Die Unwirklichkeit des Gehens
Flugzeug-Gedanken oder mein Weggang.
Es fing in der Wartehalle des Flughafens an; als ich in der Schlange zum Gate stand und versuchte mir vorzustellen, dass ich von nun an ein Jahr lang weg sein würde. Als ich dann im Flugzeug saß und nach unten schauend darauf wartete, dass dieses die Wolkendecke durchstieß und mir klar wurde, dass diese immer kleiner werdenden Häuser und Lichter die letzten Flecken waren, die ich für ein Jahr von Deutschland sehen würde, da war mir als würde ich mich urplötzlich aufspalten. In zwei Ichs von denen eines nach China flog, während das Andere in Deutschland am Boden zurück blieb, weil es sich nicht vorstellen konnte weg zu gehen. Dass all das worüber ich in den letzten Wochen und Monaten relativ locker, zwar auch mit Bedenken aber hauptsächlich mit Vorfreude gesprochen hatte, tatsächlich wahr werden sollte. Ein Jahr weg bekam plötzlich eine derartige Unwirklichkeit, dass es eigentlich gar nicht mir passieren konnte. Es war als würden sich die Blickfelder der beiden Ichs verschieben, sodass ich beides zugleich sah - übereinander gelagert und doch getrennt. Ein Ich dabei zu gehen und das andere dabei zu bleiben, fest gebunden durch die mangelnde Vorstellungskraft. Denn trotz allen Vorüberlegungen und Ideen und Was-wird-seins und Das-wird-tolls, war ich im Moment des Gehens nicht in der Lage dieses zu verstehen, zu begreifen. In meinem Kopf war nichts außer der Leere des Unvorstellbaren. Ein bodenloses Loch des Unwirklichen, des Unfassbaren.