Die Suche nach den Türmen – Meine Freundin kommt
Ich bekomme Besuch aus Deutschland
Mittlerweile kann ich meine restlichen Tage in Ungarn schon fast an Fingern abzählen. Genauso wie meine verbliebenen Urlaubstage. Die letzten Urlaubstage verbringe ich mit meiner Freundin Annika, aus Deutschland, die mich hier für ein paar Tage besucht, worüber ich mich sehr freue. Da ihre Großeltern zu den übergeblieben (ost)deutschen Touristen gehören, die jedes Jahr wieder an den Balaton kommen und sie mit ihnen wieder zurück fährt, kann ich praktischerweise auch ein Teil meines Gepäcks schon nach Hause fahren lassen.
Mittlerweile habe ich keine Lust mehr, zum 100sten Mal Balatonfüred oder Veszprém zu zeigen, sodass ich mit Annika nach Eger in Nordungarn gefahren bin. Der ausschlaggebende Punkt dafür war, dass meine Chefin Rita für drei Tage ebenfalls nach Nordungarn in die Nähe von Miskolc gefahren ist und wir bei ihr mitfahren konnte. Das Problem ohne Auto ist nämlich, dass man erstens immer über Budapest fahren muss und zweitens, dass man einen ganzen Tag nur am Reisen ist. Doch dank Rita hat es nur einige Stunden für uns gedauert. Ansonsten wären wir wohl nur in Nagyvázsony und Umgebung geblieben.
Am Montagmorgen hat uns Rita dann von zu Hause abgeholt und wir sind Richtung Budapest gefahren. Einige Kilometer hinter Budapest, in der Nähe von der Stadt Hatvan, hat Rita eine Freundin besucht und wir sind natürlich mitgekommen. Die Freundin lebt auf einer Tanya, was auf deutsch „Hof“, „Einzelgehöft“ oder „Unterschlupf“ bedeutet. Das sind kleine Häuser, die abgelegen von Dörfern und Städten liegen und meistens ziemlich renovierungsbedürftig sind. Die Freundin von Rita ist vor drei Jahren in solch eine tanya gezogen und hat daraus einen richtig schönen Platz zum Leben gemacht. Das Haus ist renoviert, es gibt fließend Wasser und Strom, (was ansonsten in einer tanya nicht üblich ist) der Garten ist gepflegt, es gibt Hühner, Gänse, ein Pferd und einen großen Gemüsegarten. Ritas Freundin hat uns alles gezeigt, den Garten, die Tiere und das Haus, das wirklich sehr schön von innen ist. Wir haben sogar leckere Käsebrote mit Tomaten zum Mittag gegessen, bevor wir weitergefahren sind. Der Besuch war eine echte Inspiration, da mir solch eine halb autonome Lebensweise sehr gefällt.
Nach einer weiteren Stunde haben wir dann Füzesabony erreicht, die Stadt, in der uns Rita abgesetzt hat. Denn Eger liegt ein wenig neben der Autobahn, sodass wir das letzte Stück mit dem Zug bzw. Bus gefahren sind. Bis nach Eger war es mit dem Zug nur 20 Minuten, sodass wir gegen 15:00 Uhr den Bahnhof Egers erreicht haben.
Unsere Unterkunft in Eger
Im Vorfeld habe ich zwei Hotels in Eger per Mail angeschrieben (auf Ungarisch!) und nach einem freien Zimmer gefragt. Auf den bekannten Hostelplattformen wie hosteworld.com und hostelbookers.com wurden keine Hotels aufgeführt und im Hotel für 24€ die Nacht war es uns zu teuer. Beide Hostels haben auf meine Anfrage geantwortet und wir haben uns während der Autofahrt dann für das günstigere Jugendhostel des Neumann Gymnasiums für 6€ eine Nacht + 1,50€ Kurtaxe entschieden. Es liegt 3 km außerhalb des Stadtzentrums und ist innerhalb der Schulzeit ein Internat für die Schüler*innen des angrenzenden Gymnasiums, während es in den Sommerferien als Hostel genutzt wird. In Ljubljana habe ich damit sehr gute Erfahrungen gemacht, sodass wir uns dann schließlich vom Preis leiten gelassen haben. Insgesamt fanden wir das Hostel bzw. das Internat ziemlich trist. Die Dreibettzimmer waren okay, die Betten waren eher Sofas und es gab einen Schrank für jeden, sowie einen kleinen Tisch und ein Waschbecken, aber meine ganz Schulzeit würde ich dort nicht gern verbringen wollen. Die Duschen und Toilette war auf dem Gang und zwar sauber, aber sehr alt. Für zwei Nächte war das überhaupt kein Problem, zumal wir ein Zimme für uns alleine hatten, nur zum Schlafen dort war und der Preis unschlagbar war. Trotzdem war die Küche ein wenig enttäuschend, in der zwar eine Mikrowelle, Kühlschrank und ein mobilen Ofen mit einer Herdplatte stand, jedoch komplett ohne jegliche Küchenutensilien, wie Messer, Tassen oder Töpfe. Deshalb konnten wir nicht unseren Salbeitee kochen! Das Personal war sehr nett und der Portier hat sich sehr über mein Ungarisch gefreut und ich habe mich ebenfalls gefreut, weil ich mich mit ihm unterhalten konnte.
Erster Eindruck Egers
Gleich nach unserer Ankunft im Hostel, sind wir wieder in Richtung Innenstadt gegangen. Da unsere Unterkunft einige Kilometer außerhalb der Innenstadt lag, dauerte das immer ca. 30 Minuten, aber Annika und ich hatten viel zu erzählen, sodass die langen Fußwege kein Problem waren. Als erstes sind wir durch den schönen Stadtpark Egers gelaufen, bevor wir den Hauptplatz der Altstadt, den „Dobó István tér“ erreicht haben. Im Laufe unseres Aufenthalts habe ich diesen Platz zu meinem Lieblingsort in Eger erklärt, da man dort direkt vor der schönen Minoritenkirche hat und es die pulsierende Ader der Stadt ist. Annika und ich sind bis zum Abend durch die sehr schöne Altstadt spaziert, haben uns von Kirchturm zu Kirchturm orientiert, unsere Füße in den Bach, der durch die Stadt führt gehalten und haben schließlich Brötchen, Gurke, Käse und Tomaten abend auf dem Hauptplatz gegessen.
Das Minaret von Eger
Am nächsten Morgen sind wir ganz entspannt vom Hostel aufgebrochen und haben uns unser Frühstück in einer Bäckerei auf dem Weg besorgt. Dort hat die Verkäuferin natürlich gehört, dass ich nicht Ungarin bin und wir haben uns meinen ESK und unseren Urlaub in Eger unterhalten. Die Frühstücksbrötchen haben Annika und ich dann im Park gegessen und danach wollten wir gerne das Minaret von Eger sehen. Deswegen sind wir erneut am „Dobó István tér“ vorbei, um das Minaret zu suchen. Obwohl der Turm mit 40 Meter ja ziemlich hoch und schwer zu übersehen ist, sind wir einmal um ihn herum gelaufen ohne ihn zu finden. Doch schließlich haben wir den Turm gefunden und haben die 400HUF Eintritt bezahlt, um die 97 Stufen hochzusteigen. Das war ein kleines Abenteuer, denn die Stufen waren jeweils sehr hoch und so eng, dass zwei Leute nicht einander vorbei gehen konnten. Genauso war es oben auf dem Minaret, es war gerade genug Platz um zu stehen, aber die Aussicht über die Stadt hat sich gelohnt. Nach 20 Minuten haben wir wieder den Abstieg gewagt, denn es hatte sich schon eine kleine Schlange vor dem Minaret gebildet.
Danach sind wir zur Burg gegangen, allerdings hatten wir nicht so recht Lust auf ein Museumsbesuch und außerdem war es ziemlich heiß, sodass wir uns eher für das Freibad entschieden haben. Die 2000 HUF Eintritt in das Frei- und Thermalbad war nicht günstig, aber meine Mutter hatte Annika das Restgeld von unserer Balatonumrundung gegeben, sodass wir einen Freifahrtschein hatten. Das Freibad ist schön, es gibt verschiedene Thermalbecken, Rutschen (auf denen wir viel Spaß hatten) und sogar ein Schwimmerbecken mit Kieselsteinen als Grund. Aufgrund des Wetters war es voll im Schwimmbad und auch wir haben dort von 11:00 Uhr bis 16:00 Uhr verbracht. Nach der Abkühlung haben wir unsere nassen Schwimmsachen zum Hostel gebracht und nach kurzem Ausruhen ging’s weiter zum Szépasszony-völgy, das Tal der schönen Frauen.
Wein und Pizza im Szépasszonyvölgy
Das Tal der schönen Frauen ist eine der Orte, das meistens im selben Satz zusammen mit Eger fällt. Es liegt ebenfalls wie unser Hostel außerhalb der Stadt und wir haben zu Fuß 45 Minuten dorthin gebracht. Es war eine sehr gute Idee, dass wir das Szépasszonyvölgy für den Abend und das Abendessen geplant hatten, da es eigentlich nur eine Ansammlung von Weinkellern und Restaurants ist. Wenn man viel über Wein weiß oder es wenigstens vortäuschen kann, der kann sich dort durch viele verschiedene Weine, u.a. auch den berühmten Egri Bikavér durchkosten. Wir haben uns allerdings mit dem Rundgang entlang der verschiedenen Weinkellern von alt bis neu, von traditionell bis modern, begnügt und sind schließlich in einem Restaurant gelandet, wo wir das restliche Geld meiner Mutter sinnvoll investiert haben. Und zwar in Wein und Pizza. Eigentlich ist es eine Schande, dass meine Freundin nichts traditionelles Ungarisches probiert hat, das es dort ohne Ende gab, aber wir beide waren in großer Pizzalaune, sodass wir zum Glas Wein eine sehr leckere Pizza gegessen haben.
Besonders im Szépasszony völgy ist mir noch einmal die große Gruppe der slowakischen, polnischen und ukrainischen Touristen aufgefallen. Während in unserer Region die meisten Touristen noch auch Deutschland kommen, habe ich in Eger keinen einzigen Deutschen getroffen und es war komisch, wieder nichts verstehen zu können…
Regen in Eger
Am letzten Vormittag wollten wir uns noch die Kathedrale von Eger anschauen, bevor wir um 11:50 Uhr den Bus zurück nach Füzesabony genommen haben, wo uns Rita wieder eingesammelt hat. So war der Plan. Tatsächlich hat es allerdings ziemlich geregnet, was echt unnötig war. Wir hatten schließlich weder Regenjacke noch Regenschirm eingepackt. Deswegen sind wir bis 10:00 Uhr im Hostel geblieben, haben gelesen und uns die Zeit vertrieben. Um 10:00 Uhr wurden wir allerdings vom Personal gebeten, auszuchecken, da wir eigentlich schon bis 9:00 Uhr aus dem Zimmer sein sollten. Hoppala! War aber alles nicht schlimm, da wir fast die einzigen Gäste des Hostels waren. Im Regen sind wir schließlich zum Bäcker gelaufen, wo wir uns erneut mit der Verkäuferin unterhalten haben und Frühstück gegessen habe. Im Regen ging’s weiter zum Supermarkt, wo wir die Zutaten für unser Abendessen in Nagyvázsony besorgt haben. Glücklicherweise hat es nicht mehr geregnet, als wir aus dem Spar wieder herausgekommen sind und wir sind dann wie geplant zur Kathedrale gegangen. Doch bevor wir sie uns näher anschauten, wollte ich noch eine Flasche Wein als Dankeschön für Rita besorgen. Dabei verging die Zeit wie im Flug, sodass wir uns letztendlich ein wenig zum Bus beeilen mussten und nicht mehr die Kathedrale besichtigen konnten.
Die Rückfahrt verlief schnell und gegen 16:30 Uhr waren wir wieder zurück in Nagyvázsony. Unser Ausflug nach Eger war echt schön, es lohnt sich, die Stadt zu besuchen und am besten mit einer Freundin. Am Abend haben wir eine ungarische Suppe gekocht und zusammen einen Film geschaut.
Am nächsten Morgen (also heute) hat uns dann Annikas Großvater mit dem Auto abgeholt und wir sind gemeinsam nach Csopak am Balaton gefahren. Dort haben wir einen sehr schönen Tag am Strand verbracht (der reichste und wohl schönste Strand am Balaton). Gegen 16:00 Uhr bin ich wieder mit dem Bus nach Nagyvázsony gefahren, während Annika bei ihren Großeltern geblieben ist, die morgen wieder mitsamt einer Reisetasche und einem Karton mit meinen Sachen nach Deutschland fahren. Es war ein sehr schöner letzter „Urlaub“ für mich und ich bin sehr glücklich, dass ich meine Sachen schon mal nach Deutschland vorfahren lassen kann. Denn bald muss ich auch schon Koffer packen!