Ein Löffel voll Reisen
Dies ist ein Text, den ich geschrieben habe, als ich mich während meines Erasmus-Semesters in Spanien verliebt habe.
Ein Löffel voll Reisen
Und der Moment war magisch und deshalb wollte sie ihm die Worte, die ihr auf der Zunge lagen, sagen. In solchen Momenten ist es als ob jedes einzelne der Wörter auf der Zungenspitze läge und an den Stimmbändern kitzle. Es ist als wäre der Mund voll von dem Satz und als könne man ihn kaum noch zurückhalten. Man versucht noch die Spucke im Hals herunterzubekommen, wie beim Zahnarzt, wenn man versucht gleichzeitig zu schlucken und den Mund offen zu lassen. Im Kopf hallt das Echo des Satzes nach, es wird lauter und schreit deine Hirnhaut an, das komplette Denken ist dann von dem einen vereinnahmt. Kein Platz für Anderes. Würde sie es ihm jetzt sagen, würde sie meinen, dass sie alles liebt, nicht nur ihn. Sie liebt das kleine Dorf, sie liebt die Familie, sie liebt das Leben hier, das so anders ist, als das, welches sie von zu Hause kennt. Sie liebt das Essen, manchmal hat sie das Gefühl, dass das Essen ihre einzig wahre Passion ist. Ein gutes Essen kann sie richtig glücklich machen. Obwohl sie in dem Moment, in dem sie das denkt, beeinflusst ist, da sie einen Mordshunger hat. Im Endeffekt ist das Glück des Essens nur ein kurzer, danach kommt immer eine Leere und das Verlangen nach einem Nachtisch und nach dem Nachtisch könnte man eigentlich wieder von vorne beginnen. So geht es ihr auch mit dem Reisen. Sie schaufelt sich so viel Sprache, Kultur und Land in den Mund bis er so voll ist, dass sie auch sichergehen kann, dass jede Geschmacksknospe in Kontakt mit Nahrung tritt. Wenn sie isst, dann schnell, sie schlingt, denn sie will auf jeden Fall vermeiden, dass das Vergnügen unterbrochen wird. Sie hat dieses unaufhaltsame, unkontrollierbare Bedürfnis alles ganz nah und ganz direkt, ungefiltert zu erleben. Kleine, kontrollierte und wohlüberlegte Häppchen, das ist nicht für sie. Reisen das ist eine andere Identität annehmen, von vorne anfangen, eintauchen in eine neue, unbekannte Welt. Und deshalb liegt sie hier in einem kleinen Felsvorsprung, windgeschützt und trotzdem sonnig mit dem Mann der für sie ein riesen Löffel voll ist. Sie genoss jede einzelne Geschmacksnuance des Gerichts, vor ihr das Meer, die Felsen und der Himmel. Nur so macht das Reisen Sinn für sie. Denn Reisen das sind die Menschen und die nächste Verbindung zu einem Menschen das ist Liebe. Te quiero, sagt er.
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