Erneutes Regierungsdilemma in Tschechien
Mit der Ernennung des Übergangsministers geht der tschechische Staatspräsident seinen eigenen Weg – will er damit zeigen wer hier die Spielregeln bestimmt?
Nach der Abdankung des ehemaligen Premierministers Petr Nečas war nun die Stunde des großen Auftritts für den tschechischen Präsident Miloš Zeman gekommen. An ihm lag es zu entscheiden, wer die neue Regierung führen soll.
Aus diesem Grund ließ er alle Vorsitzenden der Parlamentsparteien zu seinem Sommersitz nach Schloss Lány zitieren, damit sie ihre Standpunkte darlegen konnten, obwohl diese schon vorab klar waren. Während die Opposition für vorgezogene Neuwahlen ist, möchten die Regierungsparteien eine Fortführung der Koalition. Zeman hingegen gab am Dienstagnachmittag einen eigenen Kandidaten als Übergangspremier bekannt, der nun die Aufgabe haben wird, eine Expertenregierung zusammenzustellen. Diese Übergangsregierung, oder auch Beamtenregierung, gab es schon zweimal in Tschechien, einmal 1998 und später 2012-2011.
Weshalb der Staatspräsident sich für eine Beamtenregierung entschied und nicht auf die Wünsche der Regierung oder Opposition einging, ist schnell erklärt. Neuwahlen kämen für Zeman nicht in Frage, dass diese nur durch eine Verfassungsmehrheit beschlossen werden können und er damit raus wäre. Die Regierungsbildung einem Politiker der Regierungsparteien und damit die Fortführung der Koalition zu gewährleisten, würde Zemans Gesinnung widersprechen.
Somit war schon im vornherein klar, dass die von der ODS nominierte Kandidatin Miroslava Němcová eine Absage seitens Zeman erteilt werden würde. Dabei ist Němcová recht beliebt beim Volk und bislang skandalfrei. Hätte Zeman ihr das Amt des Übergangspremiers übergeben, so hätte man das gegenwärtige Kabinett weiterführen können. Mit 101 Unterschriften von Abgeordneten versuchten die Regierungsparteien noch kurz vor Bekanntgabe des Premiers Zeman davon zu überzeugen, dass eine neue Regierung unter Němcová eine parlamentarische Mehrheit hinter sich weiß.
Doch für Zeman steht fest, dass die von ihm angeordnete „Regierung der Fachleute“, wie sie von ihm genannt wird, der beste Weg ist, um die Regierungskrise zu überwinden. Für die Zusammenstellung der Expertenregierung binnen 14 Tagen beauftragte er als Übergangspremier den parteilosen Wirtschaftswissenschaftler Jiří Rusnok. Beide sind enge Weggefährten. Rusnok leitete zwischen 2001 und 2001 das tschechische Finanz-, später Wirtschaftsministerium und wurde, als Zeman noch Premierminister war, von ihm ins Kabinett geholt.
Der 52-Jährige wird es nicht leicht haben, dass Land bis zu den nächsten Wahlen zu führen und die Expertenregierung zusammenzustellen, denn bislang wollen alle Parlamentsparteien diese unterstützen.
„Jiří Rusnok verhält sich zu dieser Zeit und unter diesen Bedingungen leider nicht wie ein Experte. Eher wie ein sehr verantwortungsloser Freund eines verantwortungslosen Staatspräsidenten“ so die Meinung von Miroslav Kalousek, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Partei TOP-09. Hingegen hält er Němcas für einen „überaus fähigen Fachmann“.
Einen Lichtblick gibt es trotzdem. Sollte die Übergangsregierung nicht das Vertrauen der Abgeordneten erhalten, so könne der Präsident sich vorstellen, dem Kabinett unter Němcas eine Chance zu geben. „Doch nur unter der Bedingung, dass die Koalition auch zu diesem Zeitpunkt die notwendige Mehrheit von 101 Stimmen bekäme.“
Seitens der Medien wird Zemans Entscheidung stark kritisiert. Sowohl deutsche als auch tschechische Zeitungen sehen in dieser eine politisch beeinflusste Machtdemonstration Zemans. Die Frankfurter Rundschau sieht Zeman als Sieger aus der Regierungskrise hervorgehen. „ Eine unklar formulierte Passage in der tschechischen Verfassung könnt Zeman in die Hände spielen: Zwar muss sich eine neue Regierung binnen 30 Tagen einem Vertrauensvotum im Abgeordnetenhaus stellen, scheitert das Kabinett aber an dieser Hürde, muss der Staatspräsident einen neuen Premierminister ernennen. Dabei ist er an keine Frist gebunden und könnte sich theoretisch auch bis zu den regulären Parlamentswahlen im kommenden Jahr Zeit lassen.“
Die tschechische Tageszeitung „Hospodárské noviny“ warnt hingegen vor den Folgen. Zeman habe ohne Rücksicht auf Parteien seinen Premier ernannt. Er verwandle Tschechien in eine Präsidialpolitik, wo der Präsident den Schlüssel zur Macht bildet. „Die gemeinsame politische Kultur ist hin. Zeman kann nichts dafür, er nutzt die Situation nur aus, doch das ändert nichts an seiner destruktiven Führung. Die Verfassung sollte überdacht werden, damit die politischen Regeln in den kommenden 20 Jahren respektiert werden“
Zeman muss in diesen Tagen starke Kritik einstecken „Hier werden gerade die Machtpositionen auf die Probe gestellt. Man will herausfinden, welchen Einfluss der Präsident in Tschechien wirklich besitzt“ so der Politologe Miroslav Mares. Wie weit die Macht Zemans reicht wird sich zeigen.