratie. Da ist nicht der Kunde König, sondern der Verkäufer. Mein Bankkonto zu beantragen oder eine Nahverkehrskarte zu bekommen hat bei mir mehrere Stunden gedauert, da die Verkäufer lieber damit beschäftigt waren ihr Käffchen zu trinken, ihr Geld zu zählen oder einfach ein bisschen über andere Dinge zu quatschen.
So viel dazu, ich werde mich hoffentlich zeitnah wieder melden. Ich hoffe es gefällt euch, was ich schreibe ;)
À bientôt!
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