Essen wir zu viel Fleisch?
Heutzutage kann man Fleisch in Massen und billig kaufen. Wie stehen Jugendliche zu Fleisch?
In den letzten Jahrzehnten hat sich der weltweite Fleischkonsum auf das 4-5fache erhöht. 1961 wurde 71 Millionen Tonnen Fleisch produziert, in 2013 waren es schon 318 Millionen Tonnen. Während in 1961 Europa mit 42% der größte Fleischproduzent auf der Welt war, hat sich der Anteil in 2014 auf 19% gesunken. Asien liegt jetzt mit 40-42% an der Spitze der Fleischproduzenten. Weltweit essen die 28 europäischen Staaten am meisten Schweinefleisch mit 32 kg per Kopf im Jahr, dicht gefolgt von China, Vietnam, Korea und USA. Bei Geflügelfleisch liegt Israel an der Spitze mit 57 kg, gefolgt von USA, Saudi Arabien, Australien und Malaysia. Die EU-Staaten liegen mit 24 kg bei der Hälfte. Rindfleisch wird am meisten in Uruguay (43 kg) gegessen, gefolgt von Argentinien (38 kg), Brasilien und USA (beide 26 kg), Paraguay und Australien.
Wieviel Fleisch konsumiert wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab wie Lebensstandard, Diät, Viehzucht und Verbraucherpreis. Im Vergleich zu anderen Erzeugnissen hat Fleisch hohe Produktionskosten, einen hohen Energie- und Wasserverbrauch und trägt viel zur Umweltverschmutzung und -schaden bei.
In Dänemark, wo ich gerade mit 60 Leuten studiere und esse, ist es normal, zwei Mal am Tag Fleisch zu essen. Ich habe mit dem dänischen Küchenchef, der seit mehreren Jahren in der Schule arbeitet, über Fleischkonsum bei jungen Leuten geredet:
Wie ist denn der Fleischkonsum unter jungen Leuten heutzutage?
Die meisten Dänen sind es gewöhnt, jeden Tag Fleisch zu essen. Ich glaube, viele junge Leute sind verwöhnt. Meine Familie isst nicht jede Woche Fleisch, aber hier verlangen die Jugendlichen jeden Tag Fleisch. Wir haben schon mehrmals versucht, vegetarische Tage einzuführen, aber dann gab es entweder sofort Beschwerden oder man hat sich woanders seine tägliche Fleischration geholt. Sie meinen, dass sie täglich viel Protein brauchen, dabei scheinen sie nicht zu realisieren, dass Bohnen, Linsen und Tofu ebenfalls viel Protein haben. Aber viele Leute heutzutage sind kaum über Essen und Nahrung informiert und kümmern sich nicht darum.
Wie war es während deiner Kindheit und Jugend?
Als ich ein Kind war, haben unsere Eltern selbst die Tiere geschlachtet. Wir hatten vielleicht 2-3 Mal in der Woche Fleisch. Es war auch früher viel teurer Fleisch zu essen. Heutzutage ist das Fleisch billiger, aber die Qualität ist auch niedriger.
Hat sich die Zahl Veganer oder Vegetarier seit den letzten Jahren erhöht?
Es ist jedes Jahr unterschiedlich, aber es sind immer so um die 10 Leute jedes Jahr (von 50-60). Die meisten Vegetarier kommen aus alternativen oder Hippie-Familien. Ich habe aber einen Trend gemerkt, dass sich viele neu-konvertierte Vegetarier als ‘Vegetarier aber ich esse auch Huhn’ bezeichnen, oder Flexitarier, die mehrmals in der Woche Fleisch essen etc. Da macht die Bezeichnung für mich dann keinen Sinn und nervt mich.
Was wünscht du dir für die Zukunft als Koch bezüglich des Essverhaltens?
Am liebsten würde ich nur zwei Mal in der Woche Fleisch anbieten, und ein Mal in der Woche Fisch. Weniger Fleisch, aber dafür qualitativ gut und von einer Quelle, die ich kenne und der ich vertraue z.B. vom Hof oder Metzger nebenan. Mein Wunsch wäre biologisches Fleisch, das günstiger und leistbarer wird. Mir ist es wichtig, dass die Tiere artgerecht gehalten werden.
Zum Schluss noch einige Fakten:
1. Die Produktion von Fleisch verbraucht 75 Mal mehr Energie als Maisproduktion. Und sie benötigt eine Fläche 7x so gross wie die EU für die Viehzuchtproduktion für die Europäer allein. Damit liegt der Energieverbrauch und der ökologische Fußabdruck sehr hoch. Für 1 kg Rindfleisch braucht man 25 kg von Viehfutter (auch das muss produziert werden!), für 1 kg Schweinefleisch: 6.4 kg, für Eier: 2.3 kg. Bei der Energieeffizienz sehen die Zahlen ebenfalls mager aus: Bei Geflügel liegt der Satz bei 13%, bei Schweinefleisch 8% und bei Rindfleisch 1.9%. Das heisst, dass nur 1.9% von Energie (Kalorien) in der Form von Viehfutter in Rindfleisch umgewandelt wurde.
2. Ein Hektar Ackerland Reis oder Kartoffeln kann 19-22 Personen im Jahr versorgen. Für Rind und Lamm sind es ein Hektar für nur 1-2 Personen. Noch dazu verschwinden mehr und mehr Flächen für den Ackerbau. Gründe für den Schwund sind Urbanisation, Städtebildung und Stadterweiterung, zunehmende Schädigung von Ackerflächen, Erschöpfung, Verringerung und Umleitung von Wasserressourcen. Dazu kommt auch, dass Ackerflächen von der Nahrungsmittelproduktion entzogen werden und stattdessen Baumwolle, Tabak, Kaffee, Mais für Ethanol und Pflanzen für Pflanzenöl angebaut wird.
3. Die Fleischproduktion trägt auch zur weltweiten Nahrungsmittelkrise bei. Fast die Hälfte des Nahrungsmittelertrages wird an Tiere verfüttert. Fast 90% des weltweiten Ertrages von Sojabohnen wird Tierfutter.
4. Die Konsequenzen für die Umwelt ist enorm und sind nicht zu ignorieren. Mehr als 50 Billionen Nutztiere werden im Jahr gezüchtet und geschlachtet und die meisten von ihnen leben in unzumutbaren und unanständigen Bedingungen, die Tiere leiden lässt. Auf eine artgerechte Tierhaltung wird kaum Wert gelegt. Der ökologische Fußabdruck bei der Fleischproduktion ist enorm: Die Nutztierhaltung traegt 18% von Menschen produzierten Treibhausgasemissionen bei. Das sind mehr Emissionen als Schiffe, Flugzeuge, PKWs und Autos zusammen.
Eine kleine Änderung seit den letzten Jahren aber merke ich: Während ich mich als Veganer oft für meine Lebensweise rechtfertigen musste (und beinahe geprüft wurde, ob ich der Mode folge, oder ob ich ein echter, überzeugter Veganer mit guten Argumenten bin), wird der bisherige Fragesteller nun unter die Probe gestellt: Wie stehst du zur Massentierhaltung und Antibiotika/Pestiziden? Kannst du gewissenhaft Fleisch aus der Massentierhaltung essen? Es ist nicht nur mehr eine Frage der Ethik, sondern auch der eigenen Gesundheit und unserer Umwelt. Auch das Ausfragen zum Veganismus liegt jetzt auch im Interesse der Nicht-Veganer und Vegetarier, die oft Tipps und Gründe suchen, weniger Fleisch und Milchprodukte zu konsumieren.
Weiteres zum Lesen:
https://ourworldindata.org/meat-and-seafood-production-consumption
http://www.theworldcounts.com/counters/world_food_consumption_statistics/world_meat_consumption_statistics
http://www.worldwatch.org/global-meat-production-and-consumption-continue-rise
https://data.oecd.org/agroutput/meat-consumption.htm
http://www.worldwatch.org/cropland-losses-threaten-world-world-food-supplies
http://theconversation.com/five-ways-the-meat-on-your-plate-is-killing-the-planet-76128