Eine Woche voller nix tun.
Jetzt ist man vorübergehen arbeitslos, die Kinder sind krank und gleich weiß man nichts mehr mit sich anzufangen. Und dann wird einem auch noch das Internet genommen.
Wie jeden Montag quälte man sich früh um acht Uhr aus dem Bett um punkt halb zehn vor dem Büro unserer lieben immer mehr gehassten Organisation zu stehen. Es gab wohl noch keinen Montag an dem wir nicht gejammert haben, dass wir keine Lust haben und lieber noch eine Stunde schlafen wollen. Aber dies war der erste Montag an dem wir tatsächlich mal mehr als pünktlich vorm Büro stehen. Da stehen wir nun zusammen mit unserer lieben Sprachlehrerin, welche unendlich viel Geduld mit uns hat und irgendwie der totale Morgenmensch ist, was nach einer halben Stunde auch die Laune von uns etwas hebt. Schließlich endlich ein Anruf. „Ach ja, ihr wollt ja ins Büro. Der Schlüssel liegt im Schrank neben der Tür ich komm dann um 11 und hol ihn ab.“ Geht klar Catalina und tschüss. (Wie man vielleicht merkt sind wir nicht die größten Fans unserer Betreuerin hier, wir versuchen eigentlich sie nur zum Geld fassen zu sehen und das wars. Klappt auch ziemlich gut.)
Schließlich noch eine Stunde Sprachunterricht, was eigentlich immer Spaß macht. Jedoch wird es von Catalina verdorben, welche uns mitteilen muss, dass der Sprachunterricht bald vorbei ist. „No way. We love our teacher.“ Die Lehrerin ist da ganz auf unserer Seite und so kämpfen wir nun für ein paar weitere Stunden. Brauchen wir sie? Ja. Wollen wir sie? Ja. Wo ist da das Problem? Catalina. Der wohl größte Geizhals aller Zeiten. (Ganz zu schweigen davon, dass sie Ahnung hat wie man Leute abzockt. Goggle hat es bewiesen.) Mit leicht geknickter Stimmung geht es nach Hause wo eine SMS auf mich wartet. Heute erst um drei Uhr arbeiten. Okay. Wird gemacht. Punkt drei steh ich vor eine geschlossenen Tür. Ah ein Zettel an der Tür. „Wegen Krankheit heute geschlossen.“ Pissed. Ich hab kein Bock mehr. Kauf mir ne Flasche Rotwein und ne handvoll Kekse und Schokolade und geh nach Hause. Wenigsten Benedicte rettet den Tag und es wird französisch gegessen.
Die gesamte Nacht hofft man, dass der nächste Tag besser wird. Und siehe da. Als ich auf Arbeit komme ist doch tatsächlich offen. Breit grinsend geh ich rein und was seh ich da? Drei Kinder. Wo sind alle Kinder hin? Normalerweise rennen irgendwie immer mindestens 30 rum. Keine fünf Minuten drin heißt es. „Carolina geh nach Hause. Diese Woche brauchst du nicht wiederkommen. Ruf mich am Montag an, dann sag ich dir ob du nächste Woche kommen kannst.“ Da ich nicht zum anonymen Alkoholiker werden will wurde diesmal beschlossen der Postfrau einen Besuch zu erstatten. (Sie hasst mich weil ich die einzige bin die Postkarten kauft.) Wahrscheinlich war sie schon darauf gefasst, dass ich komme, denn es gab tatsächlich neue Postkarten, welche sofort gekauft wurden. (Ich glaube sie verdient an mir ne Stange Geld, sie sollte das zu schätzen wissen und nicht immer so negativ gucken.) Fein zu Hause, bereit zum Postkarten schreiben klopft es. Treffen mit der neuen Direktorin um sechs Uhr. Yasmin und ich rollen nur mit den Augen. Aber wir sind ja vorbildlich und erscheinen. Fast drei Stunden wurde diskutiert ob man nun ein Mülleimer im Bad brauch (Ja, es wohnen ausschließlich weibliche Personen hier und wir haben keine Lust mehr das Zeug der anderen aus der Toilette zu fischen.), das man doch bitte sein abgewaschenes Zeug in der Küche wegräumen soll und das männliche Begleiter nicht mehr übernachten dürfen. („Give the reception 30 Lei and your problem is solved.“) Das erhängte Alkoholverbot haben wir mal alle übersehen. Schließlich haben wir allen noch mal eingehaucht, dass sie aufhören sollen unser Zeug aus dem Kühlschrank zu essen. Am nächsten Tag finden wir doch tatsächlich Mülleimer im Bad. („Die können ein Haus in zwei Monaten bauen aber für einen Mülleimer brauchen sie fast drei Monate“) Und drei Tage die Woche gibt es jetzt auch wieder eine Waschmaschine. Waren die drei Stunden ja nicht ganz umsonst.
Die Woche schleicht nur langsam voran. Frei sein kann unglaublich langweilig sein. Somit beschließ ich einfach mal shoppen zu gehen. War auch ganz effektiv. Da hat wenigstens eine von den drei Volunteers ihr „Big problem“ gelöst. Löcher in den Hosen. Beziehungsweise brauch Yasmin einfach Hosen welche eine Nummer größer sind aber das ist eine andere Geschichte. Noch ein bisschen rumgucken und schließlich bleibt man am Theater hängen. Am Freitag Shakespeare. Eine Karte auf dem 2. Balkon kostet nur 25 Lei. (1,50 Euro). Mal mit Yasmin und Benedicte drüber reden.
Schließlich kriecht der Donnerstag ran. Ein sch*** Tag. Regen. Und keine Lust raus zu gehen. Also bleibt man drinnen und schreibt fein Postkarten. Schließlich beschließt man doch ein bisschen Luft zu schnappen und sie gleich mal in der Post loszuwerden. Und als man wieder zurück kommt bekommt man ein Zettel in die Hand gedrückt. Von der Post. Also Reisepass schnappen und noch mal zur Post. Gelächter bricht aus als ich zum dritten Mal in einer Woche bei den lieben Postfrauen erscheine. Wenigstens bekomme ich ohne Widerrede mein Packet. Schließlich zu Hause wird es gleich geöffnet. Ich hebe den Deckel an, die Tür geht auf und Yasmin hat sich eher einen Lutscher geschnappt als ich reingucken konnte. „Wie geil. Oma-Lutscher. Bekomme ich ein. Bitte gib mir ein.“ Der Freudentanz endete in einer vor mir knieenden Yasmin. Sie bekam sogar zwei und war glücklicher als ich als kleines Kind mit meinem Gameboy. Das Päckchen war wahrscheinlich das amüsanteste was ich je bekommen habe. Zwei Eierschachteln voll mit Ü-Eiern. (Irgendwie sind meistens Tiere drin, wir werden bald ein Zoo aufmachen, aber das bringt noch mehr Leben in die Bude) Und schließlich ein Stück Pappe auf dem was geschrieben ist. Meine erste Vermutung war, das Omi mal wieder kein Papier zur Hand hatte und somit die Rückseite einer Cornflakes Schachtel oder so genommen hat. Jedoch war das falsch. Das Päckchen wäre mit der vollen Weihnachtskarte wohl 40 Gramm zu schwer geworden, also musste die arme Karte dran glauben und wurde einfach durchgeschnitten. (Ich hoffe irgendwann auf die zweite Hälfte.)
Man muss hier wohl dazu sagen, dass das Päckchen meine Stimmung der Woche allgemein gehoben hatte und das sollte sich auch weiter so halten für den Rest der Woche. Yasmin eröffnete mir, dass ich am Freitag doch ihr auf Arbeit mit helfen kann. Heck yes, please. Punkt halb drei stand ich auf der Matte und bekam erst mal fein Mittagessen. Und dann ging es auch schon los. 14 Kinder waren damit beschäftigt ihre Tassen individuell zu bemalen. Und mittendrin Yasmin, Benedicte und ich. Yasmin und ich bekamen leider das Verbot aller Kinder Namen mit R zu schreiben. Das deutsche R mögen sie nicht. Ich wurde offiziell als Yasmin’s Schwester abgestempelt. Irgendwie und irgendwann waren dann alle Tassen bemalt. Die Hände waren fast bunter als die Tassen und schließlich konnten wir drei uns auf den Weg zum Theater machen. Was sich als totaler Flop rausstellte. Die Schauspieler waren unglaublich gut. Die Atmosphäre war auch gut. Die Plätze waren nicht gut, aber was erwartet man auch von den billigsten Plätzen. Aber unsere Sprachkenntnisse sind einfach noch nicht gut genug. Fetzen von Dialogen verstanden wir aber nach über einer Stunde wurde es anstrengend, man war müde und hatte keine Lust mehr. Somit haben wir wohl das gemacht, was man sonst sicherlich nicht machen sollte, wir sind in der Pause gegangen. Vielleicht versuchen wir es mit einem anderen Theaterstück noch mal.
Und dann der große Schock am Samstagabend. Wir haben kein Internet. Entzugserscheinungen machen sich schnell breit. Benedicte, als gelernte Krankenschwester hilft uns da sehr gut aus. Eine Flasche Wein, für Yasmin Cornflakes und ich steuer noch zehn Ü-Eier bei. Aus nicht weiter nennenswerten Depressionen wird das schicke „Your trip to Moldova will be awesome“- Puzzle gepuzzelt und schließlich auf vier Sprachen „Name Stadt Land“ gespielt. (Niemand ist bei dem Buchstaben C auf Chisinau und bei dem Buchstaben M auf Moldawien gekommen. Traurig.) Zur späteren Stunde wird mit unserem wunderbaren Kinderüberraschungs- Zoo gespielt. (Wer auch immer mal vorbei kommen sollte, wir wollen Ü-Eier, die Schokolade könnt ihr behalten wir wollen nur die Überraschungen.)
Als Sonntag immer noch nicht das Internet geht, laufen wir dann in den nächstgelegenen Orange-Job ( I dislike Orange because it’s french.) Dort werden wir auch sofort aufgeklärt. Ihr habt nicht bezahlt. Doch haben wir. Tanea anrufen. Montag werden wir wieder Internet haben. Was machen wir da Sonntag noch. Knöpfe suchen. Es hatte ja wieder angefangen zu schneien und Yasmin wollte ihrer selbstgestrickten Mütze (die Wolle habe ich ihr zu Weihnachten geschenkt.) den letzten Touch geben. Und dann wollten wir gerne ein Puzzle. So ein richtig großes mit 2000 Teilen mindestens. Gibt es nicht. Also doch in einen Klamottenladen. Zum gefühlten zehnten Mal bleibe ich vor dem schwarzen Kurzmantel stehen und kaufe ihn mir wieder nicht. (Ich weiß immer noch nicht ob ich ihn mir kaufen soll. Hilfe. Er kostet nur 400 Lei.) Am Abend wird noch ein Buch in einem Zug durchgelesen und dann nennt man die Woche eine Woche und hofft auf eine bessere.