Die Verschlossenheit der Katalanen
Ein häufiges Gesprächsthema in Katalonien ist die Verschlossenheit der Katalanen, über die es auch wirklich viel zu erzählen und zu diskutieren gibt.
Ein häufiges Gesprächsthema in Katalonien ist die Verschlossenheit der Katalanen, über die es auch wirklich viel zu erzählen und zu diskutieren gibt und ich werde oft von verschiedensten Leuten gefragt, ob mir dieses Phänomen denn schon aufgefallen sei. Da man gerne den Vergleich mit dem für die Offenheit bekannten Südspanien heranzieht, ist der Anspruch natürlich erstmal sehr hoch, und umso mehr überraschte stets meine Antwort auf die These, dass dich hier niemand einfach so auf der Straße auf ein Getränk einlädt: Mich hatte nämlich der großherzige Juan bei einer nächtlichen Begegnung mit einer Einladung in die nächste Kneipe begrüßt.
Vollkommen ausreichend ist es, wenn man sich selbst mit offener Ausstrahlung zeigt. Manchmal ist noch ein Hauch von Sensibilität für die katalanische Geschichte nötig und man findet warme Offenheit mit dem Interesse an dem Wohlbefinden anderer, an einer Problemlösung – am besten in Teamarbeit – , sanfte, freundschaftliche Zuneigungen unter allen Geschlechtern und einer netten Weiterempfehlung, falls man mal nicht weiterhelfen kann.
Die katalanische Sturheit, Verschlossenheit und Verschränktheit tritt zum Beispiel in Form von Gesprächspartnern auf, die Katalanisch oder jede andere Sprache mit dir sprechen wollen, außer Spanisch, bzw. Kastilisch. "Wir sind hier in Katalonien, also spricht man hier Katalanisch und kein Spanisch." Diese Einstellung richtet sich nicht nur gegen reisende Spanier, sondern auch gegen hier wohnende Menschen, die aus dem Ausland kamen und nun erstmal Spanisch lernen wollen, ohne die Absicht zu haben, das Katalanische zu bedrängen. In Olot habe ich allerdings glücklicherweise bisher erst sehr wenige dieser Fälle erlebt. Dies erscheint mir nicht typisch für die Menschen, die hier wohnen, zumal selbst in den typisch katalanischen Restaurants und Bars gerne mit mir auf Spanisch gesprochen wird.
Ein anderes Beispiel sei das Unverständnis bei unkonventionellen, alternativen Lebensweisen, wie zum Beispiel den Essgewohnheiten eines Vegetariers. So ist mit der Verschlossenheit der Katalanen nicht immer gemeint, dass man schwer mit ihnen in Kontakt treten kann, sondern mehr, dass einige eine Art "beschränkte Sicht im Geiste" haben, wie es eine katalanische Freundin versuchte, zu beschreiben. Das würde auch erklären, warum hier viele Leute gewohnt sind, selbst bei kürzesten Strecken mit dem Auto zu fahren, statt zu laufen.
Dieses Klischee ist also mehrdeutig und relativiert sich auch je nach dem, woher man kommt und welche Umgangsweisen man aus seinem Kulturkreis gewohnt ist.
Die Begründung der vermeidlichen Verschlossenheit vor allem in dem Vulkangebiet La Garrotxa, in dem ich lebe, sehen viele Katalanen eben in genau den Vulkanen und Bergen, die einen Menschen umgeben, ein- und verschließen würden. Ich habe eine eigene These: Wenn jeder tagtäglich über die Verschlossenheit der Katalanen spricht, nimmt man dies irgendwann auf, ohne eigene Erfahrungen dazu zu machen. Man beschränkt sich durch die Voreingenommenheit selbst und dies führt den Kreislauf der Verschlossenheit nur weiter. Mein bereits erwähntes Rezept dagegen funktioniert einwandfrei: Sei selber offen!
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